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Tommy Haas: "Ich kann mir eine Rückkehr ins deutsche Davis-Cup-Team vorstellen"

  • Aktualisiert: 22.01.2015
  • 16:32 Uhr
  • ran.de / tennis.de / Dominik Hechler
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© SID-SID-AFP
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Tommy Haas brennt auf sein Comeback. Der 36-jährige deutsche Tennis-Profi will nach seiner vierten Schulter-OP im vergangenen Jahr nun im März auf die Profi-Tour zurückkehren. Im exklusiven Interview mit ran.de und tennis.de spricht Haas über seinen Gesundheitszustand, seine Motivation für ein Comeback, eine mögliche Rückkehr ins deutsche Davis-Cup-Team und die Personalie Philipp Kohlschreiber.

ran.de/tennis.de: Herr Haas, die vierte Operation an Ihrer rechten Schulter liegt nun bereits einige Monate zurück. Wie ist Ihr aktueller Gesundheitszustand?

Tommy Haas: "Es geht mir im Moment ganz gut. Die Schulter ist gut verheilt und die operierte Sehne wieder da, wo sie auch hingehört. Ich spiele seit etwa vier Wochen wieder Tennis - das fühlt sich ganz besonders gut an. Die Grundschläge funktionieren auch schon wieder ganz gut, nur der Aufschlag wird in den kommenden Wochen und Monaten etwas zäh werden. Da muss ich Geduld haben.

Denn vor allem bei diesem Schlag braucht man die volle Flexibilität im Schulterbereich um die Kraft und somit die Geschwindigkeit zu produzieren, die man auch braucht, um mit der Weltspitze mithalten zu können. Dafür arbeite ich aktuell sehr hart, um dann möglichst schnell die körperliche Fitness zu haben, wieder auf der Profi-Tour an den Start gehen zu können."

ran.de/tennis.de: Sie sind bekannt dafür, dass Sie sehr ehrgeizig sind. Wie haben Sie die Zeit direkt nach der Operation erlebt, als Sie die Schulter wochenlang ruhig halten mussten?

Haas: "Das war sicherlich nicht einfach. Aber ich habe ja bereits die eine oder andere Operation hinter mir und deswegen weiß ich mittlerweile auch, was da auf mich zukommt. Auf der anderen Seite hatte ich in dieser Phase auch eine gute Ablenkung durch meine Familie und kleine Tochter gehabt. Das hat schon enorm geholfen.

Aber klar, wenn man dann mal so vier, fünf Wochen den Arm in einer Schlinge hat und überhaupt keinen Sport machen darf, nicht mal laufen oder Rad fahren, dann ist das schon extrem schwierig. Auch weil man merkt, dass sich sein eigener Körper nicht so wohl fühlt und die Muskelatur ein wenig verloren geht. Das fühlt sich schlechter an, als wenn man richtig hart trainieren würde. Aber das gehört leider dazu. Ich habe einfach versucht, mich mit anderen Dingen abzulenken, zum Beispiel sehr viel Zeit mit meiner Familie zu verbringen. Denn das kann ich normalerweise ja nicht so oft machen.

Allerdings war ich dann schon sehr froh, als ich nach fünf, sechs Monaten das okay bekommen habe, wieder Bälle schlagen zu dürfen. Denn das macht mir immer noch Spaß, der Ehrgeiz ist nach wie vor vorhanden, erfolgreich Tennis spielen zu wollen. Ich möchte noch einmal dahin kommen, wo ich schon einmal war."

ran.de/tennis.de: Gab es in dieser Phase auch mal einen Zeitpunkt, an dem Sie sich selbst gefragt haben: Wofür mache ich das alles eigentlich noch?

Haas: "Ja und Nein. Solche Gedanken gab es vielleicht mal nach meiner ersten Schulter-OP, als ich direkt danach ja nochmal an der gleichen Stelle operiert werden musste und 15, 16 Monate außer Gefecht war und auch das allererste Mal mit einer schweren Verletzung umgehen musste. Jetzt bin ich in einem Alter, in dem ich – auch als Familienvater – deutlich ruhiger mit solchen Situationen umgehe. Außerdem habe ich viele Freunde, mit denen ich in dieser Zeit auch mal über Ideen für Tätigkeiten nach der aktiven Karriere gesprochen habe.

Aber wie gesagt: Der Ehrgeiz ist immer noch da, in mir brennt immer noch dieses Feuer. Wenn das nicht mehr da wäre, wäre es für mich sicherlich auch einfacher zu sagen: Ich beende meine Karriere an dieser Stelle. Ich habe aber das Gefühl, das ich unbedingt noch einmal zurückkommen und mein Karriereende selbst bestimmen möchte."

ran.de/tennis.de: Was ist denn Ihre Motivation, nach so vielen Verletzungen und mit fast 37 Jahren nochmal auf die Tour zurückkehren zu wollen?

Haas: "Ich möchte selbst herausfinden: Was kann ich nochmal erreichen? Wie fit kann ich  körperlich nochmal werden? Wie gut wird mein Tennis nochmal sein? Kann ich immer noch mit den Top-Ten der Weltrangliste mithalten? Und kann ich nochmal ein großes Turnier gewinnen und bei einem Grand-Slam-Turnier vielleicht noch einmal weit kommen?

Bei all diesen Fragen versuche ich natürlich nicht so oft an mein Alter zu denken. Trotzdem werde ich im April 37 Jahre alt und da fragt man sich selbst schon, was man in diesem Alter im Tennis noch so alles erreichen kann. Ich habe durch meine Verletzungen das eine oder andere Jahr verloren und bin deshalb mental vielleicht noch nicht so müde, wie ein normaler 37-Jähriger. Schauen wir einfach mal, was der Körper mir noch so alles geben kann."

ran.de/tennis.de: Sie haben das ATP-Turnier in Indian Wells im März als Ziel für Ihr Comeback ausgegeben. Ist das nach wie vor realistisch?

Haas: "Es wird schwer. Körperlich und von den Grundschlägen her wäre es sicherlich realistisch, aber der Aufschlag macht eben noch ein paar Schwierigkeiten. Die Zeit rennt leider sehr schnell weg, so dass ich nicht weiß, ob ich wirklich bis 8., 9. März bereit bin. Aber ich werde auf jeden Fall alles versuchen und auch dorthin fliegen, um mich entsprechend vorzubereiten und um mit den anderen Kollegen zu trainieren.

Ich denke da aber von Woche zu Woche. Wenn es in Indian Wells nicht klappt, funktioniert es ja vielleicht eine Woche später beim Challenger-Turnier in Dallas oder danach beim Turnier in Miami und wenn dort nicht vielleicht ja in Monte Carlo. Spätestens zu den BMW Open in München Ende April will ich aber wieder fit genug sein."

ran.de/tennis.de: Sie haben Ihre Schulter bereits vor der Operation im vergangenen Jahr als tickende Zeitbombe bezeichnet. Könnte die Schulter Ihnen also vielleicht noch einen Strich durch die Rechnung machen und ein Comeback komplett verhindern?

Haas: "Das hoffe ich natürlich nicht. Und ich denke da auch nicht darüber nach, wenn ich jetzt Bälle schlage. Wenn es vielleicht noch einmal so ein Gefühl geben sollte wie bei den French Open in Paris im letzten Jahr, als ich einen Riss gespürt habe und sich jetzt eine andere Sehne verletzen sollte, dann ist es natürlich klar, dass es nicht mehr gehen würde.

Aber die Schulter ist jetzt wieder in einer guten Verfassung und es wird sich in den kommenden Wochen und Monaten zeigen, ob ich von ihr noch einmal das verlangen kann, was ich als Profi-Spieler von ihr brauche."

ran.de/tennis.de: Wie sehen Ihre konkreten Planungen für das Tennis-Jahr 2015 aus?

Haas: "Ich schaue wirklich nur von Woche zu Woche. Der Plan ist nach wie vor, in Indian Wells wieder zu starten. Wenn das klappt, ist super, wenn nicht, werde ich auch damit klarkommen müssen und die Rückkehr auf die Tour auf die darauffolgende Woche verschieben. Aber sobald ich wieder bereit bin, will ich so viele Turniere spielen wie möglich. Vor allem die Turniere, die mir sehr am Herzen liegen. Dabei denke ich natürlich zuerst an die Veranstaltungen in Deutschland.

Ich freue mich zum Beispiel unter anderem enorm auf die Rasensaison mit den Turnieren in Stuttgart und Halle/Westfalen. Danach würde es nach Wimbledon gehen. Da wäre ich überall schon gerne nochmal dabei."

ran.de/tennis.de: Sie wollen möglichst viele Turniere spielen. Aber wie sieht es mit dem deutschen Davis-Cup-Team aus. Könnten Sie sich eine Rückkehr ins DTB-Team vorstellen?

Haas: "Davis Cup ist immer so ein schwieriges Thema. Auf der einen Seite will man unbedingt dabei und bereit sein, für sein Land zu spielen – zumal ich sehr viele schöne Erinnerungen an den Davis Cup habe. Ich denke da auch an den Doppel-Sieg mit Philipp Kohlschreiber im vergangenen Jahr in Frankfurt gegen Spanien, als wir gemeinsam den entscheidenden dritten Punkt für Deutschland geholt und gemeinsam in der Halle gefeiert haben.

In diesem Jahr spielen wir ja wieder in der gleichen Halle gegen Frankreich und ich bin auch schon gefragt worden, ob ich dabei sein kann oder möchte. Aber das kommt leider ein bisschen zu früh. Ich hoffe aber, dass das deutsche Team gegen die Franzosen gewinnt – im vergangenen Jahr waren sie ja schon einmal ganz nah dran – und wenn das der Fall sein sollte, ich fit genug wäre und gefragt werden würde, könnte ich mir durchaus vorstellen, in der zweiten Runde wieder dabei zu sein."

ran.de/tennis.de: Es gibt immer wieder Diskussionen darüber, wer für das deutsche Davis-Cup-Team nominiert werden sollte. Boris Becker hat kürzlich in einem Interview klar Stellung bezogen und gesagt, dass aus seiner Sicht immer die bestmögliche Mannschaft aufgestellt werden müsste. Wie stehen Sie zu diesem Thema?

Haas: "Ich sehe das auf jeden Fall genauso wie Boris: Das beste Team muss spielen und die zu diesem Zeitpunkt formstärksten Spieler müssen aufgestellt werden. Ich denke mal, oft kommt die Begründung vom Ranking her. Da muss der Davis-Cup-Teamchef dann sagen, dass dieser oder jener Spieler aufgrund seiner Weltranglisten-Position nominiert werden muss.

Aber vielleicht ist bis zum Frankreich-Spiel ja auch ein Florian Mayer wieder fit. Dann muss man auch mal schauen, wie er in den vergangenen Jahren im Davis Cup so gespielt und abgeschnitten hat. Das kann ja auch ein Merkmal für eine Nominierung sein. Vielleicht muss man auch Alexander Zverev mal mitnehmen. Er ist jung, hungrig und absolut unberechenbar. Und keiner der Franzosen wird sich freuen, gegen einen 17-Jährigen zu spielen, der rein gar nichts zu verlieren hat. Auf der anderen Seite kann das natürlich auch eventuell ein bisschen viel Druck auf den Schultern eines 17-jährigen Spielers sein – vor allem vor eigenem Publikum und dann bei seinem ersten Einsatz für die deutsche Mannschaft.

Aber auch ein Tobias Kamke und Peter Gojowczyk, die beide in Frankreich im vergangenen Jahr gut gespielt haben, sollten in den Überlegungen eine Rolle spielen. Philipp Kohlschreiber muss natürlich spielen, wenn er fit ist. Es wird also sicherlich interessant. Schade, dass ich noch nicht fit genug bin, um gegen Frankreich mitzuhelfen."

ran.de/tennis.de: Bei den deutschen Damen steht in der ersten Runde des Fed Cups das Duell mit Australien an. Welche Auswirkungen kann das Erstrunden-Aus von Angelique Kerber, Andrea Petkovic und Sabine Lisicki bei den Australian Open auf diese Partie in Stuttgart haben?

Haas: "Zunächst einmal hilft es den Mädels sicherlich enorm, dass sie zu Hause in Stuttgart spielen. Da kennen sie die Strukturen und fühlen sich in dieser super Halle entsprechend wohl. Außerdem kennen sie sich alle gut untereinander und haben gemeinsam den Erfolg des Final-Einzugs im vergangenen Jahr gefeiert. Mein Gott, jetzt haben drei der Mädels in Melbourne in der ersten Runde verloren – das kann aber passieren.

Jeder macht seine Vorbereitung im November/Dezember etwas anders und wenn du dann vor den Australian Open ein, zwei Turniere nicht so erfolgreich gespielt hast, fehlt dir auch ein bisschen das Selbstvertrauen. Aber das Jahr ist lang und es gibt ja noch sehr viele Turniere. Das ist das Gute für jeden Tennis-Profi, dass man sich im Laufe des Jahres immer wieder fangen und Erfolge feiern kann. So wie vielleicht beim Fed-Cup-Duell mit Australien."

ran.de/tennis.de: Halten Sie einen erneuten Final-Einzug des deutschen Fed-Cup-Teams in diesem Jahr für möglich?

Haas: "Ich kenne die Auslosung leider nicht so gut. Aber klar, wenn sie entsprechendes Losglück haben ist das sicherlich durchaus möglich. Wir haben im vergangenen Jahr ja gesehen, dass sie ein super Team haben und weit kommen können. Und wenn sie in diesem Jahr dann bei einem möglichen Endspiel Heimvorteil haben sollten, können sie den Fed Cup dieses Mal auch gewinnen."

ran.de/tennis.de: Sie haben immer gesagt, dass Sie Ihr Karriere-Ende selbst bestimmen wollen. Wie würde Ihr Traumszenario aussehen?

Haas: "Man wünscht sich sicherlich immer, dass man irgendwo eine Trophäe hoch hält, von den Fans nochmal gefeiert wird und sich selbst richtig wohl fühlt, weil man gutes Tennis gespielt hat. Dann könnte man auch auf einem Höhepunkt aufhören. Auf der anderen Seite will man ja weitermachen, wenn man so gute Tennis spielt, um zu sehen, ob man nicht vielleicht sogar noch mehr erreichen kann.

Es ist also wirklich schwierig. Ich glaube aber, dass man das auf der Tour dann schon deutlich merken wird, wann es Zeit ist, aufzuhören. Spätestens wenn man merkt, dass man einen halben Schritt zu langsam ist oder die Schulter nicht mehr die Geschwindigkeit bringt, die nötig wäre. Und vielleicht ist man dann auch lieber zu Hause bei der Familie als dauernd auf der Profi-Tour unterwegs."


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