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Huber über Championships: Keine Chance gegen Williams

  • Aktualisiert: 22.10.2013
  • 11:43 Uhr
  • ran.de / Dominik Hechler
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© Getty
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Anke Huber stand 1995 im Finale des WTA-Masters in New York und unterlag Steffi Graf in fünf Sätzen. Im Gespräch mit ran.de und tennis.de spricht die ehemalige deutsche Tennisspielerin und Nummer vier der Weltrangliste exklusiv über das anstehende WTA-Championship-Turnier in Istanbul, Angelique Kerbers Chancen und die Lage im deutschen Damen-Tennis.  

Frau Huber, welche Gedanken kommen Ihnen in den Kopf, wenn Sie an den 19. November 1995 denken? 

Anke Huber: (lacht) Oh Gott. Das war natürlich ein schöner Moment, auch wenn ich damals verloren habe … 

… Sie standen damals in New York im Finale des WTA-Masters und unterlagen Steffi Graf nur knapp in fünf Sätzen. Viele Experten sagen noch heute, dass es trotz allem das beste Spiel in Ihrer Karriere gewesen sei. 

Huber: Das war es sicherlich auch. Zum einen, weil es über fünf Sätze ging und zum anderen, aufgrund der tollen Atmosphäre im voll besetzten Madison Square Garden in New York. Ein wirklich super Erlebnis. Ob es allerdings auch spielerisch mein bestes Match war, weiß ich nicht so recht. 

Jetzt steht wieder ein WTA-Championship-Turnier in Istanbul auf dem Programm. Angelique Kerber, die sich als einzige Deutsche für den Wettbewerb der besten acht Spielerinnen des Jahres qualifizieren konnte, sprach von einem "ganz besonderen Turnier mit einer speziellen Atmosphäre". Wie sind Ihre Erfahrungen? Was macht so ein Championship-Turnier aus? 

Huber: Dort spielen einfach die acht besten Spielerinnen des Jahres. Früher waren es ja sogar noch 16 Teilnehmerinnen. Und das ist schon etwas ganz Besonderes. Man hat bei diesem Turnier von Anfang an kein leichtes Match, kann sich nicht einspielen, sondern muss sofort konzentriert sein und seine beste Leistung abrufen. Und auch die Atmosphäre in Istanbul ist wirklich toll. Ich war letztes Jahr dort, das Stadion war immer voll und es herrschte eine super Stimmung. Es ist zudem das letzte Turnier des Jahres und da will man schon nochmal zeigen, dass man auch wirklich zu diesem erlesenen Spielerinnen-Kreis dazu gehört. 

In welcher Gefühlslage befindet man sich als Spielerin bei so einem großen Turnier? 

Huber: Es prickelt natürlich. So ähnlich wie bei einem Grand-Slam-Turnier. Allerdings hat man da in den ersten zwei, drei Runden vielleicht auch mal die Möglichkeit, sich gegen eine etwas schwächere Gegnerin einzuspielen. Das geht bei einem Masters natürlich nicht. 

Ist der Druck bei einem Championship-Turnier also noch höher als sonst? 

Huber: Ja, natürlich. Gerade auch, weil die Matches ab dem ersten Spiel so schwierig sind. Es gibt mittlerweile ja Gruppenspiele, so dass man innerhalb weniger Tage gleich drei Partien gegen richtig starke Spielerinnen absolvieren muss. Das ist körperlich, aber auch psychisch nicht ganz so einfach.  

Wie schätzen Sie denn in diesem Jahr die Chancen von Angelique Kerber ein? Im vergangenen Jahr konnte sie bei Ihrer Premiere beim WTA-Championship-Turnier ja kein einziges Spiel gewinnen. 

Huber: Sie hat aber trotzdem auch schon im letzten Jahr nicht so schlecht gespielt. Auch wenn am Ende natürlich die Ergebnisse gefehlt haben. Angelique hat in diesem Jahr aber absolut die Chance, ins Halbfinale zu kommen. Sie muss dieses Mal nur die engen Spiele gewinnen. Genau das ist ihr im vergangenen Jahr eben nicht gelungen. 

Wer geht als Favoritin ins Turnier? 

Huber: Wenn Serena Williams ihr bestes Tennis spielt, haben alle anderen keine Chance. Das muss man so deutlich sagen. Sie ist den anderen Spielerinnen im Moment einfach körperlich und spielerisch überlegen. Außerdem hat man bei ihr immer das Gefühl, dass sie noch eine Schippe drauflegen kann. 

Welche Spielerin kann Serena Williams in Istanbul denn am Gefährlichsten werden? 

Huber: Eigentlich nur Victoria Asarenka. Die anderen spielen nicht schnell genug. 

Kerber hatte ja ein eher durchwachsenes Jahr mit vielen Höhen und Tiefen … 

Huber: … das ist aber ganz normal. Sie hatte zuvor ja zwei richtig gute Jahre. Dabei besteht eigentlich eher im zweiten Jahr die Schwierigkeit, auch weiterhin konstant zu spielen und sich in der Weltspitze zu etablieren. Es gibt viele Spielerinnen, die eine Saison lang richtig gut sind und sich sogar in die Top-Ten spielen, dieses Niveau dann aber nicht halten können. Das ist bei Kerber anders. Ich finde, sie hat das richtig gut gemacht, dem Druck standgehalten und sich vorne in der Weltrangliste festgesetzt. Und das wird in den kommenden Jahren auch so bleiben. 

Wie geht man aus Ihrer Erfahrung am besten mit dem Druck auf der Tour um? 

Huber: Naja, im besten Fall natürlich so wenig Gedanken wie möglich darum machen. Aber das ist natürlich nicht ganz so einfach, vor allem mit der ganzen Presse und Öffentlichkeit um einen herum. Man bekommt ja sofort einen auf die Mütze, wenn man mal ein Match verliert, das man vielleicht nicht hätte verlieren sollen und dann setzt man sich im nächsten Spiel gleich noch mehr unter Druck. 

Sie haben die Medienlandschaft angesprochen. Angelique Kerber ist in diesem Jahr nach ihrem Wimbledon-Aus in der zweiten Runde bei Facebook persönlich beleidigt und beschimpft worden. Inwiefern hat sich die Öffentlichkeit im Vergleich zu Ihrer aktiven Zeit verändert? 

Huber: Das hat sich alles extrem verändert, alleine durch das Internet. Das gab es ja alles früher noch nicht. Heute sind die Spielerinnen dauernd online, lesen immer irgendwelche Artikel über sich und haben ständig Einblick in das, was irgendwo auf der Welt über sie geschrieben wird. Wenn wir damals unterwegs waren, war die deutsche Presse weit weg. Und wenn mir nicht unbedingt jemand einen Artikel über mich vorgelegt hat, habe ich auch nichts gelesen. Eine Zeitung habe ich mir in Australien nämlich nicht extra gekauft (lacht). 

Ist es also schwieriger geworden? 

Huber: Auf jeden Fall. Die Mädels werden heute ja dauernd mit Meldungen konfrontiert. Ob jetzt mit Facebook, Twitter oder was auch immer. 

Sehen Sie diese Entwicklung kritisch? 

Huber: Es gehört mittlerweile ja zum Alltag dazu. Natürlich sehe ich es kritisch, aber es geht ja wohl nicht mehr ohne und die Spielerinnen müssen einfach damit zurechtkommen. Und so wie ich das immer erlebe, machen es alle auch ganz ordentlich. Sie dürfen sich nur keinen so großen Kopf machen, wenn mal ein paar negative Sätze über sie geschrieben werden. 

Wären die sozialen Medien damals auch was für Sie gewesen? 

Huber: (lacht) Nee. Das ist nicht so meine Welt. Da gehe ich lieber raus an die frische Luft wandern. 

Im Gegensatz zu Angelique Kerber und Sabine Lisicki, die in Wimbledon das Endspiel erreichte, hatte beispielsweise Julia Görges kein besonders gutes Tennisjahr 2013 - sie verlor insgesamt 16 Erstunden-Matches. Wie beurteilen Sie die Saison aus deutscher Sicht? 

Huber: Ich denke, es war insgesamt wieder ein gutes Jahr. Angie hatte eine gute Saison, "Petko" ist wieder zurückgekommen, was in ihrer Situation sicherlich nicht ganz einfach war, und Sabine hat das Wimbledon-Finale gespielt. Auch Annika Beck ist langsam aber sicher im Kommen und Mona Barthel ist ebenfalls in der Lage, richtig gute Matches abzuliefern. Ihr fehlt allerdings noch etwas die Konstanz. Julia kann ich nur sehr schwer beurteilen, weil ich mit ihr keinen so engen Kontakt habe. Aber ich denke, da muss jetzt dringend etwas passieren. Sie muss sich selbst darüber klar werden, was schief gelaufen ist und was sie jetzt verändern kann. Julia muss dieses Jahr einfach vergessen und 2014 neu anfangen. Denn natürlich war es eine katastrophale Saison für Julia, das muss man ganz ehrlich so sagen. 

Diese Saison vergessen und im nächsten Jahr wieder neu starten - geht das denn im Fall von Julia Görges so einfach? 

Huber: Naja, sie hat ja jetzt erst einmal zwei Monate Zeit, um so richtig schön durchzuatmen und weg vom Tennis zu gehen. Und in dieser Zeit kann man schon sehr viel verarbeiten und auch verändern. Ich hätte mich an ihrer Stelle vielleicht auch schon früher aus der aktuellen Saison verabschiedet, um Luft zu schnappen und um nicht einfach so weiterzumachen. 

Wo sehen Sie das deutsche Damen-Tennis perspektivisch? Wird einer Spielerin in naher Zukunft der ganz große Coup mit einem Grand-Slam-Sieg gelingen? 

Huber: Ich denke, dass wir für die Zukunft im deutschen Damen-Tennis absolut gerüstet sind. Sabine kann mit ihrem Spiel immer ein großes Turnier gewinnen. Aber auch mal in der ersten Runde rausfliegen. Da fehlt schon noch die Konstanz. Bei Angie glaube ich auch, dass sie ein großes Turnier gewinnen kann. Sie hat in der Vergangenheit ja auch bereits diverse Male die Top-Spielerinnen geschlagen. Und wenn eine Serena Williams vielleicht mal nicht ihr allerbestes Tennis spielt, kann Angie auch mal gegen sie gewinnen. Auch "Petko" hat meiner Meinung nach das Potenzial, die großen Spielerinnen zu schlagen. Somit ist aus meiner Sicht alles drin für das kommende Jahr.


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