Rücktritt des Sportdirektors
Borussia Mönchengladbach: ranSicht zu Max Eberl - Mut zur Schwäche als Stärke
- Aktualisiert: 28.01.2022
- 18:45 Uhr
- ran.de / Andreas Reiners
Max Eberl hat in einer emotionalen Pressekonferenz sein Innerstes nach außen gekehrt. Für den mutigen Schritt, Schwäche zu zeigen, verdient er Respekt, findet ran-Autor Andreas Reiners.
Mönchengladbach - Als Zuhörer muss man schlucken, sich selbst ein wenig sammeln. Denn das, was kommt, überrascht - und bewegt. "Ich will raus - und muss auf den Menschen Max Eberl aufpassen."
Man muss die Worte erst einmal sacken lassen. Es ist nur ein Satz, doch er hallt nach, entfaltet seine eindringliche Wirkung, wie die ganze Pressekonferenz mit Max Eberl. Wie viele seiner Worte, die er bei der Verkündung seines Rücktritts als Sportdirektor von Borussia Mönchengladbach wählte.
Der 48-Jährige war offen, schonungslos zu sich selbst, aber auch zum Fußball-Business, dabei ehrlich, verletzlich, emotional. Auftritte wie diese sind äußerst selten, aber wertvoll, mahnend, wie oft die Psyche in einem öffentlichen Bereich wie dem Profisport immer noch vergessen wird.
Max Eberl ist erschöpft und müde
Burnout.
Oder wie Eberl es ausdrückte: "Allein die Person Max Eberl ist erschöpft und müde. Ich beende etwas, was mein Leben war, was mir sehr viel Freude und Spaß bereitet hat. Fußball ist mein Leben. Der Spaß war zuletzt nicht mehr da."
Seine Worte gewähren einen seltenen Einblick in das strapazierte Seelenleben im sonst so knallharten Fußball-Geschäft, offenbaren eine menschliche Verletzbarkeit, über die sonst in einer Branche, die unerbittlich ist, brutal hinweggefegt wird.
Wer schwächelt, bleibt eben auf der Strecke. Der Stärkere gewinnt. Eberl gehörte jahrelang zu den Stärksten im Geschäft, führte die Borussia mit Geschick und Können zurück in den europäischen Fußball, belebte den Traditionsklub wieder.
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Die Reißleine gezogen
Allerdings auch mit 100 Prozent Einsatz, 24/7, Tag für Tag, Jahr für Jahr. Jetzt gelingt ihm das, was längst nicht alle schaffen - im Notfall die Reißleine zu ziehen. Während viele daran scheitern, in einem extremen Ego-Geschäft Schwächen sich selbst gegenüber einzugestehen, macht er das auf der großen Bundesliga-Bühne.
Eberl hat sich dazu entschieden, erst einmal auf der Strecke zu bleiben, durchzuatmen, um wieder in die Spur zu kommen. Um gesund zu werden. Die Tränen kann er dabei nicht zurückhalten, sein ganzes Verhalten auf dem Podium zeigt, wie angegriffen er ist.
Doch Eberl macht eine vermeintliche Schwäche öffentlich und beweist dadurch Stärke.
Seine Ausführungen würgten die schwierige sportliche Situation von Borussia Mönchengladbach, Gerüchte um Querelen, Streitereien und einen Vereinswechsel im Keim ab. Sie rückten stattdessen andere Dinge in den Vordergrund. Wichtigere, elementarere.
Gerüchte, Spekulationen, Kritik, eine bisweilen irre Schnelllebigkeit, Egoismus - Eberl hielt dem Profi-Fußball einen Spiegel vor, sorgte so dafür, dass sich die Beteiligten mit der bisweilen hässlichen Fratze des Sports konfrontiert sahen.
Bittere Ironie der Geschichte
Denn es ist eine sehr bittere Ironie dieser für den Profi-Fußball wichtigen Geschichte, dass die vergangenen 24 Stunden um Eberls Rücktritt genau das aufgezeigt haben, was Eberl anprangert: "Was in 24 Stunden daraus gemacht wird, ist das, was mich krank macht. Ich bin erschöpft, müde, habe keine Kraft mehr, die dieser Job erfordert. Es gibt keinen verletzten Stolz, keinen Frust, keine Liebe. Die Person Max Eberl ist müde. Man wird bei Social Media schon beleidigt, alles wird kommentiert, da hat der Betroffene noch nicht ein Wort gesagt."
Es gehe darum, "dass man den Menschen respektiert. Dass man sachlich, fachlich Kritik übt, aber sich immer bewusst ist, was man mit dem Menschen tut, mit seiner Familie tut", sagte er.
Eberl weiß, dass er den Fußball und seine Begleiterscheinungen nicht ändern wird. Er wünsche sich zwar, dass "der Fußball wieder im Mittelpunkt steht, nicht das ganze Drumherum". Er selbst könne diese "Rastlosigkeit" nicht stoppen: "Aber ich kann sie für mich stoppen."
Und damit zeigen, dass der Mut zur Schwäche auch eine Stärke sein kann.
Andreas Reiners
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