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Vor Ajax-Spiel: Liverpool geht nur noch auf dem Zahnfleisch
- Aktualisiert: 30.11.2020
- 22:02 Uhr
- ran.de
Was die Ergebnisse betrifft, steht der FC Liverpool in dieser Saison eigentlich gut da. Wie sehr der Schein trügt, zeigen die sich mehrenden TV-Ausraster von Trainer Jürgen Klopp.
München - Betrachtet man die nackten Zahlen, läuft es für den FC Liverpool in der aktuellen Saison eigentlich rund. Mit Ausnahme des 2:7-Ausrutschers bei Aston Villa Anfang Oktober halten sich die "Reds" souverän auf den vorderen Plätzen der Premier League.
Auch in der Königsklasse stehen die Chancen auf das Erreichen der K. o.-Phase gut.
Doch der Schein trügt. Jürgen Klopps wöchentliche Ausraster im englischen TV sind ein deutliches Indiz dafür. In Wahrheit geht der FC Liverpool - wie viele andere europäische Spitzenklubs - längst auf dem Zahnfleisch.
Die Corona-bedingt fehlende Sommerpause sowie die kurze Vorbereitung zeigen schon im ersten Saisondrittel deutliche Spuren. Verständlicherweise.
Liverpool ohne acht Stammkräfte
Wie deutlich? Ein Blick auf die Verletztenliste genügt: Virgil van Dijk, Joe Gomez, Trent Alexander-Arnold, Alex Oxlade-Chamberlain, Thiago, Naby Keita, Xherdan Shaqiri, Joel Matip, James Milner - auf diese Spieler muss Klopp aktuell verzichten, auf manche davon - van Dijk, Gomez - womöglich bis zum Saisonende.
Der FC Liverpool gleicht einem Lazarett. Und das schon seit Saisonbeginn.
Auch Torhüter Alisson, Kapitän Jordan Henderson, Fabinho und die Torgaranten Mohammed Salah und Sadio Mane fehlten bereits aufgrund von Blessuren oder Covid-Infektionen. Vor allem die Häufung an muskulären Verletzungen ist zweifelsohne ein eindeutiges Zeichen von Überbelastung.
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Nur drei Auswechslungen erlaubt
Da ist es wenig hilfreich, dass in der Premier League - anders als in der Bundesliga - nur drei- statt fünfmal gewechselt werden darf. Die schwächeren Klubs befürchteten einen Wettbewerbsvorteil für Teams mit einem breiteren Kader.
Unsinn, findet Klopp. Es gehe nicht um taktische Wechsel, sondern darum, Verletzungen zu vermeiden. Von Trainerkollege Chris Wilder gab es dafür einen medialen Rüffel. Klopp sei egoistisch, befand der Trainer von Sheffield United.
Mittlerweile sollen sich die Teammanager der Premier League aber mehrheitlich für eine Aufstockung der Auswechslungen ausgesprochen haben. "Aber seitdem ist nichts passiert", schimpft Klopp.
Ärger um Spielansetzungen
Was den LFC-Trainer jedoch schon seit Wochen so richtig auf die Palme bringt, sind die übertragenden TV-Sender in England, "BT Sports" und "Sky". In der Vor-Corona-Ära hatten die Liga und die Sender Anstoßzeiten vertraglich festgelegt. So kann "BT Sports" frei wählen, welche Partie jeweils am Samstag um 12.30 Uhr ausgetragen wird.
Zuletzt traf es einmal mehr den FC Liverpool, was dazu führte, dass Klopps Männer keine 72 Stunden nach der 0:2-Pleite in der Champions League gegen Atalanta Bergamo schon wieder ran mussten. Auch im Dezember ist eine solch knappe Ansetzung noch einmal geplant.
"Wenn wir weiterhin immer Mittwochabend und Samstagmittag spielen, bin ich mir nicht sicher, ob wir die Saison mit elf Spielern beenden. Und das gilt für die komplette Top 7 der Liga", wetterte Klopp vor einer Woche nach dem 3:0-Sieg gegen Leicester.
"Sky Sports" weigerte sich, das Interview auszustrahlen. Es wirkt fast ein wenig wie ein Schuldeingeständnis.
Nachdem beim 1:1 in Brighton auch noch Oldie Milner angeschlagen vom Platz musste, platzte dem 53-Jährigen erneut der Kragen. "Herzlichen Glückwunsch", blaffte er "BT-Sports"-Reporter Des Kelly an.
"Ich weiß nicht, wie oft ich es noch sagen muss: Sie haben den 12:30-Anstoß gewählt. Sie! Wenn auch nicht Sie persönlich. Aber das ist einfach sehr, sehr gefährlich für die Spieler."
Härtetest gegen Ajax in der Champions League
Auch andere europäische Topklubs haben mit prominenten Ausfällen zu kämpfen. So drohen dem FC Bayern in der Champions League gegen Atletico Madrid am Dienstag, gleich acht Stammkräfte zu fehlen.
"Die Spieler sind am Limit", warnte Trainer Hansi Flick am Wochenende. Der Rekordmeister kann die Ausfälle bislang kompensieren. So wie auch Liverpool. Die Frage ist allerdings, wie lange noch?
Schon am Dienstag in der Champions League gegen Ajax Amsterdam (ab 21 Uhr im Liveticker auf ran.de) könnte der Personalmangel auch sportliche Folgen haben. Zwar führen die "Reds" die Gruppe D bislang mit neun Punkten an.
Nach dem müden Auftritt gegen Bergamo (0:2) steht der englische Meister gegen die Niederländer aber gehörig unter Druck. Eine weitere Niederlage und ein Sieg von Atalanta gegen Midtjylland würden den Absturz auf Platz drei bedeuten. Dann wäre das Achtelfinale in ernster Gefahr.
Klopps Notlösungen
Ganz unwahrscheinlich ist dieses Szenario beileibe nicht. Denn Ajax schwimmt aktuell auf der Erfolgswelle und führt die Eredivisie souverän an. Die prominenten Abgänge von Hakim Ziyech, Donny van de Beek und Sergino Dest scheint das Team von Trainer Erik ten Hag überraschend gut verdaut zu haben. Erst am Wochenende gab es einen 5:0-Kantersieg bei Schlusslicht FC Emmen.
Klopp muss dagegen wieder mit Notlösungen arbeiten. Weil drei Leistungsträger seiner Stamm-Viererkette verletzt ausfallen, rückt Fabinho erneut von der Sechs in die Innenverteidigung. Im Mittelfeld stehen dem Trainer mit Henderson, Youngster Curtis Jones und Georginio Wijnaldum noch drei fitte Spieler zur Verfügung.
Im Drei- bis Vier-Tage-Rhythmus geht es dann auch im Dezember weiter. Es braucht keinen Propheten, um festzustellen, dass die kommenden Wochen für Liverpool physisch und nervlich zum Härtetest werden. Da tröstet auch der aktuelle Blick auf die nackten Zahlen nicht.
Carolin Blüchel
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