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Afrika Cup

Das Märchen von Benin: Erst aufgelöst, dann durchgestartet

  • Aktualisiert: 10.07.2019
  • 00:19 Uhr
  • ran.de / Oliver Jensen
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© imago images / Xinhua
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Vor gut neun Jahren wurde die Nationalmannschaft von Benin wegen Misserfolgs aufgelöst und der Trainer entlassen. Beim Afrika Cup sorgt Benin nun überraschend für Furore – und zwar unter dem gleichen Trainer wie damals.

München/Kairo - Als die Nationalspieler von Benin in der Kabine saßen, den sensationellen Achtelfinalsieg gegen Marokko noch gar nicht richtig verarbeitet hatten, klingelte das Telefon. An der anderen Leitung: Niemand geringeres als Patrice Talon – der Staatspräsident des Landes. Seine Botschaft an die Spieler: "Ihr seid nun der Stolz unseres Landes."

Der Viertelfinaleinzug ist der größte Erfolg in der Geschichte des beninischen Fußballs. Dieses westafrikanische Land, das etwa 10,8 Millionen Einwohner hat und zu den ärmsten Ländern der Welt zählt, fand bisher im Weltfußball praktisch überhaupt nicht statt.

Weltmeisterschaften? Nie teilgenommen. Afrika Cups? Drei Mal in der Vorrunde ausgeschieden, meist aber gar nicht qualifiziert. Es ist fast schon ein Erfolg, dass es in Benin überhaupt eine Nationalmannschaft gibt.

Als Benin nämlich zuletzt an einem Afrika Cup teilnahm, hatte das schwache Abschneiden schwerwiegende Konsequenzen. 2010 in Angola sprang in den drei Gruppenspielen lediglich ein Unentschieden raus. Das Vorrundenaus, vor allem wie dies zustande kam, wurde als Debakel empfunden.

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Kein Patriotismus, schlechtes Benehmen

Es ist nicht unüblich, dass ein Verband darauf mit einer Trainerentlassung reagiert. Damit alleine gab man sich 2010 allerdings nicht zufrieden. Die Benin Football Federation (BFF) löste gleich die komplette Nationalmannschaft auf. Die damalige Begründung: Den Spielern fehle Patriotismus, und sie hätten zudem ein schlechtes Benehmen.

Der aus Frankreich stammende und dann entlassene Trainer Michel Dussuyer suchte sich daraufhin neue Aufgabenfelder. Er wurde Trainer von Guinea, mit denen er am Afrika Cup 2012 teilnahm. Dann übernahm er die Nationalmannschaft der Elfenbeinküste, mit denen er beim Afrika Cup 2017 nicht über die Vorrunde hinauskam. Die Konsequenz: seine Entlassung.

Was in der Zwischenzeit aus dem Fußball in Benin geworden war? Nicht viel. Der Verband hatte zwar bereits nach einem halben Jahr zurückgerudert und wieder eine neue Nationalmannschaft zusammengestellt. Wettbewerbsfähig war diese allerdings nicht.

Also besann sich der Verband auf früher. Ganz nach dem Motto: So schlecht war die Zeit unter Dussuyer nun auch wieder nicht. Man hatte beim Afrika Cup zwar enttäuscht, ist aber immerhin dabei gewesen. Also kehrte der Trainer im Juni 2018 zurück nach Benin.

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Prompt setzte der Erfolg ein: Zwei Siege aus den letzten drei Quali-Spielen waren gleichbedeutend mit dem Ticket für den Afrika Cup. Dort ging die Erfolgsserie nun weiter: In der Vorrunde endeten die Spiele gegen Ghana, Kamerun und Guinea-Bissau zwar alle mit einem Unentschieden. Das genügte allerdings, um als einer der vier besten Gruppendritten in das Achtelfinale einzuziehen.

Der aus einem Elfmeterschießen resultierende Sieg gegen Marokko ist die bislang vielleicht größte Sensation des Turniers. Es war das erste Mal, das Benin überhaupt ein Spiel bei einem Afrika Cup gewann. Dementsprechend wurde das gefeiert.

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Gefeiert, gesungen und getanzt

Als das Telefonat mit dem Staatsoberhaupt nämlich beendet war, ließ man den Emotionen freien Lauf. "Wir haben im Bus und später im Hotel gefeiert, gesungen und getanzt", sagte Cebio Soukou gegenüber der "Deutschen Welle" und fügte dann noch schnell hinzu: "Und das alles ohne einen Tropfen Alkohol." 

Der Rechtsaußen hat einen deutschen Hintergrund. Geboren in Bochum, durchlief er die Nachwuchsabteilung des VfL, spielte vergangene Saison im Dienste von Hansa Rostock eine starke Drittliga-Saison mit zehn Toren und wechselte nun zum Zweitligisten Arminia Bielefeld.

Ebenfalls in Deutschland bekannt ist Stürmer Mickael Pote, der von 2011 bis 2014 für Dynamo Dresden gespielt hat. Er und Stephane Sessegnon sind die einzigen beiden Spieler im aktuellen Aufgebot, die das Desaster und die daraus resultierenden Konsequenzen im Jahre 2010 miterleben mussten. Umso mehr genießt Pote nun den Erfolg: "Es ist wie ein Traum. Endlich kann ich die Farben meines Landes mit Stolz auf dem Platz tragen."

Der einzige Top-Star in der Mannschaft ist der Mittelstürmer Steve Mounie, der in England für Huddersfield Town spielt. Die übrigen Akteure spielen meist in schwächeren Ligen. Drei Spieler aus dem aktuellen Aufgebot sind momentan sogar vereinslos.

Das Erfolgsrezept: Mannschaftliche Geschlossenheit und Disziplin

Benin spielt deshalb keinen afrikanischen Zauberfußball, sondern legt den Fokus auf eine sichere Defensive. "Wir wissen, dass unsere spielerischen Möglichkeiten limitiert sind. Also kommen wir über die mannschaftliche Geschlossenheit und Disziplin", erklärt Trainer Dussuyer und fügt an: "Unser Weg muss auch gegen den Senegal noch nicht enden. Die Mannschaft hat enormen Charakter. Man muss uns erst einmal besiegen."

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Das Viertelfinalspiel, das größte Fußballspiel in der Geschichte dieses Landes, findet am Mittwochabend um 18 Uhr in Kairo statt. Senegal mit Superstar Sadio Mané ist der haushohe Favorit. Doch Soukou vertraut auf die Taktik seines Trainers: "Er ist ein absoluter Fachmann und hat uns bisher immer super auf die Gegner eingestellt."

Sollte das auch gegen Senegal gelingen, dürfte danach wieder das Telefon in der Kabine klingeln.   

Oliver Jensen

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