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ranSicht von Redakteur Rainer Nachtwey

Kommentar: WM 2018 in Russland einfach anders - aber wollten wir das?

  • Aktualisiert: 15.07.2018
  • 23:19 Uhr
  • ran.de / Rainer Nachtwey
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Die WM 2018 in Russland ist Geschichte. Aber was bleibt hängen? Nicht viel.

Das war es jetzt also mit 32 Tagen Weltmeisterschaft in Russland. 32 Tage ... und doch ist nicht so viel hängen geblieben.

Die WM, sie war so anders. Anders als 2014 eben.

2014, das war WM in Brasilien. Das war WM ... in Brasilien, halt. Damals Brasilien. Jetzt Russland. Es wollte, es sollte halt nicht das Copacabana-Caipi-Brasilien-Gefühl aufkommen.

Nicht, dass Russland kein guter Gastgeber war. Was ich von Freunden und Kollegen von vor Ort hörte, präsentierten sich die Russen als freundliche und engagierte Gastgeber.

Ganz entgegen des Bildes, das doch hier und da in unseren Köpfen, in meinem Kopf, vorherrscht. Auch weil wenige russische Journalisten-Kollegen eben auch das Bild in meinem Kopf verstärken und sie ihre Manieren beim Verlassen des Landes völlig vergessen oder sie nie gelernt haben.

Aber zurück zur WM. Was hat sie uns gebracht? Gut, wir wissen jetzt, dass auch Engländer Elfmeterschießen können. Aber wollten wir das? Braucht's das?

Wir wissen, dass der Videoschiedsrichter durchaus auch sinnvoll eingesetzt werden kann. Aber wollten wir das? Braucht's das?

Zurück zu dem, wie wir diese WM erlebt haben. Sie war eben anders. Anders als 2014. 2014 hat die WM in Brasilien unser - oder zumindest mein Leben bestimmt. Da war die WM und außen drumherum war mein Leben. Eingepasst in und angepasst an den Spielplan.

Und dieses Mal? Da ist mein Leben bestimmt auch vom Job und damit von der WM. Aber dies ist eine andere WM. Drumherum um mein Leben. Mehr nicht. Nicht drin.

Aber woran liegt es? Der Fußball hat sicherlich nicht dazu beigetragen. Fußballerisch ging es mindestens einen Schritt zurück. Das Vorrunden-Dauerergebnis von 1:0, mauernde Außenseiter und größtenteils planlose Favoriten. Es sei denn, die Underdogs waren so hilflos mauernd wie Panama. Aber wollten wir das? Braucht's das?

Langeweile statt Offensivspektakel also und Standard-Tore en masse - nur wenige so schön herausgespielt wie Englands 4:0 gegen Panama. Dafür Elfmeter. Reichlich. Immer wieder bestätigt oder hervorgerufen durch den VAR.

VAR. Mein Unwort des Jahres 2018. Stand jetzt.

Dabei hatte es doch so gut angefangen. Das 3:3 zwischen Spanien und Portugal, das qualitativ hochwertige 3:0 Kroatiens gegen Argentinien. Fußball für Genießer, für Puristen. Aber welche Partie bleibt sonst noch allein von der Qualität im Kopf hängen? Vielleicht das Finale - aber welches Finale tut das nicht?

Diese WM erinnert an die 94er-WM in den USA. Wenig fußballerisches Spektakel. Ein sportlich enttäuschender Weltmeister Deutschland, Eklat um DFB-Spieler. Und crazy Maradona. War mehr?

Und so können wir weiterhin den Spruch des verstorbenen College-Football-Coachs Bear Bryant "Offense sells tickets, defense wins championships" bemühen - er behält Gültigkeit. Auch wenn der Angriff wenig zum Ticketverkauf beigetragen hat und auch sicherlich nicht zum Gefallen des Fußball-Feinschmeckers.

In vier Jahren heißt es dann "Fifa goes Katar". Im Winter. Erste Reaktion: Ju- äh- hu. Aber was erwartet uns da? Glühwein- statt Caipi-Gefühl. Darauf erstmal einen Wodka. Oder eine Feuerzangenbowle mit Schuss.

Aber denken wir noch mal drüber nach. Ist es nicht auch dieses Unbekannte, dieses Nichtgenauwissen, was uns erwartet, dass es irgendwie auch wieder so spannend, vielleicht gar charmant macht? Public Viewing am Christkindlmarkt. Gehen wie Gauchos im Schnee. Schnee-Engel statt Neymar-Schwalben.

Und auch ein letztes Mal mit 32 Mannschaften, ehe der Fifa-Gigantismus 2026 mit 48 Mannschaften, 16 Dreier-Gruppe, bei denen sich jeweils die besten Zwei für das Sechzehntel-Finale qualifizieren, voll einschlägt. 

Aber wollten wir das? Braucht's das?

Rainer Nachtwey

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