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WM 2018: Belgien vor dem Halbfinale

Morawes WM-Kolumne: The Three Amigos - der wundersame Aufstieg des Roberto Martinez

  • Aktualisiert: 10.07.2018
  • 15:48 Uhr
  • ran.de
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© getty
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In seiner Kolumne beschreibt Kult-Kommentator Uwe Morawe den Aufstieg von Belgiens Nationaltrainer Roberto Martinez.

München - Dave Whelan hatte noch eine Rechnung mit dem Schicksal offen. 

Im größten Spiel seiner Karriere, dem FA-Cup-Finale 1960, brach sich der Verteidiger der Blackburn Rovers das Schienbein. Die Rovers verloren das Endspiel in Unterzahl mit 0:3, für den erst 23-jährigen Whelan war die Karriere als Leistungssportler vorbei.

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Whelan hatte eine Vision

35 Jahre später, Mitte der 90er, war Whelan zum Selfmademillionär aufgestiegen und kaufte sich den Verein seiner Heimatstadt, Wigan Athletic. Ein vor sich hin dümpelnder Viertligist.

Doch Whelan hatte eine Vision: Erstligafussball und Gewinn des FA-Cups. Genau das, was ihm als Spieler, so tragisch verwehrt geblieben war.

Dafür war ihm jedes Mittel recht.

Drei Profis als ideale Verstärkung

Ein Scout in Spanien hatte ihm einen Tipp gegeben. Drei junge Spanier wären die ideale Verstärkung. Nun ja, diese Drei hatten gemeinsam in der zweiten Mannschaft von Real Saragossa gespielt und den Sprung in den Profifußball nicht geschafft. Aber für Wigan sollte es schon reichen.

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Um sicher zu gehen, wurden Roberto Martinez, Isidro Diaz und Jesus Seba zu den Vertragsverhandlungen nicht nach Wigan, sondern in das mondäne Seebad Blackpool beordert. Die Spanier, die kein Wort Englisch konnten, waren begeistert vom milden Klima - ganz wie in der Heimat.

Als die Tinte getrocknet war, begann eines der skurrilsten Abenteuer im modernen Fußball.

Sombreros in Wigan

Präsident Whelan hatte sich vorsorglich mit jeder Menge Sombreros eingedeckt und startete eine landesweite PR-Kampagne. Nach Muster des albernen B-Movies "The Three Amigos" mit Steve Martin und Chevy Chase wurden die nichtsahnenden Kicker vermarktet. Ob Mexikaner oder Spanier ist ja Wurscht, den Unterschied wusste der landläufige Engländer damals nicht so genau. Bis 1995 war bis auf den Marokkaner Nayim noch nie ein Fußballer von Spanien nach England gewechselt.

Anfangs irritiert, später selbstironisch machten die Spanier die Verarsche mit. Das Ganze entwickelte sich zu einem Riesenspass. Sombreros fanden in Wigan reißenden Absatz. Der erhoffte Fußballboom setzte ein. Da war dann auch schnell vergessen, dass sich Wigan nicht nur vom Klima her stark von Blackpool unterschied.

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Dienstwagen mit Aufschrift "The Three Amigos"

Roberto Martinez und seine Freunde bezogen als Männer-WG eine Reihenhausparzelle in der Poolstock Lane. Drei Zimmer, Bad. Küche blieb kalt, denn kochen konnte keiner. Wo sie wohnten, wusste bald die ganze Stadt. Denn vor dem Haus stand der Dienstwagen, ein alter Ford Escort mit riesiger Aufschrift auf den Türen: "The Three Amigos".

Immer wieder schauten Fans vorbei und fachsimpelten mit den Spielern. Stets höflich und respektvoll. Mit zunehmenden Sprachkenntnissen lernten Roberto Martinez und seine zwei Kumpel den Charme der rauen neuen Umgebung schätzen.

Zweites Zuhause wurde das "Milanos", ein möchtegern italienisches Restaurant, das von einem Spanier in Nordengland geführt wurde. Kulinarisch fragwürdig, Espresso in Watutinki-Qualität.

Erstes Auswärtsspiel im Anzug

Zum ersten Auswärtsspiel mit dem neuen Verein erschienen die drei Spanier wie angeordnet im Anzug - der Rest des Teams kam in Trainingsklamotten. Folgerichtig liefen zwei Wochen später die Spanier in Ballonseide am Mannschaftsbus ein - die anderen Spieler diesmal allesamt im feinen Zwirn.

Entscheidend war die Reaktion der drei Neuen auf diese Veräppelungen. Sie nahmen es nicht schmollend als Beleidigung auf, sondern konnten über sich selber lachen. Gemeinsam Spaß haben, ist doch nur Vierte Liga. Es entstanden Freundschaften fürs Leben.

Oberste Priorität: Respektvoller Umgang 

Diese Zeit als Ankömmling in einem fremden Land hat Roberto Martinez entscheidend geprägt. Ein Typ, der offen auf andere zugeht und sich selbst nicht wichtig nimmt. Nie käme Martinez auf die Idee, Werbung zu machen für gläserne Schiebetüren, die auf protzige Terassen führen.

Im Mittelpunkt seiner Philosophie steht nicht die Taktik oder Athletik, sondern der respektvolle Umgang, garniert mit einer Prise Humor. Kicken können sie alle, da braucht es nicht zu viel an Wissenschaft. Dem belgischen Nationaltrainer geht es im Kern um eines: ein Klima zu schaffen, um den Beruf als Leistungssportler gemeinsam als Freude zu empfinden.

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FA-Cup-Titel mit Wigan

Es wäre gerade in diesen politischen Zeiten eine wunderbare Story, sollte dieser mit einer Schottin verheiratete spanische Halbengländer, der einst einen Mexikaner mimte, mit einem Land von Flamen und Wallonen den WM-Titel holen.

Zumindest weiß der Mann genau, wie Märchen gehen. Als Trainer zurückgekehrt holte Martinez mit Wigan Athletic den FA-Cup 2013. Der Traum von Präsident Dave Whelan hatte sich tatsächlich erfüllt. Siegtorschütze übrigens Ben Watson, nach einem Jahr Verletzungspause wiedergenesen von einem Schienbeinbruch ...

Uwe Morawe

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