Kommentar
FC Bayern München: Joshua Kimmich muss jetzt Rechtsverteidiger spielen - und Thomas Tuchel den Job retten
- Aktualisiert: 20.02.2024
- 14:45 Uhr
- Chris Lugert
Die Bayern stehen plötzlich wieder ohne Rechtsverteidiger da. Jetzt muss Joshua Kimmich sich opfern und die Position bekleiden - um damit ausgerechnet Thomas Tuchel den Job zu retten. Ein Kommentar.
Von Chris Lugert
Für ein paar Tage wähnte sich der FC Bayern in trügerischer Sicherheit.
Ende Januar wurde Sacha Boey für rund 30 Millionen Euro von Galatasaray Istanbul verpflichtet, kurz darauf kehrte Noussair Mazraoui vom Afrika-Cup zurück. Damit schien die Position des Rechtsverteidigers zumindest für den weiteren Saisonverlauf ausreichend besetzt.
Doch gute zwei Wochen später herrscht schon wieder Alarmstufe Rot im Münchner Kader. Sowohl Boey als auch Mazraoui haben sich Muskelverletzungen zugezogen und stehen auf absehbare Zeit nicht zur Verfügung.
Da auch Konrad Laimer wegen der Nachwirkungen eines Muskelbündelrisses noch fehlt und der in Bochum für Mazraoui eingewechselte Dayot Upamecano seinen zweiten Platzverweis binnen weniger Tage kassierte, hat Trainer Thomas Tuchel vor seinem Schicksalsspiel gegen RB Leipzig am Samstag (18:30 Uhr im Liveticker) ein gewaltiges Problem.
Das Wichtigste zum FC Bayern
Eigentlich bleibt Tuchel jetzt nur noch eine Option: Er muss Joshua Kimmich als Rechtsverteidiger aufstellen und darauf hoffen, dass ausgerechnet der ihn rettet.
Der eigentliche Mittelfeldspieler, dessen Verhältnis zum Trainer als bestenfalls unterkühlt gilt. Der für ihn keine "Holding Six ist". Auf den er in Leverkusen verzichtete. Den er in Bochum vom Platz nahm, weil er ihm den Turnaround wohl nicht zutraute.
Dieser Kimmich muss Tuchels Job retten.
Spannungen zwischen Tuchel und Kimmich
Nicht erst seine Frustreaktion gegenüber Co-Trainer Zsolt Löw nach der Niederlage in Bochum ließ erahnen, wie es gerade um die Gefühlswelt des 29-Jährigen bestellt ist. Mit Tuchel wurde er nie warm, seit der Coach dem Spieler dessen Eignung für die Sechserposition mehr oder weniger deutlich abgesprochen hat.
Tuchel will einen defensiv denkenden Spieler in dieser Rolle. Kimmich sieht er eher als spielstarken, variablen Akteur mit Kreativität - und eben nicht als defensiven Ankerspieler. Kimmich wiederum stellte im vergangenen Herbst als direkte Reaktion auf Tuchels Zweifel klar: "Ich bin Sechser."
Auch sein Bankplatz zuletzt in Leverkusen, als er gerade frisch von einer Schulterverletzung genesen war, schmeckte Kimmich gar nicht. Auf seine Auswechslung in Bochum reagierte er gereizt. Berichten zufolge soll sich der Führungsspieler bereits nach einem neuen Klub umsehen, sein Vertrag läuft 2025 aus.
Vor diesem Hintergrund erscheint es gleich doppelt zynisch, dass Tuchel wohl nichts anderes übrig bleiben wird, als Kimmich gegen dessen Ex-Team Leipzig nach rechts hinten zu beordern.
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Denn die Frage, welche Position die beste für Kimmich ist, beschäftigt Fußball-Deutschland nicht erst seit Tuchels Amtsantritt an der Säbener Straße. Er selbst sah sich immer im Zentrum, galt aber auch als idealer Nachfolger für Philipp Lahm. Bayern-Coaches wie auch Bundestrainer verzweifelten an der Frage, wo Kimmich am besten aufgehoben ist.
Kimmich hat Tuchels Schicksal in der Hand
Nun muss wohl Kimmich auf seiner eher ungeliebten Position seinem ungeliebten Trainer den Job sichern. Denn eine weitere Niederlage würde der Coach wohl nicht überleben, so deutlich die Treuebekenntnisse von Vorstandsboss Jan-Christian Dreesen zuletzt auch gewesen sein mögen.
Wer Kimmich kennt, weiß, dass ihn jede Niederlage schmerzt und er jedes Spiel gewinnen will. Dafür ist er viel zu sehr Vollprofi. Dennoch hat er - sofern Tuchel ihm das Vertrauen schenkt - das Schicksal seines Trainers ein Stück weit in der Hand.
Gleichzeitig könnte sich Kimmich bei einer starken Leistung zumindest bis zur Genesung der übrigen Spieler als Rechtsverteidiger unentbehrlich machen. Vielleicht geben ihm starke Leistungen auf diese Position auch wieder etwas Selbstvertrauen zurück.
Kimmich muss sich jetzt auf die neue Aufgabe konzentrieren. Er muss seiner Mannschaft helfen und er muss seinen Trainer retten. Auch wenn er dadurch seinen Lieblingsplatz im Mittelfeld verliert.
Auch wenn Bundestrainer Julian Nagelsmann genau schauen wird, was da gegen Leipzig passiert und die Gefahr besteht, dass auch er ihn auf die rechte Abwehrseite beordert.
So sehr Kimmich betont hat, dass er dort spielt, wo die Trainer ihn haben wollen: Als Rechtsverteidiger will er die anstehende Heim-EM ganz sicher nicht bestreiten. Doch das ist Zukunftsmusik.
Nagelsmann braucht ihn nicht als Jobgarant.
Ganz im Gegensatz zu Thomas Tuchel.