Bundesliga
FC Bayern München beim VfL Bochum - Kevin Stöger exklusiv: "Der Zeitpunkt kann für uns günstig sein"
- Veröffentlicht: 16.02.2024
- 22:47 Uhr
- Andreas Reiners
Ein angeschlagener FC Bayern München tritt am Sonntag (ab 17:30 Uhr im Liveticker) beim VfL Bochum an. Bochums Kevin Stöger spricht vorher im ran-Interview über die Chancen gegen den Rekordmeister, die Heimmacht VfL, seine offene Zukunft und bittere Erfahrungen.
Das Interview führte Andreas Reiners
Geht man nach den jüngsten Duellen, knallt es am Sonntag (ab 17:30 Uhr im Liveticker). Denn wenn der VfL Bochum und der FC Bayern München in den vergangenen Jahren aufeinandertrafen, gab es quasi eine Spektakel-Garantie. Oft zugunsten der Bayern, aber auch ein 4:2-Sieg des VfL war darunter - in Bochum.
Am Sonntag empfangen die Bochumer einen angeschlagenen Rekordmeister. Mittelfeldmann Kevin Stöger wittert einen möglicherweise idealen Zeitpunkt für ein Heimspiel gegen den FC Bayern.
Im ran-Interview spricht der 30-jährige Österreicher über die Chancen gegen den Rekordmeister, die Heimmacht VfL, seine offene Zukunft und bittere Erfahrungen.
ran: Kevin Stöger, 0:7, 0:3, 0:7, 4:2, 0:7 lauten die letzten Ergebnisse gegen die Bayern – auf wie viel Spektakel dürfen sich die Fans am Sonntag freuen?
Kevin Stöger: Ich hoffe natürlich auf ein Spektakel, aber mit einem glücklichen Ende für uns. Ich glaube, ein 3:3 oder 4:4 wäre für die Zuschauer und auch für uns Bochumer schön anzusehen. Und ein Punktgewinn wäre dann auch aus sportlicher Sicht sehr gut für uns.
ran: Gibt es einen frühen Moment in Spielen, bei dem man merkt: Heute geht so richtig was? Oder eben auch gar nicht?
Stöger: Definitiv. Den hatten wir zuletzt auch so in Frankfurt (beim 1:1, d. Red.). Aber dann hat man auch relativ schnell gesehen, dass der Gegner mit einer Chance ein Tor machen kann. Und jeder kennt die Bayern - die brauchen gar nicht viele Chancen, um ein Tor zu schießen. Deswegen gibt es definitiv Momente für uns im Spiel, wo wir ein Zeichen setzen können. Vor allem zu Hause mit unseren Fans im Rücken ist das schon enorm wichtig.
Das Wichtigste in Kürze
Kevin Stöger: Es ist eklig, gegen uns zu spielen
ran: Bei den Bayern läuft es nicht im Moment, mit Niederlagen in Leverkusen und Rom. Dann wird oft behauptet, dass es ein guter Moment sei für ein Spiel gegen die Bayern. Ist das tatsächlich jetzt so ein Moment?
Stöger: Ja, der Zeitpunkt kann für uns günstig sein. Natürlich denkt man, dass die Bayern jetzt erst recht gewinnen müssen. Die sind sauer, die werden unbedingt gewinnen wollen. Aber jeder kennt unser Stadion und ich glaube, dass keine Mannschaft gerne zu uns kommt, weil es eklig ist, hier gegen uns zu spielen. Das sieht man an den Ergebnissen und auch daran, wie wir hier Fußball spielen. Ich glaube nicht, dass die Bayern kommen und sagen: 'Wir gewinnen mal eben 4:0 oder 5:0, alles easy und das war es.' Ich glaube eher, dass sie in der aktuellen Situation nicht gerne zu uns kommen.
ran: Für den VfL setzte es bislang ja auch erst eine Heimniederlage. Was zeichnet Bochum im Ruhrstadion aus?
Stöger: Die Stimmung, die Fans, das enge Stadion, das komplett mitgeht. Bei jedem Eckball, bei jeder Chance wird hier gefeiert, bei jeder Grätsche stehen die Leute auf und jubeln. Ich glaube, das gibt es so nicht oft in Deutschland. Wenn so viele positiv verrückte Fans hinter einem stehen, macht das natürlich was mit einem. Aber warum wir zu Hause auch vielleicht etwas besser Fußball spielen, kann ich gar nicht genau sagen.
ran: Früher galt der VfL mal als unabsteigbar. Der Klub ist nach dem Wiederaufstieg im dritten Jahr erstklassig. Ist dieser Spirit wieder ein bisschen spürbar?
Stöger: In Bochum ist es extrem wichtig, dass alle zusammenhalten. Hier ist der Zusammenhalt riesig. Genau das braucht dieser Verein. Ich glaube nicht, dass wir im Vergleich zu anderen Mannschaften die größte Qualität im Kader haben, aber wenn man uns als Team sieht, dann kompensieren wir durch die Mannschaftsleistung viele individuelle Qualitäten anderer Vereine. Ich glaube, das macht auch den VfL Bochum aus.
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ran: Bochum steht vom Marktwert her auf einem Relegationsplatz. Was ist es konkret, dass die Mannschaft im Abstiegskampf stark macht?
Stöger: Einige Spieler kennen den Abstiegskampf. Wir wissen, worauf es ankommt. Ich glaube auch, dass der Druck von außen nicht so groß ist, wie das zum Beispiel auf Schalke der Fall ist. Den Druck spüren wir gar nicht so. Klar: Wir wollen in der Liga bleiben, das ist unser ganz klares Ziel, aber der VfL wird jedes Jahr von Experten als Abstiegskandidat Nummer eins, zwei oder drei betitelt. Wir als Mannschaft sind intern so fokussiert, eingespielt und halten so stark zusammen, dass wir sagen, wir schaffen das. Deswegen ist es einfach wichtig, dass wir als Team zusammenhalten. Ganz egal, was andere sagen: Wir lassen uns von niemandem was einreden.
ran: Druck gibt es für den VfL gegen die Bayern auch nicht, die Mannschaft hat ja nichts zu verlieren. Auf was wird es gegen die angeschlagenen Bayern ankommen, was ist die richtige Mischung in so einem Spiel?
Stöger: Wir haben eigentlich schon alles einmal probiert und alles ist auch schon mal in die Hose gegangen. Ich glaube, dass man trotzdem nicht zu sehr auf den Gegner schauen und sich hinten reinstellen darf, denn dann wartet man im Grunde nur darauf, dass einer reingeht. Und wenn du gegen die Bayern mal einem Rückstand hinterherrennst, ist es extrem schwer, noch etwas mitzunehmen. Deswegen sollten wir einfach unser Spiel spielen. Wir müssen vorne Aktionen haben und dürfen nicht früh in Rückstand geraten.
Ich glaube nicht, dass die Bayern kommen und sagen: 'Wir gewinnen mal eben 4:0 oder 5:0, alles easy und das war es.' Ich glaube eher, dass sie in der aktuellen Situation nicht gerne zu uns kommen.
Kevin Stöger
Kevin Stöger: Wie man die Bayern "kitzeln" kann
ran: Wie kann man eine Mannschaft wie die Bayern noch "kitzeln"?
Stöger: Indem wir zum Beispiel eine Chance herausspielen und dann einen Standard oder einen Eckball hinterherschicken. Wenn du vorne ein paar Aktionen hast und vielleicht in Führung gehst, dann ist das sofort ein anderes Spiel. Aber ich glaube, dass sich die Bayern auch nicht so schnell verrückt machen lassen, wenn sie in den ersten zehn Minuten nicht so gut im Spiel sind und wir vielleicht ein, zwei Chancen haben. Deswegen ist es für uns wichtig, dass wir kein frühes Gegentor bekommen. Und gegen die Bayern braucht man natürlich auch etwas Spielglück.
ran: Was ist denn im Training bislang spürbar?
Stöger: Wir sind alle voller Vorfreude. Das ist eines der geilsten Spiele jedes Jahr. Schließlich spielen wir in der Bundesliga, damit wir uns mit den Besten messen können. Ich freue mich extrem auf das Spiel. Es wird natürlich sehr hart. Aber wir wollen die Bayern ärgern und auch punkten.
ran: Sie sind als Techniker nicht unbedingt der typische Abstiegskampf-Spieler. Wie viel Spaß macht der Kampf ums Überleben? Abstiegskampf ist ja schon was recht Spezielles, auch was den Druck angeht.
Stöger: Mit dem VfL Bochum den Klassenerhalt zu schaffen, ist schon etwas Besonderes. Ich bin zum VfL gekommen, um dabei zu helfen, die Klasse zu halten. Und dafür werde ich auch alles tun. Ich kenne den Abstiegskampf jetzt auch schon seit ein paar Jahren und ich weiß, worauf es ankommt. Ich würde mir wünschen, dass wir relativ früh den Klassenerhalt perfekt machen und dass wir dann etwas entspannter die letzten Spiele spielen können. Aber ich glaube, dass wir wieder bis zum Schluss kämpfen werden. Aber generell im Abstiegskampf braucht man auch Spieler wie mich. Es bringt nichts, wenn du nur kämpfst, läufst und grätschst. Das braucht man auch im Abstiegskampf, definitiv. Aber ich glaube, vor allem hier in Bochum sollten wir auch guten Fußball spielen. Und ich glaube, dass ich die Balance im Spiel finden kann. Und deswegen bin ich auch sehr wichtig für die Mannschaft.
ran: Wichtig ist auch Trainer Thomas Letsch, er hat Sie zuletzt sehr gelobt. Was zeichnet Ihn aus?
Stöger: Er hat ein enormes Wissen, seine Bedeutung ist enorm. Aber für mich ist auch immer wichtig, wie man menschlich drauf ist. Da ist unser Trainer echt top. Deswegen passt er sehr gut zu uns als Mannschaft. Und generell passt er auch sehr gut nach Bochum. Deswegen hoffe ich, dass wir dieses Jahr noch gemeinsam Erfolg haben.
ran: Sie haben sich nach einer ersten Station in Bochum 2022 für eine Rückkehr entschieden. Was reizt Sie am VfL?
Stöger: Ich wäre eigentlich gerne noch früher gekommen. Aber das hat leider nicht funktioniert. Deswegen war es dann eigentlich relativ schnell klar, dass ich, wenn ich ablösefrei bin, zurückkommen werde. Ich glaube, dass es von beiden Seiten damals auch extrem Sinn gemacht hat. Und bis heute haben alle Parteien damit alles richtig gemacht.
ran: Sie waren im Sommer 2020 ein paar Monate vereinslos. Wie war die Zeit und wie sehr hat Sie das geprägt?
Stöger: Das war nicht einfach. Vor allem nach der Corona-Zeit ist es generell ein bisschen anders auf dem Markt, wenn man sieht, wie viele Spieler jetzt noch vereinslos sind. Das hat sich schon ein bisschen verändert. Ich habe damals auch eine falsche Entscheidung getroffen. Ich habe die Situation aber angenommen und trotzdem fleißig trainiert. Deshalb hatte ich dann in Mainz auch keine Anlaufprobleme. So eine Situation prägt einen natürlich, weil man daran sieht, wie schnell es gehen kann. Deswegen habe ich einiges mitgenommen, aber ich würde die Zeit nicht noch einmal erleben wollen.
ran: Gibt es rückblickend Entscheidungen, die Sie bereuen?
Stöger: Nein, denn man kann es eh nicht mehr ändern. Ich habe schöne Momente gehabt im Fußball, aber auch zwei Mal eine schwere Knieverletzung. Ich war in der ersten Saison in Düsseldorf richtig gut drauf. Dann habe ich mir im Mai 2019 leider im letzten Spiel kurz vor dem Ende einen Kreuzbandriss zugezogen. Das wäre so ein Moment gewesen, wo meine Karriere vielleicht einen anderen Weg genommen hätte. Aber ich bin trotzdem stolz auf das, was ich erreicht habe. Es war nicht immer einfach. Ich bin mit 30 aber auch noch nicht am Ende. Ich bin in dieser Saison sehr gut drauf. Früher war man mit 30 im gefühlt besten Fußballeralter. Heute geht es eher langsam auf das Ende zu. Das hat sich auch ein bisschen verändert. Ich freue mich trotzdem auf das, was in Zukunft noch kommt.
Kevin Stöger: Der Vertrag läuft im Sommer aus
ran: Zukunft ist ein gutes Stichwort. Eine wichtige Entscheidung steht jetzt an: Wann verlängern Sie Ihren Vertrag, der im Sommer ausläuft?
Stöger: Ich habe mir keinen bestimmten Zeitpunkt gesetzt. Ich habe zunächst mit dem VfL Bochum gesprochen. Ich habe aber auch ganz klar kommuniziert, dass ich mir andere Sachen anhöre. Das habe ich auch gemacht und das werde ich auch in Zukunft machen. Dann werde ich mit meiner Familie sprechen und schauen, was der nächste Schritt ist.
ran: Auf was wird es bei der Entscheidung ankommen?
Stöger: Ich will immer auf dem Platz stehen. Deswegen ist das einfach der wichtigste Punkt. Ich will spielen, ich will die nächsten Jahre einwandfrei genießen. Wenn ich ein gutes Gefühl habe und es passt alles drumherum, dann werde ich mich dafür entscheiden und hoffen, dass es dann auch die richtige Entscheidung ist.
ran: Egal, was Sie machen, Sie machen es ohne Berater. Das ist in dem Business eher ungewöhnlich. Haben Sie schlechte Erfahrungen gemacht?
Stöger: Ich habe bewusst gesagt, dass ich das ohne Berater mache. Ich habe schon jemanden, dem ich vertraue und mit dem ich das gemeinsam mache. Aber grundsätzlich mache ich das ohne Berater. Ich habe schon einiges gesehen im Fußball. Ich weiß, was ich will, und ich glaube, das ist das Wichtigste. Es gibt jetzt nicht unbedingt ein Negativerlebnis. Aber ich denke, bei allem, was in Zukunft ansteht, weiß ich, was für mich und meine Familie am besten ist.
ran: Kurzfristig steht auch noch die EM an. Ist das immer noch ein Traum oder ist das schon zu weit weg?
Stöger: Solange die Möglichkeit besteht, ist es natürlich ein Traum. Ich war bis jetzt einmal dabei, das letzte Mal war ich auf Abruf. Jetzt im März ist wieder eine Länderspielpause. Ich werde mein Bestes geben, dass ich mal nominiert werde. Im A-Team habe ich noch nie gespielt, das ist ein großer Traum. Ich werde alles dafür geben, dass ich das erreichen kann. Die ganze Saison ist bis jetzt eigentlich ganz gut verlaufen. Ich hoffe, dass ich im März schon dabei sein darf. Dann werde ich alles dafür tun, um den Trainer zu überzeugen.