DTM 2024 - Maximilian Götz exklusiv über den Schlüssel zum Titel: "Das ist ein heißer Mix"
Aktualisiert: 26.04.2024
11:11 Uhr
Andreas Reiners
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Am Wochenende startet die DTM in ihre neue Saison (live auf ProSieben, Joyn und ran.de). Wir haben uns mit dem Ex-Champion und ran-racing-Experten Maximilian Götz über den Job am Mikro, die Entwicklung der DTM, die Titelkandidaten und die Probleme des deutschen Motorsports unterhalten.
Die neue DTM-Saison steht endlich in den Startlöchern!
Der Startschuss für die DTM 2024 erfolgt an diesem Wochenende in Oschersleben (DTM live auf ProSieben, Joyn und ran.de). 20 Fahrer kämpfen dann um den wohl prestigeträchtigsten Titel im GT-Sport.
Wir haben uns vor dem Auftakt mit dem Ex-Champion und ran-racing-Experten Maximilian Götz über den Job am Mikro, die Entwicklung und die Herausforderungen der DTM, die Titelkandidaten und die Probleme des deutschen Motorsports unterhalten.
ran: Maximilian Götz, was ist anstrengender: der Job als Rennfahrer oder der als TV-Experte?
Maximilian Götz: Das Kommentieren, weil du das ganze Feld im Blick haben musst. Was abgeht, was bei den Teams so passiert, was die Problemchen hier und da sind. Wenn du Rennen fährst, dann bist du auf dich fokussiert und hast dein Team um dich. Da bist du im Tunnel und nimmst nicht wirklich alles wahr, was um dich herum passiert. Deswegen ist es von der Vorbereitung her ähnlich wie ein Rennwochenende, aber stressiger.
ran: Ist es die größte Herausforderung, alles im Blick zu behalten?
Götz: Mein Anspruch ist es natürlich schon, über jeden etwas zu wissen und wichtige Dinge im Vorfeld zu recherchieren. Das ist auch für mich neu gewesen. Deswegen ist es mir schon sehr wichtig, den Fans die Hintergründe zu liefern, die Eddie Mielke, Matthias Killing oder Andrea Kaiser vielleicht nicht haben.
ran: Kommt man als Rennfahrer einfacher an Infos als als "normaler" Journalist?
Götz: Würde ich jetzt nicht sagen. Aber ich kenne natürlich viele Leute in der Szene und kann überall reinlatschen und mich mal durchfragen. Das nimmt mir keiner übel, weil alle wissen, dass ich in dem Moment als Experte da bin und die Infos brauche. Aber ich bin auch so frei und marschiere überall rein und frage, woran es gelegen hat. Solche Dinge sind dann vielleicht ein bisschen einfacher, weil ich in dem Umfeld doch sehr bekannt bin und auch mit jedem gut auskomme. Ich habe letztes Jahr keine Probleme gehabt. Die haben mich alle reingelassen. Ich habe auch überall einen Kaffee bekommen.
Götz im Interview: Wurde es schon mal peinlich?
ran: Gab es schon mal einen peinlichen Moment für Sie, bei dem Sie sich blamiert haben?
Götz: Nein, blamiert eigentlich nicht, sondern es ist eher so, dass man nicht alles zu 100 Prozent wissen kann. Eddie ist dann zum Beispiel für das Reglement da. Letztes Jahr hat sich das relativ schnell eingespielt. Und ich schaue mir auch gerne an, wie Andrea, Matthias und Eddie es machen. Damit ich, wenn ich zum Einsatz komme, den Flow schon habe und weiß, wie die Herangehensweise ist und wie gearbeitet wird.
ran: Rennfahrer beschweren sich schon mal über dumme Fragen. Wie schwierig ist es, diese zu vermeiden?
Götz: Ich haben noch nicht herausgefunden, ob es dumme Fragen gibt oder nur dumme Antworten. Am Ende gibt es immer einen Grund für irgendwas und den muss man darlegen. Wenn ich als Rennfahrer gefragt werde, versuche ich immer die Wahrheit zu sagen. Es ist auch kein Beinbruch und ich finde, es gehört dazu, dass man ehrlich ist und sagt: 'Heute ist nicht unser Tag, wir haben es nicht zusammengebracht, ich habe verkackt.'
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ran: Sind Sie eher der Typ Wadenbeißer, was die Herangehensweise angeht, oder dann doch eher der verständnisvolle Journalist?
Götz: Beides. Ich bin relativ neu in dem Job und muss mir meine Sporen verdienen und mir Respekt verschaffen. Am Anfang war es schon ein bisschen so nach dem Motto: 'Was will der jetzt?' Da wächst man rein und am Ende muss man als Journalist dranbleiben. Ich weiß, wie es sich im Auto anfühlt, woran es vielleicht hier und da hakt. Ich möchte rüberbringen, dass es in der DTM vor allem an den Kleinigkeiten hängt, um ganz vorne zu stehen. Jeder Fahrer verhält sich anders, wenn er Fragen gestellt bekommt, man findet es heraus, wer wie tickt. Am Ende sind wir bei ran racing ein gutes Team, das alles abdeckt.
ran: Hat Sie etwas überrascht an dem Job?
Götz: Du hast vor der Live-Kamera einen Schuss. Der muss sitzen und deshalb musst du es wirklich auf den Punkt bringen. Genauso wie in einer Qualifying-Runde. Außerdem bekommt man sehr viele Informationen während des Kommentierens. Und muss dann wirklich schnell umschalten und komplexe Themen - Sektorenzeiten, Boxenstopps, das Renngeschehen, Positionen, Strategien - schnell verarbeiten und so rüberbringen, dass es auch der Zuschauer versteht. Es prasselt innerhalb von kürzester Zeit sehr viel auf dich ein.
DTM 2024: "Heiße Kandidaten im Spiel"
ran: Wenn wir jetzt auf die Saison 2024 kommen: Worauf können sich die Fans freuen?
Götz: Ich glaube, es geht so weiter, wie es aufgehört hat. Es sind sehr heiße Kandidaten im Spiel. Das wird eine sehr, sehr enge Meisterschaft, dabei aber auch getrieben von der Balance of Performance. Da wird es wieder viel Politik im Hintergrund geben. Einige werden jammern, andere sind zufrieden. Wir haben die Kandidaten, die auch im vergangenen Jahr um die Meisterschaft gefahren sind, die sehe ich auch in diesem Jahr vorne.
Ich bin gespannt, was McLaren so reißen kann, denn das Auto funktioniert sehr gut im Sprintbereich. Und Ex-Champion Marco Wittmann hat bei Schubert zwei Granaten neben sich. Das muss jetzt funktionieren. Außerdem gibt es viele Wechsel. Maro Engel ist zum Beispiel von Landgraf zu Winward gegangen. Der Schlüssel wird es noch mehr sein, dass man Punkte sammelt und auch jeden Platz mitnimmt. So war es auch, als ich 2021 Meister geworden bin.
ran: 2021 ist ist ein gutes Stichwort. Damals wurde der Fortbestand der Serie durch das GT3-Reglement gesichert. Wie sehen Sie die Entwicklung der Serie seitdem?
Götz: Im vergangenen Jahr waren es mehr Autos. Das hat verschiedene Gründe. Es sind vor allem die Kosten, die einige Teams abhalten. Das Auto muss finanziert werden, da sprechen wir von 1,5 Millionen Euro im Schnitt pro Auto. Auch die Politik der Hersteller im Hintergrund hat die Dinge ein bisschen beeinflusst. Es waren einige Teams unzufrieden.
ran: Sind die 20 Autos ein Alarmsignal?
Götz: Es fehlen für mich ein paar Namen in der DTM, es könnten ein paar mehr sein, 26, 27 Autos wäre die perfekte Anzahl. Alarmierend würde ich es nicht nennen, aber man muss sich Gedanken machen, wie man das in den Griff bekommt, indem man für die Zukunft etwas attraktiver wird, um wieder ein paar neue Fahrer und Teams anzulocken. Auch, was die Rennserie selbst angeht.
Götz: Vielleicht kann man hier und da noch ein bisschen mehr für einen zusätzlichen Kick sorgen. Dass es noch mehr Action für die Fans gibt. Konzerte zum Beispiel, zusätzliches Programm nach dem Rennen, dass die Leute nicht heimfahren, sondern dass im Fahrerlager noch etwas stattfindet.
ran: Früher hat die DTM oft auf große Namen gesetzt, wie Ex-F1-Fahrer. Das ist jetzt nicht mehr so der Fall. Ist das der richtige Ansatz, um die eigenen Namen groß rauszubringen, oder bräuchten die eigenen Fahrer gerade diese großen Namen, um sich profilieren zu können?
Götz: Die WEC mit den Hypercars und Le Mans ist eine Serie, die boomt, und in der einige interessante Fahrer unterwegs sind. Würde es die WEC nicht geben, wären einige von den Jungs auch in der DTM dabei. Aber klar: Ralf Schumacher, Mika Häkkinen, Jean Alesi oder David Coulthard sind natürlich Namen, die international bekannt sind, die der DTM ihren Stempel aufgedrückt und auch Fans angezogen haben. Natürlich wäre es schön, wenn Nico Hülkenberg, wenn er in der Formel 1 aufhört, in die DTM kommen würde. Viele haben mir gesagt, Sebastian Vettel sei vielleicht auch ein Thema. Solche Namen würden helfen. Und am Ende ist es auch für einen Nachwuchsfahrer toll, wenn er sich mit diesen Jungs messen kann. Aber wir haben in der DTM auch Namen, die im internationalen Bereich hoch angesehen sind.
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Götz: "DTM wird auch in Asien und England verfolgt"
ran: Wie sehen Sie das Standing der DTM im Motorsport?
Götz: Sehr hoch. Es ist egal, wo ich fahre, ob in Asien oder auch in England, da kennen viele die DTM und verfolgen sie auch. Sie hat nach wie vor einen großen Stellenwert, auch wenn der nach dem Aus der Class-1-Autos ein wenig gelitten hat, weil das ein Alleinstellungsmerkmal war. Aber mit dem GT3-Reglement hat sich die DTM auf jeden Fall etabliert.
ran: Der deutsche Motorsport hat es grundsätzlich nicht so leicht. Woran liegt das Ihrer Meinung nach?
Götz: Die neue Jugend-Generation hat nicht so eine Beziehung zum Auto wie die Generationen früher. Da ist dann auch der ADAC gefragt, Familien und damit die neue Generation, die Jugend, die Kinder, anzulocken, sie zu faszinieren, wie das früher bei mir der Fall war. Wir müssen wieder dahin, dass man die neue Generation abholt und die Fans von morgen an die Rennstrecke bringt. Dann hat man eine Chance, dass es in Deutschland besser wird. Im Moment wird das Auto leider "totgeredet". Man fühlt sich schon fast schlecht, wenn man mit dem Auto in die Stadt fährt. Das ist nicht richtig. Man muss das ein bisschen herunterfahren und das Auto wieder mehr wertschätzen. Dann hat auch der Motorsport wieder eine Perspektive.
ran: Sie haben die Familien angesprochen. Die Kinder brauchen aber auch Helden, denen sie zujubeln können. Tim Tramnitz und Oliver Goethe sind gerade auf dem Weg nach oben. Aber es ist ja schon länger ein Thema, dass es beim Nachwuchs hapert. Was muss man da ändern?
Götz: In England gibt es Formel 4, Formel 3, regionale Serien. Die sind voll bis oben hin. Und ich verstehe nicht, warum das bei uns in Deutschland nicht funktioniert mit einer Nachwuchsserie im Formel-Bereich, im Tourenwagen-Bereich. Man braucht eine Einstiegsplattform für kleines Geld, damit sich der Nachwuchs beweisen kann und damit es perspektivisch weitergeht auf der Karriereleiter. Da müssten die Hersteller mehr investieren, auch die Industrie, um dem Nachwuchs eine Chance zu geben. Denn kein "Normalo" schafft den Sprung vom Kart in den professionellen Motorsport. Das ist unmöglich.
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ran: Wie beurteilen Sie in dem Zusammenhang die Arbeit des ADAC, der die DTM von Gerhard Berger übernommen hat?
Götz: Gerhard Berger wusste genau, wie man so eine Rennserie vermarktet. Das ist ein enorm hohes Level gewesen. Aber der ADAC macht auch einen guten Job, er versucht die Plattform mit Rahmenserien breit aufzustellen. Damit es für die Fans, die vor Ort sind, interessant ist. Auch die Eintrittspreise sind fair. Und da merkt man, dass der ADAC wirtschaftlich anders aufgestellt ist. Und es tut dem deutschen Motorsport gut, wenn der ADAC dahintersteht.
ran: Das DTM-Reglement ist relativ stabil geblieben für die neue Saison. Ist es besser so, dass man große Experimente vermeidet oder sollte man lieber etwas wagen, um die Serie weiter voranzubringen?
Götz: Ja, man könnte noch ein bisschen mehr wagen, auf jeden Fall. Die eingeführte Testbeschränkung ist gut, um ein Zeichen zu setzen, auch finanziell. Da könnte man sogar noch einen größeren Einschnitt vornehmen. Man müsste ein bisschen freier sein, was die Rennstrategie angeht. Wir haben auch immer gesagt, dass es cool wäre, wenn man zwei Reifenmischungen hätte. Es gibt ein paar Ansätze, mit denen man die DTM spannender machen kann.
ran: Die DTM hat ihren 40. Geburtstag gefeiert. Fast zehn davon haben Sie als Rennfahrer miterlebt, früher außerdem als Fan…
Götz: Ich war 1994 bei meinem ersten DTM-Rennen am Norisring und habe nach Autogrammen gejagt. Das Buch mit den Unterschriften habe ich heute noch. Die DTM hat eine unglaubliche Geschichte. Es gibt keine Serie außer der Formel 1, die so lange Bestand hat und so lange auf so einem hohen Level agiert. Damals als Kind war es beeindruckend, die großen Helden fahren zu sehen. Das hat mir die Augen geöffnet und mir meinen Weg vorgezeichnet. Und dann folgte 2013 mein erster DTM-Test überhaupt, in einem alten Gitterrohrrahmen-Auto von Ralf Schumacher am Lausitzring. Auf einmal sitzt du selbst in so einem Auto und darfst testen und dich beweisen. Dann die Verpflichtung als Vertragsfahrer 2015 und 2021 schließlich mein Titelgewinn. Die DTM ist für mich ein wichtiger Teil meines Lebens.
DTM: "Immer andere Autos, immer extrem"
ran: Welche Ära war die geilste?
Götz: Die DTM wäre heute nicht das, was sie ist, ohne die Goldene Ära mit den Tourenwagen. Doch es zeichnet die DTM auch aus, dass über die Jahre die Autos immer anders und extrem waren. Und dass viele Größen und Weltmeister in der DTM aktiv waren und der Serie ihren Stempel aufgedrückt haben. Das macht die DTM so besonders: Dass viele, die im Motorsport etwas gerissen haben, mal in der DTM waren und sich bewiesen haben.
ran: Wenn wir abschließend nochmal auf 2024 zu sprechen kommen: Gibt es einen Titelfavoriten, den Sie auf dem Zettel haben, und wer gehört noch zum Favoritenkreis?
Götz: Wenn man sich die Tests anschaut, war Porsche sehr stark mit Titelverteidiger Thomas Preining. Mirko Bortolotti gehört auch zu den Favoriten. Das Dreier-Team um Rene Rast, Sheldon van der Linde und Marco Wittmann will sich auch beweisen. Gerade bei Schubert werden wir einen sehr spannenden Kampf sehen und vielleicht auch die eine oder andere Geschichte schreiben können. Das ist ein heißer Mix, drei Ex-Champions in einem Team, das gab es glaube ich so auch noch nicht. Da ist Feuer drin. Porsche hat eine mega Pace, auch SSR Performance ist hoch motiviert. Aber auch Mercedes-AMG will zurückschlagen. Die haben ein Top-Lineup mit vier Top-Fahrern und zwei super Teams. Am Ende geht es darum, wer Ruhe bewahrt, wer die meisten Punkte mitnimmt, wer konstant ist. An der Spitze ist es enger geworden, das Mittelfeld ist ein bisschen schwächer. Und dann gibt es ein paar Rookies, die sich jetzt beweisen müssen. Aber am Ende können 15 Fahrer ein Rennen gewinnen. Und das macht es so extrem spannend.