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Tyson Fury exklusiv: "Einen Typen wie mich hat es seit Muhammad Ali nicht mehr gegeben"

  • Aktualisiert: 13.02.2016
  • 19:12 Uhr
  • ran.de / Carolin Blüchel
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© Imago
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Tyson Fury ist eine der größten Box-Überraschungen der letzten Jahre. Im exklusiven Interview mit ran.de spricht der Klitschko-Bezwinger über den Rückkampf, seine Stärken und das Karriere-Ende.

München – Etwas länger als zwei Monate ist es nun her, dass Tyson Fury für eine der größten Box-Überraschungen der letzten Jahre gesorgt hat.

Ende November entthronte das britische Schwergewicht Wladimir Klitschko durch einen Punktsieg in Düsseldorf.

Seitdem ließ der 27-jährige Weltmeister keine Gelegenheit aus, für Aufregung zu sorgen. Mit abwertenden Äußerungen über Frauen und Homosexuelle machte Fury Schlagzeilen, nach dem K.o.-Sieg von Deontay Wilder über Artur Szpilka stürmte Fury in den Ring und provozierte den WBC-Weltmeister.

Im Interview mit ran.de spricht Fury über seine Persönlichkeit, das Gefühl, Weltmeister zu sein und den Rückkampf gegen Wladimir Klitschko. Wie immer nimmt er den Mund dabei ziemlich voll.

ran.de: Sie sind nicht nur Boxer, sondern auch noch ein leidenschaftlicher Sänger. Haben Sie derzeit ein Lieblingslied?

Tyson Fury: Nein, von dem neuen Zeug gefällt mir gerade nichts. Sie?

ran.de: Mehr einen Ohrwurm: "There's only one Tyson Fury".

Tyson Fury: (lacht) … Sehr gut. Der Ohrwurm wird eine ganze Weile bleiben, hoffe ich. Deontay Wilder (WBC-Weltmeister) hat ihn auch schon.

ran.de: Weil Sie nach seiner Titelverteidigung gegen Artur Szpilka in New York den Ring gestürmt und ihn damit ziemlich provoziert haben. War das eigentlich geplant?

Tyson Fury: Nein, das war eine spontane Aktion. Ich habe keinen PR-Berater, der mir sagt, was ich zu tun habe. Aber ich weiß ganz gut, wie ich Leute unterhalten kann. So einen Typen wie mich hat es im Boxen lange nicht gegeben. Der letzte war Muhammad Ali.

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Irres Wortgefecht: Fury geht auf Wilder los

Tyson Fury dreht wieder durch! Direkt nach dem Fight zwischen WBC-Champion Deontay Wilder und Artur Szpilka stürmt der Klitschko-Bezwinger den Ring und geht auf den Weltmeister los. Die Highlights des WM-Fights gibt es exklusiv auf www.ranfighting.de!

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  • 02:20 Min
  • Ab 12

ran.de: Sie haben viele Gesichter: Da wäre der Entertainer, der als Batman zur Pressekonferenz geht, der Box-Champion, der Rüpel, der sehr viel Kontroverses von sich gibt und der hoffnungslos romantische Familienvater, der Liebeslieder für seine Frau singt. Wie passt das alles zusammen? Wie ist Tyson Fury wirklich?

Tyson Fury: Ich würde mich selbst so beschreiben: Groß, düster und gut aussehend, ruhig, manchmal gelassen, freundlich, liebevoll, gerade heraus. Ein Typ, der immer sagt, was er denkt, der ein bisschen boxt und ein paar Gürtel gewonnen hat.

ran.de: Über Ihre düstere Seite hat Ihre Frau Paris in einem Interview sehr offen gesprochen. Darüber, dass Sie immer wieder mit Ihrer Psyche zu kämpfen haben. Wie gehen Sie damit um?

Tyson Fury: Also, ich leide nicht unter Depressionen, wenn Sie darauf hinauswollen. Aber es ist doch so: Wir alle haben gute und schlechte Tage. Wenn ich morgens aufwache, bin ich entweder gut gelaunt oder traurig. Und wenn ich mich beschissen fühle, dann sage ich das auch. Ich nehme da kein Blatt vor den Mund.

ran.de: Gibt es mehr glückliche Tage seit Sie Weltmeister sind?

Tyson Fury: Nein, es ist alles wie immer. Champion zu sein, bedeutet mir nichts. Ich habe nicht einmal richtig gefeiert, vielleicht ein paar Drinks, aber keine rauschende Party. Es ist nur ein Titel, eine sportliche Errungenschaft, auf die ich lange hingearbeitet habe. Ich habe es geschafft und fertig. Aber deswegen macht mich das nicht zu einem glücklicheren Menschen.

ran.de: Kaum zu glauben.

Tyson Fury: Warum? Die WM-Gürtel halten mich nachts nicht warm, sie bezahlen auch nicht meine Rechnungen. Es sind einfach nur Trophäen, die irgendwo im Schrank verstaut werden. Ich boxe nicht für den Ruhm. Es ist mein Job.

ran.de: Aber Sie mögen Ihren Job doch, oder?

Tyson Fury: Ich denke schon. Obwohl es sicherlich nicht der beste Beruf der Welt ist, ständig Schläge ins Gesicht zu bekommen. Aber irgendjemand muss es ja machen. Und dieser jemand ist Tyson Fury.

ran.de: Dann hat sich Ihr Leben als Schwergewichts-Weltmeister nicht geändert?

Tyson Fury: Überhaupt nicht. Ich bin dieselbe Person und mache dieselben Dinge wie zuvor. Das Leben ändert sich nur, wenn man es zulässt. Ich war mit meinem alten Leben ganz zufrieden. Warum also etwas ändern? Ich bleibe, wie ich bin, egal ob ich 50 Kämpfe in Folge gewinne oder den nächsten Kampf verliere. Allerdings verhalten sich viele Menschen um mich herum plötzlich anders, seitdem ich Weltmeister bin.

ran.de: Inwiefern?

Tyson Fury: Ich könnte momentan eine Million Freunde haben, wenn ich wollte. Eine Million Mitläufer, die versuchen auf den Zug des Ruhmes aufzuspringen. Aber ich erlaube keine Mitläufer in meinem Zug. Er ist schon voll mit Leuten, die auch vor meinem Erfolg meine Freunde waren.

ran.de: Wie lange hat es gedauert bis Sie realisiert haben, dass Sie Ihr großes Ziel wirklich erreicht haben?

Tyson Fury: Das habe ich sofort realisiert. Ich war ja darauf vorbereitet. Es war nie die Frage, ob ich Weltmeister werde, sondern immer nur wann. Fünf lange Jahre hat es gedauert, bis ich die Chance gegen Wladimir bekommen habe. Jetzt war einfach die Zeit reif.

ran.de: Sie haben die 11-jährige Regentschaft von Wladimir Klitschko beendet und damit Geschichte geschrieben. Dennoch haben die Medien anschließend weniger über Ihren sportlichen Erfolg als über einige umstrittene Äußerungen berichtet. Ihnen wurde vorgeworfen, sexistisch und homophob zu sein. Dabei wurden auch Aussagen aus dem Zusammenhang gerissen. Hat Sie das überrascht?

Tyson Fury: Nicht wirklich. Warum ist Harry Potter das meist verkaufte Buch der Welt? Weil die Menschen Geschichten lieben, auch wenn Sie frei erfunden sind. An der Wahrheit sind die meisten gar nicht interessiert. Ich habe die Aufmerksamkeit aus den falschen Gründen bekommen, das ist wohl wahr. Und das war sicherlich nicht meine cleverste Aktion. Aber was soll's. Ich habe immer gesagt, dass ich der provokanteste Weltmeister seit Muhammad Ali sein werde. Das ist mir definitiv gelungen.

ran.de: Aber Sie haben sich öffentlich dafür entschuldigt.

Tyson Fury: Ja, für den Fall, dass ich mit meinen Aussagen jemanden verletzt habe. Denn das war niemals meine Absicht. Ich habe eigentlich nur über meine persönlichen Ansichten gesprochen. Wenn diese Ansichten Menschen verletzen, dann tut mir das leid. Aber ich werde mich sicher nicht für meine Einstellung an sich entschuldigen.

ran.de: Von Ihrer Familie haben Sie immer Rückendeckung erhalten. Überhaupt ist der Fury-Clan eine eingeschworene Truppe. Wie wichtig ist es Ihnen, dass Sie Ihre Familie immer um sich haben?

Tyson Fury: Es bedeutet mir unglaublich viel. Egal ob Onkel, Vater, Cousins oder Brüder, jeder hat seine Rolle im Team. Wir können uns hundertprozentig aufeinander verlassen. Da ist keiner, der versucht, dich um dein Geld zu bringen. Jeder Einzelne gibt das Beste für das gesamte Team.

ran.de: Dem gehört auch Ihr Cousin Hughie Fury an, der selbst ein aufstrebender Boxer ist. Würden Sie jemals gegen ihn in den Ring steigen?

Tyson Fury: Niemals. Was würde es mir bringen? Selbst wenn Hughie einen WM-Gürtel hätte und ich nicht. Gegen ein Familienmitglied um einen Titel oder Geld zu kämpfen, dazu bin ich nicht der Typ.

ran.de: Sie sind mit 27 noch sehr jung für einen Schwergewichtler. Trotzdem haben Sie zuletzt davon gesprochen, Ihre Karriere bald beenden zu wollen. Wie ernst war das gemeint?

Tyson Fury: Ich habe vielleicht noch drei Kämpfe in mir, bevor ich aufhöre. Mich treibt nichts mehr an. Es gibt da draußen keine Gegner, von denen ich glaube, dass sie mir gefährlich werden könnten. Wenn ich der Underdog bin, dann ist meine Motivation groß. Aber wenn ich von vorne herein Favorit bin, motiviert mich das kein bisschen. Und ohne Motivation würde ich nicht mehr so hart trainieren, wie es sich gehört. Wenn du diesen Punkt erreicht hast, ist es Zeit für etwas anderes.

ran.de: Gegen wen wollen Sie die letzten drei Kämpfe bestreiten?

Tyson Fury: Zuerst wird es den Rückkampf gegen Klitschko geben. Wo und wann steht noch nicht fest, aber wir werden uns schon einigen. Danach hätte ich gerne einen Vereinigungskampf gegen Wilder und anschließend gegen Anthony Joshua. Der Kampf wäre in England eine Riesensache.

ran.de: Wen sehen Sie derzeit als Ihren größten Rivalen an?

Tyson Fury: Wladimir Klitschko. Die anderen sind alle einigermaßen grün hinter den Ohren. Und ihnen fehlt das boxerische Verständnis. Sie glauben, wenn sie pumpen wie ein Bodybuilder, können sie jeden schlagen. Das mag gegen mittelmäßige Gegner ausreichen, aber in der absoluten Weltklasse funktioniert das nicht. Boxen ist eine Wissenschaft, ein Schachspiel. Du musst genau wissen, wann der richtige Zeitpunkt für deine Aktionen ist.

ran.de: Zum Beispiel der richtige Zeitpunkt für einen Wechsel der Führhand? Damit haben Sie Wladimir Klitschko den Zahn gezogen.

Tyson Fury: Das hat tatsächlich gut funktioniert. Dieser Auslagenwechsel ist sehr unangenehm für jeden Gegner, weil er sich auf nichts einstellen kann. Der Schlüssel zum Erfolg ist, unorthodoxe Dinge zu tun, Aktionen, die der Gegner nicht kommen sieht.

ran.de: Würden Sie das als Ihre größte Stärke bezeichnen?

Tyson Fury: Nein, meine größte Waffe ist meine mentale Stärke. Der unbändige Glaube an mich selbst. Ich bin immer hundertprozentig davon überzeugt, dass ich gewinnen kann.

ran.de: Einige Box-Experten in Großbritannien befürchten, dass Sie im Rückkampf gegen Wladimir Klitschko womöglich verschaukelt werden könnten, wenn Sie erneut in Deutschland boxen sollten und es über die volle Distanz geht. Wie denken Sie darüber?

Tyson Fury: Meiner Meinung nach ist das Unsinn. Es wird in England oft behauptet, dass du in Deutschland keine ehrlichen Urteile bekommst. Aber ich sehe das so: Wenn du überzeugend gewinnst, verlässt du den Ring als Sieger, wenn du schlecht boxt, als Verlierer. Punkt. Warum sollte ich verschaukelt werden? Damit sie einem 40 Jahre alten Ex-Champion ohne Perspektive den WM-Gürtel schenken können? Das glaube ich nicht.

ran.de: Warum haben Sie eigentlich einem Rückkampf überhaupt zugestimmt? Als Pflichtherausforderer wäre das doch gar nicht Bedingung gewesen.

Tyson Fury: Ich würde es einfach schlechtes Management nennen. Während ich im Trainingslager war, hat das irgendwer vermasselt und die Rückkampf-Klausel unterschrieben. Das ist wohl ziemlich einzigartig bei einer Pflichtverteidigung. Aber es ist, wie es ist. Dann kämpfe ich eben noch einmal gegen ihn. Ich habe ihn einmal besiegt, ich bin überzeugt, beim zweiten Mal wird es sogar noch einfacher.

ran.de: Und was singen Sie dann? Britney Spears' "Oops I did it again"?

Tyson Fury: (lacht) … Vielleicht gar keine schlechte Idee. Nein, ich weiß es noch nicht. Ich habe mir schon ein paar Gedanken gemacht, aber das kann ich jetzt noch nicht verraten.

Das Gespräch führte Carolin Blüchel


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