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Heidel: "Klopp? - Damals gab es schallendes Gelächter!"

  • Aktualisiert: 29.11.2013
  • 11:25 Uhr
  • ran.de / Andreas Kötter
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© Imago
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Immer wenn der 1. FSV Mainz, wie am Samstag (ab 15:00 Uhr im Liveticker), auf Borussia Dortmund trifft, bedeutet das Aufeinandertreffen von Christian Heidel und Jürgen Klopp auch das Wiedersehen zweier ganz dicker Freunde.

Im Exklusiv-Interview mit ran.de spricht der Manager der 05er über die Geschichte dieser Freundschaft und den damit verbundenen Aufstieg des FSV, über die Dominanz der Bayern und über das Missverhältnis zwischen Champions League und Europa League.

ran.de: Herr Heidel, wenn Sie am Samstag Jürgen Klopp und den BVB empfangen, ist das gleichzeitig das 150. Spiel von Trainer Thomas Tuchel; ist es vor allem diese Konstanz, die die beiden miteinander und mit Mainz 05 verbindet?

Christian Heidel: Das hat in der Tat viel mit Mainz 05 zu tun. Konstanz und Kontinuität werden hier groß geschrieben, glücklicherweise inzwischen auch im Trainerbereich. Was die beiden zudem eint, ist eine sehr schöne Erfolgsgeschichte. Jürgen Klopp hatte bei Mainz 05 viel Erfolg und hat diesen Weg in Dortmund, auf einem noch höheren Level, fortgesetzt. Thomas Tuchel wiederum geht diesen Weg sehr erfolgreich weiter. Eine aktuelle Statistik besagt, dass Mainz 05 umgerechnet auf den Zeitraum, den Thomas Tuchel hier Trainer ist, den siebten Tabellenplatz belegen würde, nur vier Punkte hinter dem 5., dem VfB Stuttgart. Wolfsburg, Hamburg, Bremen und Hannover dagegen haben alle weniger Punkte geholt.

ran.de: Schwingt angesichts dieser Konstanz auch ein wenig Stolz mit?

Heidel: Um das gleich zu sagen: ich bin ganz sicher nicht stolz auf mich selbst. Das ist mir völlig fremd. Aber es freut mich sehr, wenn die Mainzer auf ihren Klub stolz sind. In den viereinhalb Jahren mit Thomas Tuchel hat der FSV nicht einen einzigen Tag auf einem Abstiegsplatz gestanden. Und darauf können die Mainzer mit Recht sehr stolz sein.

ran.de: Diese Zurückhaltung ehrt Sie - aber wenn einer über 22 Jahre die Geschicke eines Vereins bestimmt, steht sein Anteil an dieser Konstanz wohl außer Frage...

Heidel: Auch bei uns gab es in den 90er Jahren, als wir in jeder Saison darum kämpfen mussten, zweitklassig zu bleiben, Zeiten mit einem nicht unbedeutenden Trainerverschleiß. Als der Verein sich aber einigermaßen etabliert hatte, hat sich das geändert. Wir hatten und haben den Mut – und da unterscheiden wir uns vielleicht von anderen Clubs – auch unpopuläre Entscheidungen zu treffen. Heute ist Jürgen Klopp wohl der bekannteste deutsche Fußballtrainer. Ich erinnere mich aber noch sehr gut an die Pressekonferenz in Bad Kreuznach, auf der wir ihn als neuen Trainer vorgestellt haben. Damals gab es schallendes Gelächter unter den wenigen anwesenden Journalisten, die uns im buchstäblichen Sinne des Wortes für be-klopp-t erklärt haben (lacht; d. Red.).

ran.de: Ganz ähnlich ist es Ihnen ergangen, als Sie den Aufstiegstrainer Jörn Andersen eine Woche vor seinem ersten Bundesliga-Spiel beurlaubt und den damaligen U19-Trainer, Thomas Tuchel, zum Bundesliga-Trainer gemacht haben...

Heidel: Für diese Entscheidung haben wir quer durch die Republik mediale Prügel bezogen. Wir beurlauben den Aufstiegstrainer und machen den U19-Trainer zum Cheftrainer. Fünf Tage vor Bundesligastart.  Nur die Mainzer haben damals verstanden, dass diese Entscheidung zwingend notwendig war, um den Verein nicht in Gefahr zu bringen. Kontinuität und Berechenbarkeit machen unsere Philosophie aus. Wir verlieren hier sicherlich nicht den Kopf, wenn mal drei, vier, fünf Spiele verloren gehen. Denn wir zweifeln nie am großen Ganzen. Und damit komme ich noch einmal auf Jörn Andersen zurück. Er wollte von unserem auf seinen Weg abbiegen. Das geht aber in Mainz nicht. In Mainz gibt der Verein die Philosophie vor und sucht sich die Angestellten aus, die dazu passen. Wir holen keinen Mitarbeiter und fragen ihn nach seinem Konzept, sondern wir erklären Ihm unsere Philosophie und wollen erkennen, ob das passt.

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ran.de: Bedauern Sie, dass dieser Mut außerhalb von Mainz in den Medien nur wenig gewürdigt wird?

Heidel: Ja, schon ein wenig. Aber das ist kein originäres Problem von Mainz 05, das ist ein Problem der Medien. Dort findet zu fünfzig Prozent Bayern München statt, vielleicht dreißig Prozent Borussia Dortmund und noch ein wenig Schalke 04. Danach aber wird es ganz, ganz duster. Selbst Bayer Leverkusen findet überregional kaum einmal die verdiente Anerkennung. Wenn es in der Familie van der Vaart irgendetwas Neues gibt, steht das auf Seite Eins. Wenn aber der Tabellenfünfte sensationell aus Freiburg oder aus Mainz kommt, wird das wenig wahrgenommen. Das ist schade, damit müssen wir leben. Aber ein Problem haben wir damit nicht.

ran.de: In Bremen hat ein ähnlich autarkes Modell fast 13 Jahre lang funktioniert, musste gegen Ende aber doch recht sang- und klanglos beerdigt werden; bedeutet das, dass der Profi-Fußball irgendwann auch noch das schönste Alternativ-Modell schafft?

Heidel: So würde ich das nicht ausdrücken. Man darf die langjährige Erfolgsgeschichte von Werder Bremen nicht schlecht reden, nur weil etwa Klaus Allofs nach so langer Zeit beschlossen hat, einmal etwas anderes zu machen. In Bremen war man über diesen langen Zeitraum sehr erfolgreich. Erst in den vergangenen zwei, drei Jahren hat sich das geändert, so dass man zwischenzeitlich sogar gegen den Abstieg kämpfen musste. Das hat die wirtschaftlichen Möglichkeiten des Clubs total verändert und wohl auch die Erwartungshaltung in und um Bremen. Zumindest war das mein Eindruck, als wir dort vor kurzem zwischenzeitlich 3:0 geführt haben. Früher hätten die Fans das Stadion zusammen gepfiffen. Diesmal aber herrschte völlige Ruhe. Offensichtlich haben die Fans verstanden, dass dieses Werder nicht mehr das von vor fünf, sechs Jahren ist, und dass es Zeit brauchen wird, wenn man an alte Erfolge anknüpfen will.

ran.de: Täuscht das Gefühl, dass Mainz - sportlich ohnehin - mittlerweile auch wirtschaftlich in einer Liga spielt mit Werder, mit Stuttgart oder Hannover?

Heidel: Das täuscht sehr! Wir sehen uns in einer Liga mit dem SC Freiburg, dem FC Augsburg und dem 1. FC Nürnberg. Ich habe gerade die Zahlen von Werder Bremen gelesen: Werder hat im vergangenen Jahr einen Umsatz von 88 Millionen Euro gemacht. Wir planen für diese Saison mit 72 Millionen Euro, in denen allerdings rund 15 Millionen Transfererträge stecken. Rechnet man die heraus, kann man für Mainz von einem Gesamtumsatz zwischen 50 und 55 Millionen Euro ausgehen. Davon könnten manche Clubs nicht einmal ihre Mannschaft bezahlen. Wir sind also noch weit hinten dran. Aber wir arbeiten sehr fleißig und nähern uns in kleinen Schritten.

ran.de: Der BVB kommt am Samstag nach dem überzeugenden Sieg gegen Neapel mit Rückenwind nach Mainz; haben Sie während der vermeintlichen Mini-Krise der vergangenen Wochen mit Jürgen Klopp gelitten, oder hat die Verbundenheit im Laufe der Jahre etwas nachgelassen?

Heidel: Nein! Das wäre ganz schlimm, wenn die nachlassen würde. Jürgen Klopp ist ein sehr, sehr guter Freund, und einem Freund wünscht man immer nur das Beste. Wenigstens solange das keine Nachteile für einen selbst mit sich bringt. Soll heißen: für 32 Bundesligaspiele im Jahr drücke ich Kloppo die Daumen. Nur in den beiden Partien gegen Mainz denke ich natürlich dann nur an uns.

ran.de: Wäre die Bundesliga doch ein Wunschkonzert - was sie bekanntlich nicht ist - hieße der nächste Meister also Borussia Dortmund und nicht FC Bayern München?

Heidel: Das stimmt wohl, wenn der Wunsch Mainz nicht ginge. Jetzt schimpfen bestimmt paar Bayernfans. Aber Uli Hoeneß ist ja z.B. bekanntermaßen mit Jupp Heynckes eng befreundet. Würde Heynckes heute einen anderen Club betreuen, bin ich sicher, dass Uli Hoeneß auch Jupp Heynckes die Daumen drücken würde. Und ebenso logisch ist doch, dass ich dem BVB alles Gute wünsche, wenn der Cheftrainer der Borussia und inzwischen auch Aki Watzke (BVB-Geschäftsführer; d. Red.) meine Freunde  sind. Das hat überhaupt nichts mit einer Antipathie gegen den FC Bayern zu tun. Denn die gibt es nicht. Im Gegenteil: ich habe die größte Hochachtung davor, was in München seit Jahrzehnten geleistet wird.

ran.de: Ist die Meisterschaft durch den Sieg der Bayern in Dortmund bereits entschieden?

Heidel: Entschieden ist sie nicht, noch ist immerhin mehr als eine Halbserie zu spielen. Aber es wird ganz, ganz schwer, diese Bayern da oben noch weg zu holen. Denn die Mannschaft ist in diesem Jahr personell so gut aufgestellt wie wohl noch nie zuvor. Als wir kürzlich in München gespielt haben, hat man uns sogar erlaubt, 1:0 zu führen (Endstand 4:1 für die Bayern; d. Red.) Schaut man aber einmal kurz herüber zur Ersatzbank der Bayern, sitzt dort zum Beispiel ein Mario Götze. Da kann einem angst und bange werden. Über diese Qualität und diese Ausgeglichenheit auf nahezu Weltklasse-Niveau verfügt der BVB nicht. Und man kann sich kaum vorstellen, gegen wen diese Bayern verlieren sollten.

ran.de: Muss man sich auf dieses Szenario auch für die kommenden Jahre einstellen?

Heidel: Ich bin ziemlich sicher, dass sich die Bayern, der BVB und vielleicht auch Bayer Leverkusen sehr, sehr weit vom Rest der Liga entfernen werden. Denn die Champions League bringt wirtschaftliche Vorteile in einer Dimension, die allen anderen Klubs, außer vielleicht dem VfL Wolfsburg, verwehrt bleiben. Nehmen Sie doch die 60, 70 Millionen Euro, die der FC Bayern nur durch die Champions-League generieren soll! Das kann auf Dauer nicht gut gehen. Und ich wiederhole gerne das, was ich schon oft bemängelt habe: Im Vergleich zur Europa League ist die Champions-League viel zu hoch bewertet! Hier muss die UEFA zwingend über eine Neuordnung nachdenken. Für manche Klubs ist es doch überhaupt kein Spaß mehr Europa-League zu spielen! Warum darf ein Tabellenvierter, mit 25 Punkten Rückstand auf den Meister seiner nationalen Liga auf einmal Champions-League-Sieger werden? Er müsste in die Europa League, die dann viel interessanter wird und mehr Geld ausschütten müsste. Insgesamt ist das kein guter Weg!


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