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Marco Sturm erklärt, worauf es in der NHL ankommt: "...sonst ist man schnell weg"
- Aktualisiert: 10.03.2023
- 09:15 Uhr
- NHL.com/de
Der ehemalige NHL-Spieler und DEB-Trainer aus Deutschland äußert sich im exklusiven Interview mit NHL.com/de über seine jetzige Arbeit bei den Ontario Reign.
Das Interview erschien auf NHL.com/de
Marco Sturm kommt wie fast immer lächelnd aus der Kabine zum Interview mit den amerikanischen Kollegen, obwohl sein Team, die Ontario Reign, zuvor das wichtige Heimspiel in der AHL gegen die punktgleichen Abbotsford Canucks nach einer 2:1-Führung zur zweiten Pause noch mit 2:3 verloren hatten. Beide Teams stehen im Mittelfeld der Pacific Division, so dass jeder Punkt für den Einzug in die Calder Cup Playoffs wichtig ist.
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Der 44-jährige Sturm ist seit dem Beginn dieser Saison der Cheftrainer des Farmteams der Los Angeles Kings, bei denen er zuvor vier Jahre den Job eines Assistenztrainers in der NHL innehatte. Nach gut einem dreiviertel der Spielzeit, zieht NHL.com/de im exklusiven Interview mit dem langjährigen deutschen NHL-Spieler und späteren Bundestrainer eine erste Bilanz seiner neuen Aufgabe.
Marco, wie gefällt dir deine neue Aufgabe?
Mir gefällt es sehr gut wieder mein eigener Chef zu sein. Ich glaube, das ist es, was mir am besten passt und wo ich am meisten Spaß habe. Ich habe wirklich vier tolle Jahre mit den Kings gehabt und jetzt ist es einfach mal wieder etwas ganz anderes, was mir persönlich sehr gut tut.
Was ist der Unterschied zwischen Assistenz und Chef?
Ich treffe die Entscheidungen und bin im Endeffekt kein Befehlsempfänger mehr. Ich habe die volle Kontrolle über die Mannschaft und den Staff. Doch nicht wie in der Nationalmannschaft zweitweise während den Vorbereitungsspielen und Turnieren, sondern eine komplette Saison lang. Es ist dadurch viel Neues dazu gekommen, besonders, wenn man in einem Farmteam mit sehr vielen Spielern in der Entwicklung arbeitet. Der Kader wechselt sehr häufig. Von daher wird es auch nicht langweilig.
Wie siehst du die Entwicklung deines Teams seit deiner Übernahme?
Genauso, wo wir jetzt in der Tabelle stehen, da gehören wir auch hin. An die Top-Mannschaften kommen wir nicht ran, aber gleich dahinter können wir uns schon einfinden. Gegner wie Abbotsford heute sind auf unserem Niveau, deswegen war es auch ein enges Spiel. Ich bin zufrieden und denke, dass wir über die Monate hinweg Fortschritte gemacht haben und besseres Eishockey spielen. Damit meine ich vor allem enges Eishockey und nicht so offenes. Das ist die Herausforderung.
Du hast die Kaderveränderungen angesprochen. Inwiefern ist das eine besondere Herausforderung für den Trainer?
Wir haben ja von beiden Seiten Veränderungen. Einerseits Spieler, die zu den Kings gehen und wieder herunterkommen, andererseits das gleiche nach unten über die East Coast League. Am Donnerstag hatten wir zum Beispiel drei Spieler aus diesem Bereich dabei. Es ist nicht einfach, aber die Spieler geben alles und versuchen sich immer zu beweisen. Die Motivation ist also schon mal da. Aber es fällt natürlich auf, wenn ein oder zwei gute Spieler plötzlich weg sind. Das macht schon einen spürbaren Unterschied. Aber das sind die Bedingungen.
Ziel der Spieler ist es immer in die NHL zu kommen. Inwiefern musst du als Trainer auch diesen Aspekt im Auge haben, weil im Endeffekt die Spieler auch Konkurrenten sind?
Das sollte nicht so sein, aber es ist menschlich und von daher ist es natürlich wichtig, dass ich mit meiner Erfahrung das im Blick habe. Deswegen wurde ich auch verpflichtet, dass ich den Spielern weiterhelfe, sich zu entwickeln. Das gilt im Training und im Spiel. Es macht mir schon Spaß zu sehen, wenn ich Erfolge bei einem Spieler erzielen kann. Nicht nur im spielerischen, sondern auch im menschlichen Bereich Einfluss nehme. Es sind sehr viele Aspekte in der täglichen Arbeit, die da hereinspielen. Ich versuche meine Erfahrungen daher so gut wie möglich weiterzugeben.
Worin siehst du jetzt den größten Unterschied zwischen NHL und AHL?
Die Konstanz, egal, ob es in einem Spiel oder über einen gewissen Zeitraum ist. Es ist einfach so, dass die Jungs teilweise wirklich gutes Eishockey spielen und dann wieder relativ schnell nicht so gut. Einfach täglich gute Arbeit abzuliefern, das ist für die Jungs in der AHL das schwierigste. Deswegen sind sie auch teilweise hier und müssen das lernen. Es gilt täglich immer wieder seine Leistung abzurufen und in einem Spiel über 60 Minuten zu bestehen. In der NHL ist es wichtig, konstant zu spielen und die Fehler zu minimieren. Sonst ist man schnell wieder weg.
Im Spiel am Donnerstag gab es sehr viele ungenaue Pässe und Abspielfehler. Wie ist das zu bewerten?
Das ist diese Liga. Das ist normal. Es hängt mit der Qualität von einzelnen Spielern zusammen und die Abstimmung, die teilweise fehlt. Es waren sehr viele Spieler dabei, die aus der Juniorenliga kommen und die haben teilweise das höhere Tempo noch nicht intus. Außerdem werden, je höher man kommt, die Kleinigkeiten wichtig. Darauf zu achten, müssen sie hier lernen.
Wie siehst du den Vergleich vom Niveau DEL zur AHL?
Das Level ist so ähnlich, wobei das nicht eins zu eins vergleichbar ist. Die AHL ist eine Ausbildungsliga und um einiges jünger. Wir haben einen Altersdurchschnitt im Team von ungefähr 23 Jahren. Das kann man sich in der DEL gar nicht vorstellen. Die würden alle durchdrehen (lacht). Die DEL ist wesentlich erfahrener, schon alleine durch die Ausländer, die aus Altersgründen nach Europa wechseln, weil sie in Nordamerika keinen Platz mehr haben.
Du warst bei der Patrick Marleau Night in San Jose und im Sharks-Trikot auf dem Eis, nachdem du dort deine NHL-Karriere begonnen und lange Zeit gespielt hast. Es gibt nun mal eine Rivalität zwischen den Sharks und Kings. Hast du als Mitarbeiter der Kings schon Repressalien erleben müssen?
(lacht) Also, wenn ich die Arena in San Jose betrete, dann sehen mich die Fans immer noch als Shark und das ist auch schön so. Es war eine schöne Zeit, nicht nur für mich, sondern für die ganzen Jungs, die vor Ort waren. Eine tolle Zeremonie und ein tolles Event, dass Patty seine Nummer unters Hallendach hängen durfte. Ich war froh, dass ich dabei sein konnte.