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Bundesliga

Borussia Mönchengladbach: Ein wandelnder Widerspruch – Stranzl-Kritik an den Verantwortlichen

  • Aktualisiert: 01.03.2023
  • 23:32 Uhr
  • ran.de
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© IMAGO/Nordphoto
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Bei Borussia Mönchengladbach wächst der Unmut angesichts extrem schwankender und unerklärlicher Leistungen. Der Ex-Gladbacher Martin Stranzl nimmt bei ran die Mannschaft ebenso in die Pflicht wie die Verantwortlichen.

Von Andreas Reiners und Dominik Hechler

Es gibt Dinge im Fußball, die nicht leicht zu erklären sind. Meistens dann, wenn der Kopf im Spiel ist. Die so oft zitierte Mentalität.

Es ist ein von Profis verhasster Begriff, weil er Grundtugenden in Frage stellt, die Einstellung, die Herangehensweise, die mentale Stärke. Etwas, das als Profi selbstverständlich sein sollte. Mit nur einem Wort wird den Spielern eine Grundsatzkritik vor die Füße geworfen, gegen die es nach Niederlagen oft wenig Gegenargumente gibt.

Sind es vereinzelte Aussetzer, ist das Thema auch schnell wieder erledigt. Bei Borussia Mönchengladbach ist der psychische Part des Spiels aber schon sehr viel länger ein Problem. 

Ein grundsätzliches.

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Borussia Mönchengladbach: An der Qualität kann es nicht liegen

Denn warum gewinnt eine ordentliche Bundesliga-Truppe gegen RB Leipzig 3:0, gegen Borussia Dortmund 4:2 und gegen den FC Bayern 3:2, geht aber in Bremen (1:5), Berlin (1:4) oder Mainz (0:4) sang- und klanglos unter, teilweise nur Tage später? Ähnliche Beispiele gibt es auch aus den Vorjahren.

Das sei "schon sehr skurril", sagt der frühere Gladbach-Profi Martin Stranzl im Gespräch mit ran. "An der Qualität des Kaders kann es allerdings nicht liegen – sonst würde Gladbach nicht gegen Gegner wie Bayern und Co. gewinnen. Für mich ist das ganz klar ein Kopfproblem." Was mit der Frage der Mentalität eng zusammenhängt.

Die fünf Bundesliga-Vereine mit den loyalsten Spielern

FC Bayern und Co.: Bundesliga-Klubs mit den loyalsten Spielern

Vor allem früher kam es häufig vor, dass Spieler ihre ganze Karriere bei einem Verein verbrachten. Heutzutage durchlaufen Spieler in ihren aktiven Jahren oftmals mehrere Stationen. "TicketGum.com" hat die vergangenen 22 Jahre analysiert, um herauszufinden wie lange Bundesliga-Vereine durchschnittlich ihre Spieler halten können. ran zeigt euch die fünf Vereine mit den loyalsten Spielern.

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Stranzl war während seiner aktiven Karriere in Gladbach Anführer, Leistungsträger, aber eben auch ein sogenanntes Mentalitätsmonster. Jemand, der die Mitspieler mitriss, aufrüttelte und Probleme offen ansprach. Er legte den Finger in die Wunde, um Lösungen zu finden, Änderungen voranzutreiben. 

Etwas, das in Gladbach heute offenbar nur unzureichend passiert. 

"Normalerweise müssen Mannschaften solche Probleme intern klären. Dafür gibt es eine klare Hierarchie im Kader, eine Gruppe von vier, fünf gestandenen Spielern, die viele Gespräche führen und gegebenenfalls auch mal ein Zeichen setzen", sagt Stranzl. Hilft das nicht, hole man den Trainer oder den Sportdirektor dazu. Er habe aktuell das Gefühl, "dass die Mannschaft intern nicht so gestärkt ist, um all das selbst regeln zu können". Doch das Team sei gefordert, so Stranzl. "Sie sind diejenigen, die es untereinander und auf dem Rasen regeln müssen – und eigentlich auch dazu in der Lage sein sollten."

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Eine launische Diva

Was aber nicht funktioniert, und dies inzwischen seit einiger Zeit, über mehrere Saisons zeigt die Mannschaft, die im Kern seit Jahren zusammen ist, unerklärliche Kopfprobleme und Auftritte, die man rational nicht verargumentieren kann. 

Eine launische Diva, an der inzwischen schon mehrere Trainer gescheitert sind.

"Mir fehlt bei dieser Mannschaft aber seit Jahren schon dieser unbedingte Wille, defensiv zu null zu spielen. Diese Gier, das eigene Tor zu verteidigen, ist einfach nicht da", so Stranzl, der dazu rät, das Hauptaugenmerk in der täglichen Trainingsarbeit mehr auf die Defensivarbeit zu legen. Von der Verantwortung der einzelnen Spieler ganz abgesehen. "Das ist eine Willensfrage", so Stranzl.  

Den reinen Marktwert betrachtet, belegt die Borussia laut transfermarkt.de aktuell Platz sechs. Jonas Hofmann, Marcus Thuram, Ramy Bensebaini, Alassane Plea, Julian Weigl oder Florian Neuhaus – die Qualität ist unbestritten vorhanden, wird aber in unschöner Regelmäßigkeit vom Kopf ausgebremst.

Stranzl hätte schon längst Konsequenzen gezogen

Stranzl hätte schon längst personelle Konsequenzen gezogen. Denn "diese Phasen zeigen, auf wen du dich im Verein verlassen und auf wen du auch in Zukunft bauen kannst", so Stranzl. "Vielleicht hätte Gladbach den einen oder anderen Spieler schon längst verkaufen sollen." Thuram und Bensebaini, die im Sommer ablösefrei zu haben sind, waren im Winter Kandidaten, blieben aber. Im Sommer dürften beide dann weg sein.

"Und dann stellt sich eben die Frage, ob ich einem Spieler, der den Klub sowieso verlassen will, auch weiterhin eine Plattform bieten möchte oder aber, ob ich eventuell dafür lieber einem jungen Talent die Chance gebe, sich zu präsentieren und an die Bundesliga zu gewöhnen", stellt Stranzl klar. Diese Rückschlüsse im Verein hätten "schon viel früher stattfinden müssen", so Stranzl.

Generell befindet sich die Borussia in einer gefährlichen Situation. Der Grat ist schmal bei einem Umbruch, der angesichts drohender Abgänge, finanzieller Grenzen und des Dauer-Mentalitätsproblems unabdingbar ist. 

Denn das Verständnis im immer lauter meckernden Umfeld wird größer, je klarer eine Philosophie ist. Stranzl weiß, dass man eine sportliche Instabilität in den Leistungen akzeptieren kann, "wenn jedes Wochenende viele junge Spieler auf dem Rasen stehen würden. Das ist aber nicht der Fall. Letztlich spielen ja immer die gleichen". Und das sind gestandene, millionenschwere Profis. "Und da kann ich den Unmut der Fans dann schon verstehen. Denn die Ansprüche des Vereins und auch die Qualität des Kaders stimmen nicht mit den teilweise gezeigten Leistungen überein."

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An einer schlüssigen Strategie vorbei

Im Moment stolpern die Verantwortlichen klar an einer geradlinigen und schlüssigen Strategie vorbei. Die Entscheidungen wirken nicht zielführend, Aussagen von Trainer Daniel Farke oder Manager Roland Virkus nicht stringent, Maßnahmen zahnlos und ziellos.

"Ein Kaderumbruch im kommenden Sommer könnte der Borussia schon helfen", glaubt Stranzl. Er hätte zum Beispiel nach dem Verkauf von Yann Sommer die Ablöse gespart und auf den jungen Nachwuchskeeper Jan Olschowsky gesetzt. "Das wäre mal ein gutes Signal gewesen. Vor allem für einen jungen, talentierten Spieler, der aus dem eigenen Stall kommt und großes Potenzial hat", so Stranzl.

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Farke scherzt über Trainerjob: "Müllverbrennungsanlage der Nation"

Die rote Karte von Schiedsrichter Deniz Aytekin gegen Mainz-Trainer Bo Svensson wird nach dem Pokalspiel heftig diskutiert. Gladbachs Trainer Daniel Farke scherzt auf der PK über die Aussage des Schiedsrichters.

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Was der Österreicher meint, spiegelt die Dissonanzen in Handeln und Aussagen gut wider. Denn zum einen wird kommuniziert, dass das europäische Geschäft außer Reichweite sei. "Dann hätte man allerdings auch auf Olschowsky setzen und ihn behutsam aufbauen können", so Stranzl. Parallel dazu stellt Kapitän Lars Stindl aber klar, dass man als Mannschaft schon höhere Ziele hätte. 

Es gibt eben Dinge im Fußball, die nicht leicht zu erklären sind. 


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