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Bader: "Man muss auch mal Traditionalist sein"

  • Aktualisiert: 07.11.2013
  • 14:50 Uhr
  • Interview: ran.de / Andreas Kötter
Article Image Media
© Getty
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Mit dem 1:1 beim VfB Stuttgart ist dem 1. FC Nürnberg im ersten Spiel unter dem neuen Trainer Gertjan Verbeek ein Achtungserfolg gelungen.

Nürnberg - Vor dem Kellerduell gegen den ebenfalls noch sieglosen SC Freiburg spricht "Club"-Manager Martin Bader im Exklusiv-Interview mit ran.de über die mediale Kritik an seinem Krisen-Management, die Gründe für das Scheitern von Michael Wiesinger und die tatsächliche Bedeutung der Partie gegen die Freiburger.

ran.de: Herr Bader, sind Sie zufrieden mit dem Ergebnis und auch mit der Art und Weise, wie sich Ihr Team beim 1:1 in Stuttgart, dem ersten Spiel unter dem neuen Trainer Gertjan Verbeek, präsentiert hat?

Martin Bader: Wir sind gewiss nicht unzufrieden. Wenn man als neuer Trainer nur zwei, drei Tage hat, um die Mannschaft vorzubereiten, hilft ein Punkt in Stuttgart auf jeden Fall weiter. Der VfB hat ganz andere Ambitionen als wir sie haben, hatte seit sechs Spielen nicht mehr verloren und konnte gegen uns sehr früh in Führung gehen. Das war also alles wie gemalt für den VfB. Umso erfreulicher ist unser Punktgewinn. Damit haben wir von bisher sechs Auswärtsspielen lediglich eins verloren.

ran.de: Haben Sie trotz der nur kurzen Vorbereitungszeit schon die Handschrift von Verbeek erkennen können?

Bader: Man sollte nicht zu viel in dieses Spiel hinein interpretieren. Aber man konnte durchaus bereits erkennen, dass Verbeeks Philosophie vorsieht, dass die Mannschaft Angriffe konsequenter fährt und offensiver spielt als bisher. Zudem hat es in der Aufstellung Veränderungen gegeben, und auch die Ansprache unterscheidet sich. Entscheidend aber war, dass man gespürt hat, dass jeder Spieler alles daran setzt, sich ins Notizbuch des neuen Trainers zu spielen und Pluspunkte zu sammeln. Verbeeks Vorteil ist, dass er bereits seit zehn Jahren als Cheftrainer tätig ist und weiß, wie er solche Situationen angehen muss. Es war also richtig, dass wir uns bei der Suche nach dem neuen Trainer die entsprechende Zeit genommen haben.

ran.de: Nach der Absage von Christian Gross mussten Sie sich Schlagzeilen wie "Tage voller Irrungen und Wirrungen beim FCN" und "Baders Blues" gefallen lassen - ärgert Sie diese tendenziöse Berichterstattung?

Bader: Nein. Das gehört zum Geschäft. In der heutigen Zeit, in der Online-Medien darum kämpfen, wer die schnellste Meldung hat, und in der Sky Sport News HD jede halbe Stunde neue Meldungen bringen muss, scheint es fast logisch, dass man sich auf der Jagd nach diesen Meldungen selbst ein wenig hetzt. Fakt bleibt aber, dass die Besetzung des Cheftrainerpostens neben der Auswahl der Spieler die wichtigste Personalie in einem Profi-Klub ist. Und diese Aufgabe kann man seriös nicht in drei Tagen erledigen. Denn ich möchte mit den Kandidaten in aller Regel zwei, drei Gespräche führen und diese Gespräche auch sacken lassen können. Was übrigens in der Regel auch der Wunsch der Gegenseite ist. Also darf man sich von den Medien nicht treiben lassen.

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VfB Stuttgart, 1. FC Nürnberg
News

Neuer Trainer, altes Problem - Club weiter sieglos

Der 1. FC Nürnberg entführt beim Debüt von Trainer Gertjan Verbeek einen Punkt aus Stuttgart, wartet aber weiter auf den ersten Dreier. Die Anfangsphase verläuft turbulent.

  • 26.10.2013
  • 14:17 Uhr

ran.de: Nimmt die Boulevardisierung auch der klassischen Fußballmedien zulasten sachlicher Berichterstattung zu?

Bader: So könnte man das sehen, ich beklage das aber nicht. Berichterstattung ist heute im Positiven wie bisweilen im auch im Negativen nun einmal sehr schnell. Daran müssen wir uns gewöhnen und haben deshalb beim "Club" zum Beispiel für die sozialen Medien zwei Mitarbeiter zusätzlich eingestellt. Ich selbst greife aber trotzdem immer wieder auch auf klassische Arbeitsweisen zurück, etwa indem ich mich an den Schreibtisch setze und mir ein weißes Blatt Papier nehme, um Argumente und Ideen auch einmal handschriftlich zu skizzieren. Ebenso ziehe ich ein persönliches Gespräch einem Telefonat, sei es auch per Skype, immer vor. Man muss sich erlauben, auch mal Traditionalist zu sein.

ran.de: Stichwort "Sachlichkeit": Gerade als die Medien die ruhige, sachliche Art von Michael Wiesinger endlich zu akzeptieren schienen, kam für ihn das Aus. Ist Wiesinger letztlich auch an dieser ruhigen, sachlichen Art gescheitert?

Bader: Grundsätzlich ist Sachlichkeit in Kombination mit Fußballsachverstand ein äußerst positiver Charakterzug, der uns immer gefallen hat. Jeder Verein wünscht sich idealerweise doch einen Trainer, der aus den eigenen Reihen kommt, und von dem man weiß, dass Identifikation und Einstellung perfekt passen. Die Rückrunde unter Michael mit 24 Punkten gehörte zur erfolgreichsten des 1. FC Nürnberg. Doch während der Vorbereitung auf die neue Saison ist das Gefühl aufgekommen, dass das alles nicht mehr in die Bewertung eingeflossen ist. Wir haben uns häufiger gefragt, warum Michael so wenig Kredit bekommt, verbunden mit der Zuversicht, dass man es Michael zugetraut hat, auch schwierige Phasen zu meistern. Das ist für mich nicht nachvollziehbar gewesen. Leider sind nach den Spielen gegen Augsburg und Braunschweig die Zweifel im Umfeld noch weiter gewachsen. Dennoch haben wir uns in dieser Phase immer aus voller Überzeugung zu dieser Trainerkonstellation bekannt.

ran.de: ...und nach dem 0:5 gegen den HSV war Wiesingers Kredit endgültig aufgebracht.

Bader: Am Ende bleibt Profi-Fußball immer ein Ergebnissport. Das müssen wir akzeptieren. Wir sind nun einmal nicht wie manch anderer Verein und können sagen "Gut, dann steigt man eben einmal ab und kommt so schnell wie möglich zurück." Dieses Denkmuster gibt es in Nürnberg nicht. Der 1. FC Nürnberg muss in der Bundesliga spielen. Und die Art und Weise, in der wir gegen den HSV verloren haben, hat uns bewusst gemacht, dass es nun für Michael wahnsinnig schwierig werden würde. Wir haben in acht Spielen unter ihm keinen Sieg einfahren können und sind in der 1. Runde des DFB-Pokals ausgeschieden. Wir mussten im Sinne der Mannschaft und im Sinne des Vereins entscheiden. Aber ich gebe gerne zu, dass mir persönlich diese Entscheidung sehr schwer gefallen ist.

ran.de: Hat Wiesinger auch die Suspendierung von Hanno Balitsch geschadet?

Bader: Das glaube ich nicht. Michael ist niemand, der aus Aktionismus Entscheidungen trifft. Nach dem Spiel gegen Braunschweig hat er ausschließlich aus sportlichen Gründen entschieden, dass auf der Sechser-Position etwas verändert werden muss. Und mein Grundsatz ist, dass ich den jeweiligen Cheftrainer in seinen Entscheidungen hundertprozentig unterstütze, wenn diese Entscheidungen einer nachvollziehbaren Logik folgen. Und das war hier der Fall.

ran.de: Wird Balitsch unter Verbeek dennoch eine Chance bekommen?

Bader: Unsere Entscheidung ist nicht in Stein gemeißelt, und es wird ein Gespräch zwischen Hanno und Gertjan Verbeek geben. Danach wird die Situation neu bewertet.

ran.de: Am Samstag kommt es zum Krisengipfel gegen den ebenfalls noch sieglosen SC Freiburg - ist ein Sieg Pflicht?

Bader: Wenn es der 34. Spieltag wäre, würde ich das bejahen. Ist es aber nicht. Ich habe mit Gertjan Verbeek das Spiel der Freiburger gegen den HSV gesehen. Dieses Spiel hat wieder einmal gezeigt, wie sehr Erfolg oder Misserfolg auch an Kleinigkeiten und Zufällen hängen können. Natürlich wollen wir gegen Freiburg (ab 15:00 Uhr im Liveticker) gewinnen. Und selbstverständlich wissen wir auch, dass die Spiele im Tabellenkeller gegen unmittelbare Konkurrenten besonders wichtig sind. Trotzdem wäre es fatal zu sagen "Gewinnen wir gegen Freiburg nicht, dann geht hier etwas kaputt". Wir nehmen Freiburg sehr ernst. Der SC ist ein verdammt guter Gegner und mit Christian Streich mittlerweile auch erfahren genug, um solche schwierigen Situationen meistern zu können. Wir müssen den Spagat schaffen zwischen einerseits dem Druck, den unsere Situation mit sich bringt, und andererseits der Lockerheit, die daraus resultiert, dass wir zu Hause spielen können. Da wäre es völlig verkehrt, den Druck auch noch von innen zu erhöhen. Denn dann könnte die Mannschaft allzu leicht verkrampfen.


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