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Sebastian Kehl im Interview: "Möchte mein letztes Jahr bewusst genießen"

  • Aktualisiert: 29.07.2014
  • 18:57 Uhr
  • Interview: ran.de/Andreas Kötter
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© imago
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Sebastian Kehl geht in seine letzte Saison als Profi. Im Exklusiv-Interview mit ran.de spricht der langjährige Mannschaftskapitän von Borussia Dortmund über seine Empfindungen, die Entwicklungen im Profi-Fußball in den vergangenen 15 Jahren, den Verlust von Robert Lewandowski und die Ziele des BVB.

ran.de: Herr Kehl, Sie gehen in Ihre letzte Saison als Profi. Lassen Sie jetzt bereits jetzt ein wenig Wehmut zu?

Sebastian Kehl:Ich habe diese Entscheidung bewusst schon vor einiger Zeit getroffen, so dass ich mich in aller Ruhe damit auseinanderzusetzen konnte. Ich laufe also sicher nicht über den Platz und habe stets den Juni 2015 im Kopf. Das würde der tägliche Rhythmus, ob aktuell im Trainingslager oder später im Spielbetrieb, gar nicht zulassen. Aber ich möchte alles, was auf mich zukommt, jetzt noch einmal ganz bewusst erleben und genießen.

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ran.de: Sie sind gerade einmal 34 Jahre alt. Fühlt man sich dennoch richtig alt angesichts solcher Jungspunde wie Erik Durm oder Matthias Ginter?

Kehl: Zumindest kann man sagen, dass ich mittlerweile im - für einen Fußballprofi - gehobenen Alter bin, und dass es wohl nicht allzu viele Profis gibt, die in meinem Alter noch auf diesem Niveau spielen. Und in der Bundesliga gibt es wohl nicht mehr viele, die so lange dabei sind wie ich. Aber auch der Lebensabschnitt als Fußballprofi ist nun mal endlich. Umso mehr hoffe ich darauf, dass ich auch nach der aktiven Karriere noch viele spannende Dinge tun und erleben werde.

ran.de: Noch vor einigen Jahren war es etwas Besonderes, wenn ein 20-Jähriger in der Bundesliga aufgetaucht ist, nun gehören 18-, 19-Jährige wie selbstverständlich zur Stammelf. Haben es die Älteren heute schwerer, ihren Status zu wahren?

Kehl: Es ist in den vergangenen Jahren zunehmend zu beobachten gewesen, dass es viele Jungs schon in sehr frühen Jahren in den Profi-Bereich schaffen. Die jungen Spieler sind heute viel weiter als noch vor zehn Jahren. Sie verfügen über eine bessere Ausbildung, sind körperlich weiter und bekommen folgerichtig schon früh die Chance, zu zeigen, was sie können. Sicherlich haben sich damit auch die Hierarchien in einer Mannschaft etwas verändert. Konkurrenzkampf gab es aber immer, und das wird auch weiter so sein. Wichtig ist, dass der respektvolle, faire Umgang miteinander immer gegeben ist. Übrigens: Bei uns ist es immer noch so, dass die jungen Spieler das Wasser mit auf den Platz bringen oder die Tore tragen (lacht).

ran.de: Ist der Fußball während Ihrer 16 Profi-Jahre besser oder einfach nur schneller und athletischer geworden?

Kehl: Ich denke schon, dass der Fußball heute eine andere Qualität hat als der von vor zehn oder fünfzehn Jahren. Auch die Typen haben sich verändert, auf dem Platz wie auf der Trainerbank. Damit ist auch eine andere Philosophie eingekehrt, und es tut sich auch weiterhin sehr viel. Trotzdem wird das Spiel heute wie früher oft durch individuelle Leistungen entschieden. Und auch Standardsituationen sind nach wie vor wichtig, vor allem in engen Duellen, wie die WM gerade erst gezeigt hat.

ran.de: Unabhängig vom Spiel auf dem Rasen: Ist es heute, wo man sich häufig wie in einer Grauzone zwischen realer und virtueller Welt bewegt, schwieriger, Fußball-Profi zu sein?

Kehl: Jeder kann und muss für sich selbst entscheiden, inwieweit er zum Beispiel an sozialen Netzwerken teilnimmt oder dort gar sein Leben der Öffentlichkeit öffnet. Das mag eine Typ- oder auch eine Altersfrage sein und damit eine Frage der Erfahrung. Die Anforderungen an einen Profi-Fußballer haben sich also definitiv geändert. Dennoch glaube ich nicht, dass es heute schwieriger ist als vor 15 Jahren, als ich begonnen habe. Die Dinge sind heute anders, einfach nur anders. Ob das positiv oder negativ ist, muss jeder für sich selbst entscheiden.

ran.de: Was nehmen Sie sich persönlich vor für Ihre letzte Saison?

Kehl: Ich möchte so viel Spaß haben wie möglich, bin aber nach wie vor auch ehrgeizig genug, um auf möglichst viele Einsätze zu hoffen. Es wird wohl ein emotionales Jahr, das zum Ende hin vielleicht ein wenig schwierig für mich werden könnte. Aber ich beschäftige mich damit heute noch nicht, gebe wie immer in meiner Karriere bis zum Ende alles und dann werde ich sehen, ob ich in diesem Jahr noch mal dafür belohnt werde.

ran.de: Nach einer WM oder EM haben häufig die Teams Schwierigkeiten, die besonders viele Spieler an die jeweiligen Nationalmannschaften abgestellt haben. Befürchten Sie Probleme für den BVB?

Kehl: Es ist sicher für die eine oder andere Mannschaft - und dazu zähle ich uns auch - nicht ganz einfach, damit klar zukommen, dass wichtige Spieler erst nach und nach in die Vorbereitung einsteigen. Damit fehlt vorerst die Möglichkeit, sich als komplettes Team auf gewisse Situationen einzustellen. Wegen der vielen abgestellten Spieler leiden die Bayern und auch der BVB in diesem Jahr ganz besonders. Andererseits ist es folgerichtig, dass die beiden besten deutschen Vereine der vergangenen Jahre die meisten Nationalspieler stellen. Da gibt es nichts, worüber man sich beklagen sollte. Als Ausrede darf die WM jedenfalls nicht gelten. Ich bin aber ohnehin sicher, dass wir das gut hinbekommen.

ran.de: Mit Robert Lewandowski hat einer der besten Stürmer der Welt den BVB verlassen, mit Ciro Immobile, Adrian Ramos und Matthias Ginter wurden Topspieler geholt. Ist der BVB trotz des Verlustes von Lewandowski in der Breite sogar besser aufgestellt?

Kehl: Das Loch, das Roberts Weggang reißt, mag vielleicht nicht gleich im ersten Moment zu schließen sein. Ich bin aber überzeugt, dass wir sehr gute Transfers getätigt haben, um schnellstmöglich wieder eine sehr gute Rolle zu spielen. Die Rahmenbedingungen sind in dieser Saison ebenso gut wie in den vergangenen Jahren, und wir haben alle Möglichkeiten, um erneut erfolgreichen Fußball zu zeigen.

ran.de: Wie ist Ihr erster Eindruck von Ciro Immobile?

Kehl: Ciro macht auf mich einen sehr guten Eindruck. Er zeigt sich sehr engagiert, ist griffig und geht auf die Kollegen zu. Und man sieht schon im Training, dass er einer ist, der den Torriecher hat.

ran.de: Bayer-Manager Rudi Völler hat gesagt, der BVB wolle die Bayern jagen, Leverkusen den BVB. Müssen aber nicht alle Bayern-Verfolger, wenn nicht sogar die Bayern selbst, gerade auch auf den VfL Wolfsburg schauen?

Kehl: Wir sind auf keinen Fall so selbstgefällig zu sagen 'Es geht nur um uns und um die Bayern!'. Auch in dieser Saison wird es einen ganz harten Fight um die Champions League-Plätze geben. Mit Leverkusen, aber auch mit Schalke und natürlich Wolfsburg, um nur drei Anwärter zu nennen, haben wir große Konkurrenz und Mannschaften im Rücken, die teilweise sehr stark investiert haben und sich ebenso vorne festsetzen wollen wie wir. Die Bayern sind erneut Favorit, aber ich vertraue darauf, dass die Saison für alle Fans hochspannend wird.


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