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Louis van Gaal: Kein Schock, nur Aufräumarbeiten

  • Aktualisiert: 28.08.2014
  • 17:27 Uhr
  • ran.de / Rainer Nachtwey
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© imago
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Am Tag, als Manchester United mit der Verpflichtung von di Maria Geschichte schreibt, erlebt Louis van Gaal bei Drittligist Milton Keynes ein Debakel. Der Niederländer hofft auf den Robben-Effekt.

München - Eigentlich hätte es ein so schöner Tag werden können für Louis van Gaal und Manchester United. Der Wechsel von Angel di Maria ist perfekt, ein Zweitrundenspiel gegen den Drittligisten Milton Keynes, mit dem der Niederländer all seine Sorgen des missratenen Saisonstarts mit einem Punkt aus zwei Spielen vergessen kann.

Es hätte schön werden können. Stattdessen wurde es zum Höllentrip. 0:4. In Worten: Null zu Vier.

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Team mit Wochenlohn Wayne Rooneys

Auf der einen Seite eine Truppe, die gerade die Rekordsumme von 59,7 Millionen Pfund (ca. 75 Millionen Euro) in einen Spieler investiert hat, das ist die mit der Null. Auf der anderen Seite eine Mannschaft, dessen Marktwert - vor dem Spiel - bei rund 250.000 Pfund lag, was in etwa dem Wochenlohn von Wayne Rooney entspricht. Das ist die mit der Vier.

Kein Wunder also, dass am Mittwochmorgen Schlagzeilen die englischen Zeitungen zierten, von denen "beschämend" und "erniedrigend" noch die harmlosesten waren. "Van Gaals United von kleinem Fisch gedemütigt", titelte zum Beispiel der "Mirror".

Spötter zogen bei Twitter und Facebook Vergleiche zum entlassenen Vorgänger David Moyes, selbst Edin Dzeko von Stadtrivale City machten sich über United lustig (Die Reaktionen im Netz).

Nur de Gea in der Startelf

Aber Louis van Gaal wäre nicht Louis van Gaal, hätte er nicht gleich eine Erklärung parat - selbst für ein 0:4-Ausscheiden gegen einen Drittligisten, der eigentlich nur dadurch bekannt ist, weil in der Stadt die Produktionsstätte des Formel-1-Rennstalls Red Bull liegt.

"Bin ich geschockt? Nein, weil ich weiß, was passieren kann", sagte van Gaal lapidar. Schließlich habe er ja auch die Mannschaft auf allen Positionen im Vergleich zum Punktgewinn bei Sunderland verändert. Einzig Keeper David de Gea blieb noch aus der Startelf übrig.

"Wir hatten neun Verletzungen und mussten innerhalb von 48 Stunden wieder ran. Also musste ich der zweiten Mannschaft und den Jugendspielern eine Chance geben", begründete van Gaal seine Maßnahmen.

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Youngster fehlt Unterstützung

Nicht geschockt? Sieht man sich die Bilder seines Gesichts während der Partie an, sprechen sie eine andere Sprache. Zunächst noch gestikulierend verfolgte er die Begegnung nach dem 0:2 nur noch mit versteinerter Miene. Vielleicht noch kurz an der Nase kratzend, mehr nicht.

Seine Maßnahme auf junge Spieler zu setzen, ging vollauf in die Hose. Zumal die Youngsters wie Michael Keane, Reece James und Marnick Vermijl keine Unterstützung seitens der erfahrenen Jonny Evans, Javier Hernandez oder Danny Welbeck erhielten.

Vogelwild und haarsträubende Fehler

Ganz im Gegenteil. Sieht man sich die vogelwilde Defensive und die haarsträubenden Fehler vor den Gegentoren an, müssen sich die United-Verantwortlichen hinterfragen, ob die 75 Millionen Euro für di Maria nicht besser in zwei, drei Defensivspieler investiert worden wären.

Egal ob beim 0:1, als Evans Will Grigg völlig unbedrängt den Ball direkt in den Fuß spielte, oder beim 0:4, als Benik Afobe durch die Hintermannschaft spazieren durfte, als wäre ihm freies Geleit zugesichert worden.

Auch Shinji Kagawa enttäuschte auf ganzer Linie und dürfte bei van Gaal einen ähnlichen schweren Stand haben wie unter van Gaals Vorgängern Moyes und United-Legende Sir Alex Ferguson.

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Hoffen auf den Robben-Effekt

Vielleicht erhofft sich van Gaal von di Maria aber auch jenen Effekt, der ihn schon bei seiner ersten Saison beim FC Bayern geholfen hatte. Damals war trotz großer Rufe nach Verstärkung für die Defensive mit Arjen Robben eine Offensivkraft kurz vor Transferschluss verpflichtet worden.

Wie sehr van Gaal darauf setzt, kann man an seinen Worten erahnen, als er sagte: "Als ich bei Bayern München war, habe ich auch Arjen Robben gekauft."

Durch van Gaals Landsmann gewann der Angriff an Qualität, nahm Last von der Defensive, spielte sich so sogar ins Champions-League-Finale. "Mit di Maria hat van Gaal jetzt seinen Robben bei ManUtd", twitterte Spanien-Experte und 1990-Weltmeister Bodo Illgner und setzt den Meister der Bescheidenheit - wie van Gaal bei Bayern mal mit vor Sarkasmus nur so triefenden Worten beschrieben wurde - gehörig unter Druck.

Fans dürfen Glauben nicht verlieren

Aber van Gaal wiegelt ab. Er sieht sich nicht unter Druck, schließlich leitet er im Moment noch Aufräumarbeiten, wie er es bezeichnet. "Ich habe eine kaputte Mannschaft übernommen", hatte er vor kurzem gesagt, "es wird noch zwei, drei Monate dauern, bis meine Maßnahmen greifen."

Dabei war van Gaal nach dem Auftreten der Niederlande bei der WM als neuer Heilsbringer in der englischen Presse bejubelt worden. Ein größerer Trainer als Jose Mourinho sei er.

Wenige Wochen später ist davon nichts mehr zu hören. Nur ein beschwichtigender van Gaal. Von den "zwei, drei Monaten" will er nun nichts mehr wissen: "Die Fans dürfen den Glauben in unsere Philosophie nicht verlieren. Wir bauen hier ein Team auf. Das geht nicht in einem Monat, nicht einmal in einem Jahr."

Auf United warten also weitere Höllentrips, die schönen Tage müssen noch warten.


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