Anthony Joshua vs. Wladimir Klitschko
Vor dem Fight gegen Joshua: Klitschkos versteckte Psycho-Tricks
- Aktualisiert: 16.12.2016
- 13:58 Uhr
- ran.de/Carolin Blüchel
Am 29. April kommt es zum Mega-Showdown zwischen IBF-Weltmeister Anthony Joshua und Ex-Champion Wladimir Klitschko: Es ist ein Duell zwischen Freunden - auf den ersten Blick.
München - Kein Säbelrasseln, keine hasserfüllten Blicke, keine durch die Luft fliegenden Tische. Der erste Medientermin von Weltmeister Anthony Joshua und Herausforderer Wladimir Klitschko verlief so surreal harmonisch, dass sich die skandalerprobte englische Presse verwundert die Augen rieb.
Der alte und der neue Schwergewichts-Champion so zahm wie zwei Schoßhündchen. Irgendwie eine willkommene Abwechslung. Aber insgeheim sah sich der ein oder andere Schreiberling um seine Schlagzeile gebracht.
"Sucht euch ein Zimmer"
Im Netz schäumte die Konkurrenz vor Wut angesichts der gegenseitigen Sympathiebekundungen der beiden Protagonisten. "Sucht euch doch ein Zimmer", tönte Skandal-Boxer David Haye auf Twitter. Der gefallene Weltmeister Tyson Fury lederte, "nur Waschlappen treten so demütig auf". Boxen? Pah! Eiskunstlaufen!
Joshua und Klitschko ließen sich davon nicht beeindrucken. Scheinbar. AJ zollte brav Respekt. Der Altmeister beteuerte sogar: "Wir sind sozusagen Freunde." Und: "Wenn AJ gewinnt, werde ich ihm gratulieren. Wenn ich gewinne, werde ich ihm helfen, zurückzukommen – meinem kleinen Kumpel."
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Vom Sparringspartner zum Rivalen
"Little Bro". So nennt Klitschko seinen 14 Jahre jüngeren Kontrahenten seit ihrer ersten Begegnung 2014. Damals hatte Dr. Steelhammer Olympiasieger Joshua ins Trainingscamp nach Going eingeladen. Der unerfahrene Engländer war einer von sieben Sparringspartnern, die Klitschko auf sein Duell mit dem Bulgaren Kubrat Pulev vorbereiten sollten.
Joshua hatte einen bleibenden Eindruck hinterlassen – auch weil er jeden Tag länger im Trainingsraum verbracht hatte als der damalige Champion selbst. "Er wird einmal mein Nachfolger", hatte Klitschko prophezeit.
Showdown vor 90.000 Zuschauern
Dass sie tatsächlich einmal gegeneinander kämpfen würden, hätte der 40-Jährige angesichts des enormen Altersunterschieds aber niemals erwartet. Schließlich wurde Klitschko erstmals Weltmeister, acht Jahre bevor Joshua zum ersten mal überhaupt die Boxhandschuhe überzog.
Das Schicksal wollte es anders. Am 29. April kommt es im legendären Londoner Wembleystadion vor 90.000 Zuschauern zum wohl größten Schwergewichtskampf des Jahrzehnts. Es geht um Joshuas IBF-Gürtel und den Titel des WBA-Superchampions. Und Klitschko? Er nennt den Champion weiterhin konsequent "Little Bro". Und das sicher nicht ohne Hintergedanken.
Versteckte Seitenhiebe
Klitschko ist mit allen Wassern gewaschen. Er suggeriert Joshua damit, dass es in seinen Augen eben KEIN Treffen auf Augenhöhe ist. Dass er selbst viel mehr Erfahrung hat.
Und Klitschko spielt mit diesen beiden scheinbar unbedeutenden Worten darauf an, dass AJ in seinen 18 Profi-Kämpfen bislang keinen Weltklasse-Gegner besiegte - alles natürlich unter dem Deckmantel der Freundschaft. Es ist, wenn man so will, ein raffinierter Versuch psychologischer Kriegsführung, der allerdings bei Joshua ins Leere läuft.
"Ich denke, Klitschko tut das mit Berechnung. Er hat mich seinen kleinen Bruder genannt als ich beim ihm im Trainingslager war und es nicht absehbar war, dass wir jemals aufeinandertreffen. Jetzt kämpfen wir und er sagt es immer noch. Das merke ich schon. Aber es berührt mich nicht. Er kann mich so bis in alle Ewigkeiten nennen. Und wenn ich ihn dann in einer Runde vermöble, dann ist das alles nicht mehr relevant. Ich kann in einer Nacht vom Weltmeister zur Legende werden", schoss Joshua zurück und setzte sein freundlichstes Lächeln auf.
Glaubt man den Buchmachern, stehen die Chancen für den englischen Shootingstar gut. Wahrscheinlichstes Szenario: Ein Knockout-Erfolg in den Runden fünf bis acht und die Rente für den "Big Bro".