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Julia Görges: Das ist mein neues Erfolgsgeheimnis

  • Aktualisiert: 10.06.2015
  • 12:56 Uhr
  • ran.de / tennis.de / Dominik Hechler
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Julia Görges erreichte bei den French Open als beste Deutsche das Achtelfinale und bestätigte damit ihr bislang sehr ordentliches Tennis-Jahr 2015. Im exklusiven Interview mit ran.de und tennis.de spricht Görges unter anderem über ihren Erfolg in Paris, ihre ambitionierten Ziele für dieses Jahr, was sie jetzt mental und spielerisch alles anders macht als früher und warum sie kein Doppel mehr mit Anna-Lena Grönefeld spielt.

ran.de/tennis.de: Frau Görges, Sie haben bei den French Open mit starken Leistungen als beste deutsche Spielerin das Achtelfinale erreicht und ausgerechnet gegen Sara Errani Ihr wohl schwächstes Tennis in Paris gezeigt. Wie groß ist die Enttäuschung über diese Niederlage? 

Julia Görges: "Eine gewisse Enttäuschung ist bei Niederlagen ja immer da. Aber ich war vor allem enttäuscht darüber, dass ich gegen Sara Errani das mit Abstand schwächste Match während der French Open gespielt habe – ausgerechnet im Achtelfinale. 

Man darf aber auch nicht vergessen, dass Errani auf Sand eine sehr unangenehme Gegnerin ist. Mit ein bisschen Abstand betrachtet, muss ich aber schon feststellen, dass die French Open ein sehr positives Turnier für mich waren. 

Denn wenn vor der Saison jemand gesagt hätte, dass ich bei den Australian Open und French Open jeweils das Achtelfinale erreiche, hätte ich sofort gesagt: Nehme ich. (lacht)"

ran.de/tennis.de: Welchen Stellenwert hatte der beeindruckende Sieg gegen Top-Spielerin Caroline Wozniacki bei den French Open im Zusammenhang mit den ehrgeizigen Zielen, die Sie sich selbst vor dieser Saison gesteckt haben? 

Görges: "Schon einen großen Stellenwert. Denn ich hatte zuvor noch nie eine Top-Fünf-Spielerin bei einem Grand-Slam-Turnier geschlagen. Das war schon sehr gut für mich. 

Und auch die Situation, auf dem Center Court gegen Caroline zu spielen und zu gewinnen, war für mich enorm emotional. Nicht nur wegen der Zuschauer, sondern aufgrund der Tatsache, schon in der zweiten Runde eines Grand Slams auf so eine Spielerin zu treffen und sie letztendlich sogar zu besiegen. So etwas gibt einem viel Selbstvertrauen für die kommenden Aufgaben."

ran.de/tennis.de: Sie haben bei den Australian Open und den French Open das Achtelfinale erreicht. Bei den WTA-Turnieren lief es eher durchwachsen. Woran liegt es, dass Sie ausgerechnet bei den Grand Slams Ihr bestes Tennis spielen? 

Görges: "Ich bin meiner Meinung nach einfach eine gute Grand-Slam-Spielerin. Leider hatte ich in der Vergangenheit keine guten Auslosungen gehabt, mich aber trotzdem immer irgendwie durchgespielt. Das zeigt ja, dass eine gewisse Qualität vorhanden ist. 

Bei den anderen Turnieren waren Matches dabei, die ich mit Matchbällen noch verloren habe. Wenn ich die gewinne, weiß man auch nicht, wie es letztlich ausgeht. Es waren jedenfalls in diesem Jahr noch keine Spiele dabei, in denen ich einen kompletten Totalausfall hatte. Auch gegen Errani in Paris war es sicherlich nicht gut, aber es war auch nicht unterirdisch schlecht. 

Und deswegen bin ich insgesamt mit meinen Leistungen, die ich in der bisherigen Saison 2015 gezeigt habe, absolut zufrieden."

ran.de/tennis.de: Sie sind mit drei ambitionierten Zielen in diese Saison gestartet: Rückkehr in die Top-20 der Weltrangliste, Sieg im Fed Cup und die Masters-Qualifikation im Doppel mit Anna-Lena Grönefeld. Ein Ziel können Sie ja jetzt schon streichen … 

Görges: " … ich kann sogar zwei streichen. Den Fed Cup können wir ja leider nicht mehr gewinnen und mit Anna-Lena spiele ich kein Doppel mehr …"

ran.de/tennis.de: Warum das? 

Görges: "Es war einfach alles nicht mehr so richtig miteinander vereinbar. Anna-Lena ist eine reine Doppel-Spielerin und man muss sehr viel Training fürs Doppel investieren. Und da ich sehr viel und vor allem Einzel spiele, ist es für mich immer sehr schwierig, auch noch ein Doppel-Training unterzubringen. Und da war es dann fairer zu sagen: Spiel' lieber mit einer anderen Doppel-Spielerin, die das entsprechende Pensum auch wirklich leisten kann."

ran.de/tennis.de: Inwiefern beschäftigt Sie diese Fed-Cup-Niederlage in Russland noch? 

Görges: "Vor allem die erste Woche danach, als wir alle das Turnier in Stuttgart gespielt haben, hat uns noch mitgenommen und sehr viel Energie gekostet. Aber jetzt ist ja bereits die neue Auslosung für das kommende Jahr draußen und deswegen sollte man mit der Niederlage in Sotschi auch mal abschließen."

ran.de/tennis.de: Von drei Zielen bleibt Ihnen jetzt also nur noch eines übrig: die Rückkehr in die Top-20 der Weltrangliste. Ist das nach wie vor ein realistisches Ziel? 

Görges: "Definitiv. Wenn ich weiter konstant meine Leistungen bei den WTA-Turnieren und den Grand-Slams bringe, ist das auf jeden Fall möglich. In der Rangliste "Road-to-Singapore" rangiere ich aktuell zwischen 30 und 35, was zeigt, dass die Richtung auf jeden Fall stimmt und ich auf dem richtigen Weg bin."

ran.de/tennis.de: Sie haben vor der Saison bei uns im Interview gesagt, dass Sie endlich wieder Ausrufezeichen setzen und besseres Tennis spielen wollen. Das ist Ihnen zum Teil ja auch gelungen. Was machen Sie dieses Jahr anders als vielleicht noch vergangene Saison? 

Görges: "Erst einmal ist das die Art und Weise, wie ich auf dem Platz stehe. Ich fokussiere mich stärker auf mich selbst. Ich versuche, jeden Punkt zu spielen und nicht so sehr aufs Resultat zu schauen. Es geht einfach darum, das zu spielen, was ich mir vorgenommen habe und nicht das, was mir von der Gegnerin aufgezwungen wird. Ich will mich mit meinem Spiel identifizieren können. 

Natürlich könnte ich einen Ball hundert Mal ins Feld spielen, aber das ist nicht mein Spiel. Ich bin eine aggressive Spielerin, mache viele Fehler, aber auch genug Gewinnschläge. Das ist mein Spiel und dazu stehe ich." 

ran.de/tennis.de: Sie wirken auf dem Platz jetzt auch deutlich lockerer als früher … 

Görges: " … das ist zum Teil so. Je älter man wird, desto mehr versteht man auch den Sport. Wenn man jung ist, will man unbedingt und um jeden Preis gewinnen. Man versteht leider nicht, dass es einen langfristig deutlich weiterbringen würde, wenn man einfach sein Spiel durchzieht. 

Das hat sich mit den Jahren und der Erfahrung, vor allem aber durch meine hartnäckige Handgelenksverletzung, nun geändert. Ich habe in dieser Zeit nicht mein Spiel und auch nicht mich selbst gefunden und dadurch sehr viele Niederlagen einstecken müssen. Und es gehört eben auch ein gewisser Spaß dazu. Denn es ist nicht die Normalität, dass man sein Hobby zum Beruf machen und dieses spezielle Leben leben kann. Das ist schon etwas Außergewöhnliches. Deshalb sollte man diese Zeit auch genießen und nicht verschwenden. Zumal es nur ein kleiner Abschnitt im Leben ist."

ran.de/tennis.de: Ist diese Erkenntnis das Resultat eines Lernprozesses? 

Görges: "Das ist sicherlich ein Lernprozess, kommt aber auch durch die Erfahrungen, die ich gemacht habe. Und so weiß man solche Momente wie jetzt in Paris gegen Caroline Wozniacki deutlich mehr zu schätzen." 

ran.de/tennis.de: Auf der Profi-Tour steht nun die Rasensaison vor der Tür. Kommt bei Ihnen nach dem Achtelfinale bei den Australian Open und den French Open nun auch das Achtelfinale von Wimbledon? 

Görges: (lacht) "Nee nee, bis dahin ist es schon noch ein richtig langer Weg. Ich bin in London ja keine gesetzte Spielerin und muss mit einer harten Auslosung rechnen. Aber man sieht bei den Grand Slams ja immer wieder, was so alles möglich ist und wer letztendlich alles um den Turniersieg mitspielt. Jeder kann jeden schlagen und somit in einem Grand-Slam-Finale stehen. Und das macht unseren Sport ja noch interessanter und spannender."

ran.de/tennis.de: Und es macht Ihnen persönlich doch sicherlich auch Mut, oder? Denn eine Lucie Safarova hätte vorher ja auch niemand im French-Open-Finale erwartet … 

Görges: "Das ist definitiv richtig. Und das gibt letztlich jedem Spieler auf der Tour das Gefühl, dass man die Top-Stars schlagen kann. Es sind ja auch nur Menschen. Außerdem weiß man, wofür man hart arbeitet, um genau solche Momente zu erleben, wie es nun in Paris Lucie vergönnt war."


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