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Bo Svensson im ran-Interview: "Barcelona ist ein Beispiel dafür, woran es im Fußball krankt"

  • Aktualisiert: 27.08.2021
  • 17:24 Uhr
  • Andreas Kötter / ran
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© imago
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Mit einer nicht für möglich gehaltenen Aufholjagd führt Bo Svensson den 1. FSV Mainz in der vergangenen Bundesliga-Saison noch zum Klassenerhalt. Aich in der neuen Spielzeit gelingt ihm ein weiterer Coup unter widrigsten Bedingungen. Im ran-Interview spricht der dänische Trainer über seine Rolle, die Mainzer Aussichten und die Superreichen.

München/Mainz - Als Bo Svensson im vergangenen Winter das Traineramt beim 1. FSV Mainz 05 übernahm, war der Klub mit gerade einmal einer Handvoll Punkte so gut wie abgestiegen. Dann aber führte der Däne seine Elf auf Platz fünf in der Rückrundentabelle und zur besten Halbserie der Vereinsgeschichte.

Im ran-Interview spricht Svensson vor dem 3. Spieltag darüber, was die DNA eines Klubs ausmacht, er nennt die Krankheitssymptome des Profi-Fußballs beim Namen und er erklärt, warum VfL Bochum gegen 1. FSV Mainz 05 genauso wichtig ist wie Manchester City gegen Paris St. Germain.

ran: Herr Svensson, weil Ihnen wegen Quarantäne zum Auftakt eine komplette Elf fehlte, titelte der "Kicker" nach dem Mainzer Sieg über RB Leipzig mit "Drei Punkte ohne 11". War das schon wieder die Mentalität, die in der vergangenen Rückrunde die beste Halbserie der Klub-Geschichte möglich gemacht hat?

Bo Svensson: Ich würde gern Ja sagen, aber meine ehrliche Antwort ist, dass ich es nicht weiß. Die knapp zwei Wochen ohne die Hälfte der Mannschaft, das war eine so extreme Zeit, dass ich keine Vergleiche anstellen möchte. Ich habe so etwas noch nie erlebt und hoffe auch, dass ich es nie wieder erleben muss.

ran: Also war es eine ganz außergewöhnliche Leistung?

Svensson: Natürlich war dieser Sieg etwas ganz Besonderes. Nicht nur, weil RB ein Top-Gegner ist, den wir schlagen konnten. Erstmals waren auch wieder Fans im Stadion, und, wie schon gesagt, die Hälfte der Mannschaft stand nicht zur Verfügung. Das war für uns alle sehr fordernd, und deswegen möchte ich dieses Spiel eher isoliert betrachten.

ran: Wie bewerten Sie dann die folgende Niederlage beim VfL Bochum? Es schien, als habe der Aufsteiger da die Rolle eingenommen, die Ihre Mannschaft noch gegen Leipzig innehatte?

Svensson: Natürlich haben einige nach dem Spiel gesagt: "Wer ohne die Hälfte der Mannschaft Leipzig schlägt, der darf in Bochum nicht verlieren." Diese Betrachtungsweise ist mir aber zu oberflächlich. Was wir in Bochum abgeliefert haben, war einfach nicht gut, keine Frage. Aber das hatte auch Gründe. So war die Woche vor dem Bochum-Spiel kaum anders als die vor Leipzig. Die Jungs, die gegen Leipzig fehlten, standen auch gegen Bochum erst 24 Stunden vor dem Spiel wieder zur Verfügung - nachdem sie zwei Wochen nicht trainiert hatten. Im Übrigen sollte man auch erwähnen, dass der VfL einfach sehr gut gespielt hat.

ran: Als Sportchef Christian Heidel, Sportdirektor Martin Schmidt und Sie im vergangenen Winter nach Mainz zurückkehrten, lag der FSV seit Monaten am Boden, und mit gerade einmal sechs Punkten schien der Abstieg kaum noch zu vermeiden. Dass es doch gelungen ist, zeigt das nicht, dass die viel zitierten Mainzer Tugenden weniger Teil der Klub-DNA sind, als von den Verantwortlichen abhängen?

Svensson: So sollte es im Optimalfall natürlich nicht sein. Personen kommen und gehen, der Verein und das, wofür er steht, aber bleibt. Und hoffentlich sind die Tugenden, die gefragt sind, tief in der DNA verwurzelt. Wenn wir drei irgendwann vielleicht einmal weg sind, dann mag es sein, dass unsere Nachfolger ein paar eigene Gedanken einfließen lassen. Die Grundtugenden aber, die ich als Spieler bereits vor 15 Jahren unter "Kloppo" (Jürgen Klopp, d. Red.) erlebt habe, die sind hoffentlich auch in 15 Jahren noch vorhanden. Dass sich das Spiel selbst sowie die Branche weiter entwickelt, das ist klar. Die Werte aber, für die wir stehen, die müssen bleiben.

ran: Heidel und Schmidt sind anderswo nicht glücklich geworden, haben aber in Mainz sofort wieder Erfolg. Es scheint, dass manche Charaktere nur an einem bestimmten Ort aufblühen können - oder ist das im Profi-Geschäft zu fußballromantisch gedacht?

Svensson: Nein, das gibt es bestimmt. Natürlich haben manche Trainer nahezu überall Erfolg. Aber es gibt eben auch die, die eine ganz enge, außergewöhnliche Verbindung zu nur einem Verein haben. Ich denke da an Diego Simeone bei Atletico Madrid, an Christian Streich in Freiburg oder, früher, an Thomas Schaaf bei Werder Bremen. Allerdings befürchte ich, dass wir es nicht mehr allzu oft erleben werden, dass ein Trainer fünf oder gar zehn Jahre bei einem Verein bleibt. Heute muss ein Trainer in erster Linie zur Philosophie des Vereins passen. Passt es nicht mehr, wird er ausgetauscht.

ran: Sollte man sich in 10 oder 20 Jahren an Sie als einen Trainer erinnern, der mal hier, mal dort war, oder als an jemand, der über Jahre einen Verein mitgeprägt hat?

Svensson: Schwierige Frage. Ich hoffe, dass man dann sagt: "Der Svensson war ein guter Trainer und ein guter Typ, die Leute haben gerne mit ihm gearbeitet, und er hat den einen oder anderen auch weitergebracht."

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ran: Mentalität ist ein vielzitierter Begriff im Profi-Fußball. Brauchen junge Profis jemand, der ihnen Mentalität vorlebt? Oder muss Mentalität schon in einem angelegt sein?

Svensson: Mentalität ist ein Wort, das in der Tat oft benutzt wird, genau genommen aber eine ganze Reihe von anderen Wörtern meint, wie Charakter, Haltung, Einstellung und so weiter. Als Führungsperson musst du das, was du vermitteln möchtest, auch vorleben. Ist das nicht deckungsgleich, verlierst du ganz schnell deine Integrität.

ran: Mentalität lässt sich also lernen?

Svensson: Ich glaube schon. Wir haben es mit jungen Menschen zu tun, die vielleicht noch auf der Suche sind. Menschen können ein Leben lang lernen. Und manchmal braucht es vielleicht jemanden oder ein Erlebnis, einen Anstoß, dass man eine ganz neue Seite an sich entdeckt. Nehmen Sie mich: Noch vor zehn Jahren hätte ich niemals daran geglaubt, dass ich Trainer-Qualitäten in mir haben könnte. Mich musste man erst überzeugen, dass ich es zumindest einmal versuchen sollte.

ran: Offensichtlich ein guter Rat, wie die vergangene Rückrunde gezeigt hat. Man könnte jetzt sogar vermuten, dass diese Mannschaft mehr drauf hat als "nur" Abstiegskampf?

Svensson: Ja, das kann man gerne vermuten. (lacht)

ran: Okay, aber was sagen Sie?

Svensson: Wenn ich alle Spieler zur Verfügung habe, wenn die Mannschaft harmoniert und wenn ich als Trainer die richtigen Entscheidungen treffe, dann, glaube ich, können wir jedes Team in der Liga vor Probleme stellen. Wir haben in der Rückrunde 9 von 17 Spielen gewonnen, das war außergewöhnlich. Aber man darf nicht übersehen, dass wir diese neun Spiele mit "nur" einem Tor Unterschied gewonnen haben. Wären davon nur vier unentschieden ausgegangen, hätten wir acht Punkte weniger gehabt und wären wohl abgestiegen. Das zeigt, wie schmal der Grat ist zwischen Erfolg und Misserfolg.

ran: Gerade einmal 24 geschossene Tore - das war in der Tat ein Wermutstropfen. Und nun hat Mainz mit Robert Glatzel und Robin Quaison zwei Stürmer abgegeben ...

Svensson: Stimmt. In der Rückrunde hatten wir fünf nominelle Stürmer, jetzt sind es noch drei. Und es ist kein Geheimnis, dass wir gesucht haben. Aber wir haben auch von Tag 1 an gesagt, dass ein Spieler hierher passen muss. Wenn wir einen Transfer machen würden, bei dem wir Bedenken haben, ob es nun das Fußballerische betrifft oder die Persönlichkeit, dann wäre das ein noch gefährlicherer Weg als mit einem Stürmer weniger die Hinrunde zu spielen. Aber noch ist das Fenster ja nicht geschlossen.

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ran: Transfer - ein gutes Stichwort: Ob es der Kaufrausch von Klubs wie ManCity oder Paris St. Germain ist, ob der Schuldenstand des FC Barcelona oder der Gedanke an eine Superleague - der Profifußball steht mehr denn je in der Kritik.

Svensson: Schaut man sich den Transfermarkt in diesem Sommer an, bin ich mir - ohne konkrete Zahlen nennen zu können - sicher, dass es weniger große Transfers gegeben hat. Viele Vereine haben durch die Einnahmeverluste begriffen, dass es so nicht weiter gehen konnte. Aber es gibt eben auch die Klubs, die von großen Geldgebern finanziert und kontrolliert werden. Und im Fall von Barcelona muss man tatsächlich von einem Beispiel dafür sprechen, woran es im Fußball krankt.

ran: Also hat sich auf der Ebene, auf der die Top-Klubs agieren, nichts geändert?

Svensson: Die Superreichen bleiben superreich, das werden wir wohl nicht ändern. Und sie sorgen auch für die großen Überschriften. Aber Fußball ist nicht nur Manchester gegen Paris, sondern auch Norwich gegen Aston Villa oder Bochum gegen Mainz. Und diese Spiele bedeuten den Fans letztlich mehr. Man kann auch den FC Bayern als positives Beispiel nennen. Natürlich wollen die Münchner immer die Besten sein, und das möglichst auch auf internationaler Ebene. Trotzdem halten Sie sich auf dem Transfermarkt zurück, einen 100-Millionen-Transfer gibt es dort nicht.

ran: Trotzdem - machen Sie sich Sorgen, dass das für Vereine wie Mainz, Augsburg, Freiburg oder Union Berlin gerne genommene Bild vom kleinen gallischen Dorf aus den "Asterix"-Comics bald nur noch eine romantische Erinnerung ist?

Svensson: Nein, da habe ich keine Angst. Ich sehe, wie solide dort gearbeitet wird. Und ohne jemandem zu nahe treten zu wollen - es gibt auch eine ganze Reihe von großen Vereinen, die heute in der 2. Liga spielen, weil sie keine gesunde Finanz-Politik betrieben haben. Stattdessen sind Bielefeld, Greuther Fürth oder Bochum aufgestiegen. Für diese Vereine, wie auch für uns, ist die Verankerung in der jeweiligen Region extrem wichtig. Nur deshalb können wir überleben. Es wäre doch utopisch zu glauben, dass Mainz oder Greuther Fürth plötzlich einen Markt in Asien erschließen könnten. Brauchen wir aber auch gar nicht. Ich glaube fest an die Kraft dieser Regionen. Man muss doch nur mal schauen, was beim Spiel Freiburg gegen Dortmund los war. Und wenn das ein Teil des Fußballs bleibt, werden die Kleinen den Großen auch immer mal wieder auf die Zehen treten können.

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ran: Sie sagen, dass die großen Vereine auch die großen Überschriften machen. Ärgert es Sie, dass wahrscheinlich nicht allzu viele Fußball-Fans wissen, dass Sie sich für "Common Goal" engagieren, während wahrscheinlich jeder, nicht nur Fußball-Fans, Messis Krokodilstränen in Barcelona gesehen hat?

Svensson: Nein, das ärgert mich nicht. Der Fußball ist ein bisschen das Spiegelbild der Gesellschaft. Schauen Sie auf die Politik: Da wird schrill darüber berichtet, welchen Anzug ein Politiker trägt, oder dass er auf einer Treppe gestolpert ist, während die Inhalte von Politik, um die es eigentlich gehen sollte, in der Berichterstattung einen deutlich kleineren Raum einnehmen. Das ist die Welt, in der wir leben, und die wird auch von den Medien und deren Jagd nach Klicks oder Auflage bestimmt. Nur weil etwas keine großen Schlagzeilen bringt, heißt das nicht, dass es sinnlos wäre sich zu engagieren. Letztlich muss jeder für sich ganz individuell entscheiden, ob und für was er sich einsetzen möchte. Dennoch empfehle ich, sich sozial zu engagieren - es geht dabei nicht um Aufmerksamkeit und Applaus, sondern darum, Gutes zu tun für diejenigen, die nicht so gut gestellt sind wie wir.

Das Interview führte: Andreas Kötter

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