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Trainer-Legende im exklusiven ran-Interview

Felix Magath erwartet WM auf höchstem Niveau - Meistertrainer stärkt Niko Kovac im Fall Max Kruse den Rücken

  • Aktualisiert: 13.09.2022
  • 10:56 Uhr
  • ran.de/Stefan Kumberger
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Nach der spektakulären Rettung von Hertha BSC in der vergangenen Saison und einer erholsamen Pause meldet sich Trainer-Legende Felix Magath im exklusiven ran-Interview zu Wort. Der 69-Jährige ordnet den Fall Kruse ein, erwartet eine großartige WM in Katar und gibt Einblick in seine Zukunftsplanung. Sehen wir schon bald ein Comeback des Meistertrainers?

München - Eigentlich wähnten Beobachter des Bundesliga-Betriebs Felix Magath schon längst in der wohlverdienten Rente. Doch sein Comeback bei Hertha BSC und der Klassenerhalt der Berliner unter Magath zeigten eindrucksvoll: Mit dem 69-Jährigen muss man weiter rechnen! Im Exklusiv-Interview mit ran äußert sich Magath zu den aktuellen Brennpunkt-Themen der Liga und verrät auch, wie er sich seine berufliche Zukunft ausmalt.

ran: Felix Magath, die ersten sechs Bundesliga-Spieltage liegen hinter uns. Welche Mannschaft hat Sie am meisten überrascht?

Felix Magath: Union Berlin und der SC Freiburg. Der sportliche Aufschwung und Erfolg sind in der Kontinuität beider Vereine begründet. Zudem wird bei beiden Klubs vorgelebt, dass sich nur die sportlich Verantwortlichen über den Sport äußern. Diese Professionalität spiegelt sich auf Dauer auch auf dem Platz wider. Und nicht umsonst sind auch beide Vereine auf internationaler Bühne vertreten. 

ran: Thomas Reis wurde gerade in Bochum vor die Tür gesetzt. Domenico Tedesco ist in Leipzig - trotz des DFB-Pokalsiegs - bereits wieder entlassen worden. Gelobte die Bundesliga nicht, vor allem in der Pandemie, Besserung im Umgang und vor allem dem Faktor Zeit mit den Trainern?

Magath: Dies ist doch ein grundsätzliches Thema. Werden die Trainer im Verein stark oder schwächer gemacht? Hier sind wir wieder bei den beiden Muster-Beispielen Urs Fischer bei Union Berlin und Christian Streich in Freiburg. Beide Cheftrainer werden von den Verantwortlichen nicht nur geschützt, sondern gestärkt. Kontrovers diskutiert wird intern, aber nicht in der Öffentlichkeit. Nur in dieser Konstellation ist es für einen Trainer möglich, sich richtig zu entfalten und damit auch den Fokus auf das Wesentliche zu behalten und das Beste abrufen zu können. Dass es in dieser Spielzeit so früh wie noch nie zuvor in der Bundesliga-Geschichte so viele Trainer-Diskussionen und bereits Entlassungen gibt, macht mich nachdenklich. Unruhe und Ungeduld sind in sportlich schwierigen Situationen zwei schlechte Ratgeber. Vielleicht liegt es zusätzlich an der kurzen Hinrunde, ehe dann die WM in Katar kommt. Manche Vereine haben wohl das Gefühl, schnell handeln zu müssen.

ran: Aber mit Marco Rose scheinen die Leipziger ja sofort einen Volltreffer gelandet zu haben. Immerhin haben sie den BVB gleich eindrucksvoll bezwungen. Welche Methoden zählen da, wenn man als Coach ein Team übernimmt?

Magath: Man darf nicht verallgemeinern. Jeder Klub ist anders, jetzt Situation ist unterschiedlich. Ich will die Leistung von Marco Rose nicht schmälern, aber ich glaube, dass der ausschlaggebende Punkt war, dass die Mannschaft mit dem Trainer vorher – aus welchem Grund auch immer – nicht mehr gerne zusammengearbeitet hat und die Spieler froh waren, dass der neue Mann kam. Marco Rose scheint die richtigen Worte gefunden zu haben.

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Felix Magath kritisiert in der ran Bundesliga Webshow den VAR. Der ehemalige Bundesliga-Trainer stellt den Videobeweis dabei in Frage.

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ran: In Wolfsburg musste nicht der Trainer gehen, sondern ein Spieler. Wie sehen Sie die Situation rund um Max Kruse und Niko Kovac?

Magath: Niko Kovac hat die Mannschaft nicht zusammengestellt, insofern hatte er wenig Einfluss auf die Kaderzusammenstellung und musste mit den Spielern leben, die da sind. Ich denke, er wird jedem Spieler das Angebot gemacht haben, mit ihm zu arbeiten und mit ihm erfolgreich zu sein. Wenn dann Spieler im Kader stehen, die eigene Vorstellungen haben und glauben, so gut zu sein, dass sie nur das machen müssen, was sie für richtig halten, hat der Trainer ein Problem. Wenn ein Spieler nicht will, dann will er nicht. Ich hatte dieselbe Situation in Wolfsburg damals mit Diego. Er wurde vorher geholt und ich musste mit dem Spieler zurechtkommen. Er hat damals Spielersitzungen verlassen und sich praktisch von der Mannschaft entfernt. Das hat mir dann Probleme bereitet, weil es in jedem Verein Menschen gibt, die solche Spieler auch noch unterstützen. Von daher ist Niko Kovac konsequent und wenn ich mir das Spiel der Wolfsburger anschaue, hat er die richtige Entscheidung getroffen. Der Verein muss in so einem Fall den Trainer stärken. Niko Kovac hat das alles richtig gemacht.

ran: Muss man als Trainer so etwas dann auch als Zeichen an den Rest der Mannschaft durchziehen?

Magath: Selbstverständlich! Wenn ein Spieler mit einem Trainer nicht arbeiten will, erzählt er das doch auch seinen Mannschaftskameraden. Das wird von allen beobachtet und Niko Kovac hätte verloren, wenn er den Spieler nicht aus dem Kader genommen hätte.

ran: Bei Union sagt Geschäftsführer Oliver Ruhnert, man könne Max Kruse durchaus "hinbekommen"…

Magath: Trotzdem können wir doch jetzt ganz in Ruhe feststellen, dass Union Berlin heute ohne den Spieler besser dasteht als vor eineinhalb Jahren mit ihm. Ein Spieler kann so gut sein, wie er will - wenn er sich nicht einfügen will, dann kann er für den Verein nicht spielen. 

ran: Alle Augen richten sich natürlich wieder auf den FC Bayern. Neutrale Fans fürchteten nach den ersten drei dominanten Siegen schon wieder die große Langeweile - doch zuletzt stotterte der Münchner Bundesliga-Motor. Warum?

Magath: Der FC Bayern München wird - und das betone ich in jedem Interview - auch in dieser Spielzeit wieder Deutscher Meister. Kein anderer Verein in der Bundesliga ist mit den Bayern über 34 Spieltage hinweg auf Augenhöhe. Der Start in Frankfurt (5:1, Anm. d. Red.) war außergewöhnlich. Man kann nicht in jedem Spiel solche Leistungen erwarten. Es gibt 100 Gründe, warum man einmal Remis spielt. Und auch der FC Bayern wird in dieser Saison Spiele verlieren. Dies ändert aber nichts am Status, an der Position der Bayern.

ran: Sie wurden 2009 überraschend mit Wolfsburg Meister. Ist sowas für alle Zeit ausgeschlossen? Bayern wird Meister und der BVB versucht es immer wieder… Ist der Meister-Zug für 16 von 18 Teams für immer abgefahren?

Magath: Der Zug ist für 17 von 18 Bundesligisten abgefahren. 2009 war es doch auch schon so: Wir konnten nur Meister werden, weil der FC Bayern intern Probleme hatte. Ich bin skeptisch, ob die Münchner mittlerweile nicht noch stärker geworden sind. Die Mannschaft ist aufgrund der finanziellen Mittel natürlich deutlich besser als der Rest.

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ran: In der Champions League haben die Bayern gegen Inter Mailand geliefert. Beim Rekordmeister ist man die ständige Dreifach-Belastung gewohnt. Thomas Müller sagte sogar mal, dass er diesen schnellen Rhythmus brauche, um gute Leistungen zu bringen. Welche Herausforderungen warten da auf den Trainer?

Magath: Der Trainer Müller würde dies anders sehen als der Spieler Müller. Als Trainer musst du ein Spiel verarbeiten und vorbereiten, musst eine Mannschaft auf ein Spiel einstellen. Wenn am Mittwoch-Abend das Champions League Spiel ist, am Donnerstag das Auslaufen und am Freitag das Abschlusstraining stattfindet ist es für einen Trainer nur schwer möglich über Trainingsinhalte richtig Einfluss zu nehmen.

ran: Woran erkennt man, dass man Spieler wie Müller auch mal bremsen muss? Sie selbst sind ja eher kein Bremser.

Magath: Warum sollte oder müsste man einen Thomas Müller überhaupt bremsen? Der soll alle drei Tage seine Freude am Spiel haben. Und die hat er doch auch. Der Thomas braucht doch keine Pause. Dafür ist er doch auch noch viel zu jung …(schmunzelt).   

ran: Stichwort Pause. Die Bundesliga steht vor dem ersten Länderspiel-Break, ehe es zur großen WM-Pause kommt. Wie würden Sie als Trainer damit umgehen? Die Rotation, die Julian Nagelsmann für das Duell gegen Stuttgart wählte, wird auch kritisch gesehen. Schließlich kamen die Bayern nicht über ein 2:2 hinaus.

Magath: Die Vereine und Verantwortlichen werden eine klare Strategie für die WM-Pause entwickeln und umsetzen. Man kann auf keine Erfahrungswerte zurückgreifen. Hingegen können sich die Nationalspieler freuen, da sie – im Gegensatz zu früheren Weltmeisterschaften nach einer Saison – mit weitaus weniger Spielen, mit vollen Akkus und Energie im Spiel-Rhythmus stehend erstmals zu einer Weltmeisterschaft fahren können. Deshalb denke ich auch, dass die WM 2022 auf einem höheren Niveau stattfinden wird als die bisherigen Weltmeisterschaften nach einer Saison. Die Spiele werden sehr gut sein. 

ran: Erleben wir vielleicht die beste WM aller Zeiten?

Magath: Zumindest werden die Spieler so fit und frisch wie nie zuvor zu einer WM anreisen. Dies hat normalerweise zur Folge, dass sich das auch auf das Niveau der Spiele überträgt.

ran: Im Vorfeld wurde viel über Katar und die WM diskutiert. Wie sehen Sie dies?

Magath: Die Entscheidung für diese WM ist gefallen. In welchen Ländern sportliche Großereignisse in Zukunft überhaupt noch stattfinden können, wird sich zeigen. Aber alle Mannschaften, die sich für die WM in Katar qualifiziert haben, wollen sportlich maximal erfolgreich sein.    

ran: Stichwort sportlich. Was erwartet die Spieler bei der WM in Katar?

Magath: Die Verbände und Spieler können sich zu diesem Zeitpunkt in Katar auf optimale, fußballfreundliche Bedingungen freuen. In Katar haben wir zu dieser Jahreszeit 20 bis 26 Grad. Wenn ich dagegen an meine aktive Zeit und an die WM 1986 in Mexiko denke… Die Temperaturen um die Mittagszeit waren grenzwertig. Da haben wir bei über 40 Grad im Schatten ein Länderspiel absolviert - und das auf 2000 Metern Höhe!

ran: Sie waren mit den Bayern einst im Dubai im Trainingslager. Wie auch in Katar wird es dort deutlich kühler sein?

Magath: In Katar hat es während der WM, also im November und Dezember, sommerliche Temperaturen im Normalbereich. Das sind für die Aktiven ideale äußere Bedingungen. Und auch die Reisewege sind für die Teams so kurz wie nie zuvor.

ran: Wie sind denn Ihre persönliche Planung aus? Fußball nur noch vor dem Fernseher?

Magath: In Katar werde ich nicht sein, aber ich bin als Fan vor dem Fernseher dabei. Ansonsten wissen Sie doch: Unverhofft kommt oft! Mein Lebensmotto ist, dass man sich selbst nicht begrenzt, sich alles offenhält und alles zutraut. Ich bin jetzt natürlich in einem Alter, in dem viele Trainer nicht mehr an der Seitenlinie stehen. Aber wenn Sie sich die Bundesliga anschauen, werden Sie sehen: Die beiden ältesten Trainer stehen in der Tabelle ganz vorne. Warum sollte ich also etwas ausschließen? (schmunzelt)

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