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Kult-Kicker im ran.de-Interview

Heiko Westermann exklusiv: "Auf Schalke fehlen die Identifikationsfiguren"

  • Aktualisiert: 24.06.2020
  • 13:38 Uhr
  • ran.de/Dominik Hechler
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© 2019 Getty Images
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Als "HW4" erlang er Kultstatus bei den Fans. Inzwischen ist Heiko Westermann Co-Trainer der deutschen U15-Nationalmannschaft. Was er zu seiner Zukunft, den HSV, Schalke 04 und Arminia Bielefeld sagt.

München - Er spielte in der Bundesliga für Arminia Bielefeld, den FC Schalke 04 und den Hamburger SV. Für die deutsche Nationalmannschaft stand er 27 Mal auf dem Rasen. Viele kennen ihn vor allem durch seinen Kult-Namen "HW4". Im exklusiven Interview mit ran.de spricht Heiko Westermann über seinen Status als Kult-Kicker, die Situation bei seinen Ex-Vereinen und seinen aktuellen Job als Co-Trainer der U15-Nationalmannschaft des Deutschen Fußball-Bundes (DFB).

ran.de: Herr Westermann, Sie haben Ihre aktive Karriere bereits vor zwei Jahren beendet, genießen als "HW4" bei den Fußballfans aber nach wie vor Kultstatus. Wie fühlt sich das an?

Heiko Westermann: "Ich habe offenbar einen bleibenden Eindruck hinterlassen (lacht). Natürlich ist das witzig, aber ich habe diese Bezeichnung nie wirklich ernst genommen. Das 'HW4' wurde ja damals von der Medienabteilung des Hamburger SV erfunden und kam nicht von mir."

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ran.de: Werden Sie bei Begegnungen mit den Fans dann eher "Herr Westermann" oder "HW4" genannt?

Westermann: "Die meisten Leute sagen schon 'Herr Westermann', wobei es durchaus schon vorgekommen ist, dass ich mit 'HW4' angesprochen wurde. Das ist aber auch total okay, da kann ich gut mit leben." (lacht)

ran.de: Sie waren in Ihrer aktiven Zeit ja ein Defensiv-Allrounder, haben in der eigenen Abwehr Löcher gestopft und mal mit einer Grätsche dazwischen gehauen, wenn es nötig war. So einen Spieler könnte der Hamburger SV aktuell gut gebrauchen. Wenn Sie die aktuelle Situation bei Ihrem Ex-Verein mit einem Wort beschreiben müssten, welches wäre das?

Westermann: (überlegt) "Schock."

ran.de: Können Sie das näher erläutern?

Westermann: "Die momentane Situation beim HSV hatte sich ja leider bereits in den vergangenen Wochen angedeutet, als sie immer wieder quasi mit dem Abpfiff Gegentore bekommen haben, die zu einem Unentschieden oder wie jetzt beim 1. FC Heidenheim sogar zu einer Niederlage geführt haben. So wurden unglaublich viele Punkte verschenkt.

Dementsprechend sieht man den Spielern jetzt auch an, dass sie längst nicht mehr so frei sind wie noch zu Beginn der Saison. Die Jungs wirken ängstlich, da werden viele Rückpässe gespielt und sich selbst kaum noch etwas zugetraut. Denn eines ist unter dem Strich ja auch klar: der Druck ist enorm, der Verein muss quasi aufsteigen. Und das geht nicht spurlos an der Mannschaft vorüber."

ran.de: Was läuft beim HSV Ihrer Meinung nach schief? Ist das einfach nur Pech?

Westermann: "Pech ist das für mich nicht mehr, wenn man als Team so häufig in Führung geht wie der HSV in dieser Saison, am Ende aber zu selten die drei Punkte behält. Das hat dann schon irgendwann etwas mit Qualität zu tun. Ich würde die aktuelle Situation in Hamburg aber nicht mit den vergangenen Jahren vergleichen, das ist jetzt eine ganz andere Mannschaft und mit Präsident Marcell Jansen, Sportvorstand Jonas Boldt und Coach Dieter Hecking stehen da im Moment sehr erfahrene und fachlich starke Persönlichkeiten an der Front. Und lange Zeit sah es ja auch ganz klar nach einem ungefährdeten Aufstieg aus – doch dann kamen die letzten vier, fünf Wochen."

ran.de: Glauben Sie noch an den Aufstieg in diesem Jahr? Und was würde ein weiteres Jahr in der Zweiten Liga für diesen Verein bedeuten?

Westermann: "Also ich bin guter Hoffnung, dass die anderen Blau-Weiß-Schwarzen, die Arminia aus Bielefeld, dem HSV noch helfen und am letzten Spieltag Heidenheim zu Hause schlagen wird. Hamburg traue ich definitiv auch einen Heimsieg gegen Sandhausen zu und somit wären sie zumindest auf dem Relegationsplatz. Aber: Egal, ob sie dort dann gegen Fortuna Düsseldorf oder Werder Bremen ran müssten, für mich wären sie in beiden Konstellationen der Außenseiter. Für den Verein und die Stadt wäre ein weiteres Jahr in der Zweiten Liga emotional natürlich schon ein hartes Stück Brot."

ran.de: Ein anderer Ex-Klub von Ihnen ist ebenfalls ein aktuelles Sorgenkind: der FC Schalke 04. Wie schätzen Sie die Lage dort ein?

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Westermann: "Das ist für mich von außen wirklich extrem schwer zu beurteilen, aber mich erinnert das alles ganz stark an die vergangene Rückrunde unter Ex-Coach Domenico Tedesco. Sie können letztlich froh sein, in der Hinrunde schon so viele Punkte gesammelt zu haben. Auf der anderen Seite muss man auch so ehrlich sein, dass der Kader aus meiner Sicht am Ende des Tages nicht mehr her gibt als Platz 7 oder 8 in der Tabelle."

ran.de: Hans Meyer, Vorstandsmitglied von Borussia Mönchengladbach, hat kürzlich gesagt, Schalke scheitere ein Stück weit an seinen eigenen Erwartungen. Wie sehen Sie das?

Westermann: "Da stellt sich natürlich immer die Frage, wie hoch die eigenen Erwartungen sind? Wenn man Schalke aktuell mit den anderen Klubs im oberen Drittel der Bundesliga-Tabelle vergleicht, wäre für mich ein Platz in der Europa League wirklich das Höchste der Gefühle gewesen. Aber die Unruhen im Verein rund um Clemens Tönnies oder Alexander Nübel haben dem Klub und natürlich auch Coach David Wagner und seinem Team nicht wirklich geholfen."

ran.de: Was muss bei den "Königsblauen" passieren, dass sie sich sportlich endlich stabilisieren?

Westermann: "Schalke fehlen aus meiner Sicht schon seit einigen Jahren Spieler, die für diesen Verein stehen, Identifikationsfiguren für die Fans. Das ist ein Arbeiterverein und es braucht einfach Jungs, die genau das verkörpern und so die Anhänger auf ihre Seite ziehen. Natürlich wollen alle auch schönen und vor allem erfolgreichen Fußball sehen, aber zunächst einmal müssen die Grundtugenden stimmen.

Schalke stand in all den Jahren ja immer dafür, hoffnungsvolle Talente aus der Jugend hochzuziehen und sie weiterzuentwickeln. Ich bin der Überzeugung, dass dies auch in Zukunft gelingen wird – aber das braucht eben Zeit. Deswegen sehe ich Schalke auch in den kommenden Jahren nicht unter den Top-Teams der Bundesliga."

ran.de: Neben den beiden Sorgenkindern gibt es ja auch noch einen ehemaligen Verein, der Ihnen sicherlich Freude gemacht hat: Arminia Bielefeld ist als Meister der Zweiten Liga aufgestiegen. Damit war im Vorfeld sicherlich nicht unbedingt zu rechnen. Wie haben Sie diesen Erfolg erlebt?

Westermann: "Ich war in dieser Saison sogar einmal auf der Alm und habe mir ein Spiel der Arminia dort angeschaut. Sie haben ihr Ding von Anfang bis Ende durchgezogen und sind aus meiner Sicht völlig verdient aufgestiegen. Die Bielefelder waren in jedem Spiel total stabil und sind vor allem immer und jederzeit als Mannschaft aufgetreten. Und genau das ist in der Zweiten Liga das Nonplusultra."

ran.de: Was machen die Verantwortlichen bei Arminia besser als bei anderen Klubs, die finanziell und strukturell deutlich besser aufgestellt, sportlich aber lange nicht so erfolgreich sind?

Westermann: "Das kann ich nicht beurteilen, dafür bin ich einfach zu weit weg. Vielleicht nur so viel: Bielefeld war finanziell am Abgrund und hat sich Schritt für Schritt und mit sehr geringen Mitteln selbst wieder aufgebaut. Das verdient schon großen Respekt. Wenngleich der Druck bei der Arminia sicherlich auch ein anderer ist, als beim HSV oder Schalke, wenn ich jetzt meine Ex-Klubs miteinander vergleiche ..."

ran.de: Wie schätzen Sie die Chancen der Bielefelder in der kommenden Bundesliga-Saison ein? Droht der Arminia ein ähnliches Szenario wie dem SC Paderborn in dieser Saison?

Westermann: "Bielefeld macht als Mannschaft auf mich ehrlich gesagt einen anderen Eindruck, als Paderborn. Das ist ein Team, das auch schon in der Zweiten Liga fast ausschließlich nur offensiv gedacht hat. Bei der Arminia ist das anders. Sie denken deutlich defensiver, verteidigen erst einmal ihr Tor und schalten dann in die Offensive um. Diese Art und Weise wird ihnen in der Bundesliga entgegen kommen. Aber natürlich werden sie sich verstärken müssen. Ein Fabian Klos wird nicht jünger und der Abgang von Jonathan Clauss zum RC Lens wird ihnen auch richtig weh tun, das ist spielerisch schon ein herber Verlust."

ran.de: Seit Sommer 2019 agieren Sie selbst als Co-Trainer bei der deutschen U15-Nationalmannschaft. Wie kam es zu diesem Engagement?

Westermann: "Ich habe als U17-Co-Trainer bei Fortuna Düsseldorf angefangen, war aber immer in Kontakt mit dem DFB. Ich habe einfach richtig Bock, mit den Besten zu arbeiten – und die versammeln sich in Sachen Fußball in Deutschland eben allesamt beim DFB. Egal, ob das nun Spieler sind, oder Trainer, von denen ich noch sehr viel lernen kann. Ich sehe hier einfach die Chance, mich als Coach weiterentwickeln zu können.

In der Zwischenzeit habe ich beispielsweise auch in Spanien beim FC Valencia, dem FC Sevilla und Betis Sevilla hospitiert, um mich auch auf diesem Weg weiterzubilden. Für diesen März war eigentlich auch ein Besuch beim FC Barcelona geplant, aber der musste aufgrund der Corona-Krise abgesagt werden. Aber ich habe schon vor, diesen Termin noch nachzuholen."

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ran.de: Was reizt Sie an der Trainertätigkeit? Und warum erst einmal im Jugendbereich?

Westermann: "Ich möchte Spieler besser machen und meine Erfahrungen weitergeben. Mir ist klar, dass ich jetzt bestimmt kein Elektriker oder Architekt mehr werde. Ich war mein Leben lang Fußballer, habe in dieser Zeit viel erlebt und kenne mich auf diesem Gebiet eben am besten aus. Der Start meiner Trainerkarriere im Jugendbereich ist natürlich pure Absicht, weil man sich in diesem frühen Stadium erst einmal als Trainer finden muss. Das heißt, ich muss meinen eigenen Weg finden, welches Konzept bevorzuge ich, wie will ich coachen, mit wem möchte ich zusammenarbeiten und vor allem aus meinen Fehlern, die ich jetzt mit Sicherheit machen werde, lernen. Darauf kommt es vor allem an."

ran.de: Was können Sie den Jungs mit auf den Weg geben und was lernen Sie vielleicht noch von Ihren Spielern in der deutschen U16?

Westermann: "Zunächst einmal ist es ja immer gut, mit jungen Menschen zu arbeiten – da bleibt man selbst jung (lacht). Was mir persönlich aber wirklich wichtig ist, ist das Zwischenmenschliche, wie die Jungs auf und neben dem Platz miteinander umgehen. Das sollte immer respektvoll sein. Und ich merke in den Trainingseinheiten mit den Jungs immer, dass ich mit den 16-Jährigen nicht mehr mithalten kann, das machen die Knochen nicht mehr mit. Und wenn ich das vergleiche, wie ich in diesem Alter als Fußballer ausgebildet war, sind das Welten. Die Jungs sind heutzutage schon auf einem wirklich enorm hohen Level unterwegs."

ran.de: Können Sie sich vorstellen, in Zukunft auch im Erwachsenenbereich zu arbeiten? Sehen wir Sie vielleicht sogar irgendwann im Profifußball wieder? 'HW4' als Chefcoach an der Seitenlinie ...

Westermann: "Das ist ehrlich gesagt schon noch sehr weit weg, aber mein Ziel ist es irgendwann schon, so hoch wie nur möglich zu trainieren. Aber ich weiß, dass das ein langer Weg sein kann und man selbst dafür extrem hungrig und top ausgebildet sein muss."

ran.de: Gibt es Trainer, die Sie immer mal wieder anrufen und bei denen Sie sich gerne Tipps holen?

Westermann: "Ich habe vor allem zu Peter Bosz noch einen sehr guten und engen Kontakt, da ich ihn sowohl menschlich als auch fachlich sehr schätze. Und ansonsten haben wir beim DFB ja auch sehr viele hochqualifizierte Trainer, mit denen ich mich jederzeit austauschen kann. Auf der anderen Seite möchte ich gerne meinen eigenen Weg gehen und aus meinen Fehlern lernen."

Das Interview führte: Dominik Hechler

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