Serie A
Steuererleichterung: Läuft Italien der Bundesliga den Rang ab?
- Aktualisiert: 03.07.2019
- 14:18 Uhr
- ran.de / Oliver Jensen
Ein ab dem Jahre 2020 geltendes Steuergesetz sorgt dafür, dass internationale Fußballstars in Italien nur noch etwa halb so viel Steuern bezahlen wie in Deutschland. Der Chef der deutschen Spielervermittler-Vereinigung fürchtet um die Wettbewerbsfähigkeit der Bundesliga.
München - Läuft die deutsche Bundesliga-Gefahr, den Anschluss gegenüber einem weiteren europäischen Mitbewerber zu verlieren? Während die Premier League aufgrund der hohen TV-Einnahmen finanziell ohnehin in anderen Sphären schwebt, könnte ähnliches bald auf die italienische Serie A zutreffen. Grund sind allerdings nicht höhere Einnahmen, sondern Steuererleichterungen für internationale Fußball-Stars.
Der italienische Senat hat bereits zugestimmt, dass ab dem Jahre 2020 die Einkommenssteuer für Spieler aus dem Ausland um bis zu 50 Prozent reduziert wird. Diese Regelung gilt auch für italienische Spieler, die länger im Ausland aktiv waren und dann nach Italien zurückkehren. Gregor Reiter, Jurist und Geschäftsführer der deutschen Spielervermittler-Vereinigung (DFVV) fürchtet daher um die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Bundesligisten.
"Das ist für die Bundesliga ein Problem. Wenn Juventus und Bayern um denselben Spieler buhlen und beide ein Gehalt von 5 Millionen Euro bieten würden, sind das für den Spieler in München am Ende des Tages ungefähr 2,5 Mio. Euro netto, in Turin 3,75 Mio. netto", sagt Reiter in der "Sport Bild": "Anders herum muss der Serie-A-Verein entsprechend weniger Geld aufwenden, damit der Spieler das Gehalt netto hat, das er sich vorstellt."
Stars zahlen in Italien nur noch 25 Prozent Steuern
Der Spitzensteuersatz liegt EU-weit bei knapp 50 Prozent, in Italien sind es derzeit 43 Prozent, künftig aber nur noch etwa 25 Prozent.
Damit nicht genug: Es existiert bereits ein weiteres Gesetz, wodurch Einwohner von Italien alle Einnahmen, die innerhalb von maximal 15 Jahren aus dem Ausland erzielt wurden, mit einer einzigen Einmalzahlung von 100.000 Euro versteuern können.
Davon profitierte zum Beispiel Cristiano Ronaldo, der mit Nike einen etwa 24 Millionen Euro schweren Werbevertrag abgeschlossen hat und dafür nur 100.000 Euro Steuern zahlt.
Auch wenn letztendlich die Fußball-Stars von den beiden Regelungen profitieren, wurde das Steuergesetz nicht extra für die Profisportler erlassen. Cristiano Novazio, Anwalt und Sportrechtsexperte aus Mailand, sagte gegenüber dem "Deutschlandfunk": "Grundsätzlich dienen diese beiden Gesetze dazu, Anreize für die Rückkehr von Kapital und Personen zu machen. Das letzte diente vor allem, um Fachkräfte anzuziehen."
Der Gesetzesgeber dachte also an Fachkräfte wie Ärzte oder Wissenschaftler, macht aber vor allem die Fußballspieler reich.
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Gut möglich, dass die italienischen Profivereine das Schlupfloch nutzen, um auch die Eigengewächse schnell in den Genuss der Steuererleichterungen kommen zu lassen. "Die italienischen Klubs könnten versucht sein, junge Spieler für zwei Jahre ins Ausland zu verleihen, sie danach nach Italien zurückzuholen und von den Steuervorteilen zu profitieren", sagt Novazio.
Ein Fall für die EU-Wettbewerbskommission?
Was also kann die Bundesliga machen, um gegenüber Italien nicht den Anschluss zu verlieren? Ebenfalls auf Steuererleichterungen hoffen? Laut Reiter wäre das aus politischen Gründen undenkbar: "Man muss sich nur an den riesengroßen Aufschrei in der Bevölkerung erinnern, als Dortmund Anfang der 2000er-Jahre ankündigte, seinen Spielern einen Teil der Gehälter als steuerbegünstigte Feiertags- und Nachtzuschläge auszubezahlen, was absolut zulässt gewesen wäre."
Die einzige Möglichkeit sieht er darin, die EU-Wettbewerbskommission einzuschalten, um prüfen zu lassen, ob das Vorgehen der Italiener europarechtswidrig ist: "Dies könnte der Fall sein, wenn nur ausländische Spieler oder Italiener, die aus dem Ausland zurückkehren, nicht aber die Italiener oder die ausländischen Spieler, die schon in der Serie A spielen, den Steuervorteil genießen."
Oliver Jensen
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