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"Macht sich die Hände dreckig": So tickt DTM-Meisterteamchef Torsten Schubert

  • Aktualisiert: 03.01.2023
  • 10:16 Uhr
  • Motorsport-Total
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© Alexander Trienitz
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Wie es Torsten Schubert mit seinem BMW-Team schon im ersten DTM-Jahr gelang, Fahrer- und Teamtitel zu gewinnen und wieso er auch als Teamchef weiterschraubt

Die Schubert-Box bebt. Die Mannschaft feiert nach Sheldon van der Lindes Zieldurchfahrt in Hockenheim den DTM-Titelgewinn. Taittinger-Champagner wird ausgeschenkt, Party-Musik tönt aus den Boxen. Doch während seine Crew grölt und jubelt, hält sich der 59-jährige Teambesitzer Torsten Schubert eher im Hintergrund und beseitigt in einer Ecke mit dem Staubsauger ein paar zerbrochene Sektgläser.

Dabei ist der Gewinn der Fahrer- und Teammeisterschaft im Premierenjahr in der DTM der größte Triumph in der Karriere des Motorsport-begeisterten BMW-Autohändlers aus Oschersleben. "Im 40. Jahr meines Motorsport-Engagements ist das schon eine verrückte Geschichte", weiß Schubert, der selbst Rennfahrer ist und 1999 Autocross-Europameister wurde.

Aber wie konnte dem Team, das Schubert im Jahr des Autocross-Titelgewinns gründete und das jahrelang etwas im Schatten der früheren DTM-Werksteams Schnitzer, RMG und RBM stand, so ein Einstand in der DTM gelingen?

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"Torsten lag selbst unter dem Auto und hat mitgeholfen"

Wenn man sich im Team und im Umfeld der Mannschaft umhört, die nur 500 Meter Luftlinie von der Rennstrecke in Oschersleben in einer 7.500 Quadratmeter großen Werkstatt untergebracht ist, dann wird rasch klar, dass viel mit der Einstellung des Chefs zu tun hat.

"Ich kann mich noch gut erinnern, als ich in Hockenheim beim Start zum ersten Lauf diesen Schaden hatte und es die rote Flagge gab", holt Philipp Eng, der dieses Jahr neben Meister van der Linde für Schubert fuhr, im Gespräch mit 'Motorsport-Total.com' aus.

"Da lag Torsten unter dem Auto und hat mitgeholfen, es wieder zusammenzustecken. Es gibt wenige Leute im Paddock, die so enthusiastisch sind wie er. Ja, er ist der Chef, aber er macht sich genau so gern die Hände dreckig wie die Mechaniker. Deswegen arbeiten die Leute glaube ich auch gerne bei ihm, weil sie sehr auf Augenhöhe mit ihm sind."

Übernachten im Teamtruck statt Luxushotel

Eine Einschätzung, die 'Motorsport-Total.com' bestätigen kann: Denn beim ersten Interview mit dem Teambesitzer trafen wir den 59-Jährigen, als er gerade mithalf, eine Plane vor dem Teamtruck abzubauen und einzurollen. Wer also nicht weiß, dass Schubert der Chef ist, könnte ihn manchmal auch mit einem einfachen Mitarbeiter verwechseln.

Zumal Schubert in der Regel an den Rennwochenenden auch im Teamtruck übernachtet. Das wäre bei anderen Teambesitzern, die lieber mit dem Privatjet zu den Rennen reisen und im Luxushotel nächtigen, nicht vorstellbar.

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Enormer Aufwand für DTM-Titelgewinn

Torsten Schubert, der als Geschäftsführer von Schubert Motors elf BMW-Autohäuser mit 230 Mitarbeitern führt, die pro Jahr an die 100 Millionen Euro Umsatz machen, investiert sein Geld aber lieber in Bereiche, die sich auf die Performance auswirken - und in einen professionellen Auftritt. Die Ausstattung in der Box ist hervorragend - und als eines von wenigen Teams setzte Schubert schon im ersten DTM-Jahr mit Eng und Sheldon van der Linde ausschließlich auf Werksfahrer, die kein Geld mitbringen.

Davon profitierte am Ende auch van der Linde auf seinem Weg zum Titel. "Zwei Werksfahrer sind immer besser für das Team, weil man beim Auto mehr pusht", sagt der Südafrikaner im Gespräch mit 'Motorsport-Total.com'. "Die Set-up-Arbeit geht immer ein wenig schneller voran als wenn der zweite Fahrer kein Profi ist. Außerdem kommen Philipp und ich persönlich sehr gut klar - mit ihm ist es mega."

Auch Eng ist bewusst, dass Schubert für das DTM-Engagement viel Aufwand betrieben hat. "Er hat wirklich einen Haufen Geld investiert - mit dem ganzen Testen vor der Saison, während der Saison. Und er hat das ganze extrem ernst genommen. Der Erfolg hat ihm am Ende rechtgegeben", analysiert der Salzburger.

Tatsächlich testete kaum ein Team so viel wie Schubert, wodurch man den neuen M4 GT3 rascher verstand als das Walkenhorst-Team. Zudem profitierte das Team auch noch später in der Saison, als Einheitsreifen-Ausstatter Michelin Lieferschwierigkeiten hatte, weil man früh große Bestände der französischen Pneus gekauft hatte.

Warum Torsten Schubert nach wie vor selber schraubt

Aber wieso legt Torsten Schubert bei den Autos eigentlich selbst Hand an? "Ich komme halt vom selber Autos Bauen", erinnert er sich an seine Anfänge, als er als 15-Jähriger in der Werkstatt seines Vaters bereits an den Autos der Nachbarn schraubte. Auch seine Autocross-Anfänge in der damaligen DDR absolvierte er in einem Eigenbau-Fahrzeug.

"Da ist es schwierig, wenn man heute nur daneben steht", gibt er zu. "Die Mechaniker machen das, aber ich versuche immer noch, zu helfen, wenn es nötig ist. Ansonsten machen die Jungs ihren Job allein, da ich unter der Woche keine Zeit dafür habe, groß wo mitzuschrauben."

Schubert ist bewusst, dass sich die Distanz auswirkt. "Da ich noch einen Nebenjob habe - nämlich die Autohäuser - habe ich an den Wochenenden nicht mehr die Kompetenz, das muss man einfach sagen. Das verlernt man, wenn man nicht täglich an den Autos schraubt. Aber ich möchte trotzdem wissen: Was ist nötig? Was wird gebaut? Was ist eventuell ein Problem gewesen? Um das dann auch zu analysieren und es beim nächsten Mal besser zu machen."

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"Habe in Privatteam noch nie diese Leidenschaft gespürt"

Abgesehen davon sehen die Mechaniker, dass der Teamchef nicht auf sie hinabblickt, sondern einer von ihnen ist. "Er ist sich für nichts zu schade", weiß Philipp Eng. Entsprechend gut sei die Stimmung im Team 2022 in der DTM gewesen.

"Wir hatten immer eine Gaudi, auch wenn es mal schlecht gelaufen ist", sagt der Österreicher. "Nicht nur in meiner Car-Crew, sondern auch mit der anderen. Ich glaube schon, dass das irgendwie ein Erfolgsrezept war. Das habe ich immer lässig gefunden."

Auch für Meister Sheldon van der Linde, der in den vergangenen Jahren bei den Teams von Bart Mampaey und bei der Rowe-Truppe fuhr, ist die Leidenschaft - ein Wort, das im Motorsport inflationär gebraucht wird - bei Schubert außergewöhnlich.

"Jeder will gewinnen - und dieses Gefühl hatte ich schon seit ein paar Jahren nicht mehr", offenbart der Südafrikaner. "Alle wollen das Programm nach vorne bringen. In einem Privatteam habe ich noch nie diese Motivation und Leidenschaft gespürt. Dann kommt vor allem von Torsten. Er will, dass sein Team performt."

Trotz dieses Anspruchs habe er aber in schwierigen Situationen - wie in Spielberg, als van der Linde in der heißen Phase im Titelkampf wegen der Verletzung der Tracklimits im ersten Rennen eine heftige Gridstrafe kassierte - den Rückhalt des Teams gespürt: "Sie haben mir sehr vertraut."

"Viel mehr Freestyle": Improvisationsgabe als Erfolgsrezept?

Zudem lobt van der Linde die Fähigkeit des Teams, in schwierigen Situationen "out of the Box" zu denken und zu improvisieren. "Sie setzen viel mehr auf Freestyle, was manchmal helfen kann, anstatt zu viel über Dinge nachzudenken. In der Vergangenheit habe ich das manchmal erlebt, dass zu viel nachdenken nicht immer das beste ist."

Das Schubert-Team reagiere hingegen "sehr intelligent, wenn Dinge passieren - und so können wir uns auf neue Situationen einstellen. Da ist das Team sehr stark."

Während nun aber in der neuen Saison einige langjährige DTM-Teams durch die Übernahme des ADAC umdenken müssen, geht Schubert 2023 mit einem Startvorteil in das Unternehmen Titelverteidigung: Durch das parallele Engagement im ADAC GT Masters kennt man die Pirelli-Reifen, die Balance of Performance der SRO und die handelnden Personen.

Und noch aus einem anderen Grund wird sich die "neue" DTM trotz des Wechsels an der Spitze sehr vertraut anfühlen. Denn der Auftakt findet ausgerechnet in Oschersleben, also in Gehdistanz vom Teamsitz entfernt, statt. Man darf gespannt sein, ob Torsten Schubert dann wieder im Teamtruck übernachten wird, oder ob er sich den "Luxus" gönnt, im eigenen Bett zu schlafen.


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