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Orlando Brown Jr.: Warum "Zeus" auf ihn herabschaut
- Aktualisiert: 14.02.2021
- 18:45 Uhr
- ran.de/Markus Bosch
Orlando Brown Jr. möchte endlich den nächsten Schritt in der NFL machen, wie er in den sozialen Medien unmissverständlich klar macht. Vorbild dafür ist sein Vater Orlando "Zeus" Brown, der ihm einst die Sportart nicht erlaubt hat.
Baltimore/München - Mit gerade einmal vier Worten löste Orlando Brown Jr. bei den Baltimore Ravens Ende Januar ein Erdbeben aus.
"Ich bin ein Left Tackle" twitterte er und legte einige Tage später noch einmal nach, dass es ihm nicht um mehr Geld gehe, sondern darum, endlich auf der wichtigsten und prestigeträchtigsten Position der O-Line eingesetzt zu werden.
Der 24-Jährige will deshalb offenbar einen Trade, und könnte ihn Medienberichten zufolge auch bekommen, wenn der Preis stimmt. Wie es heißt, wird er wohl nur gegen einen Erstrunden-Pick im kommenden Draft abgegeben.
Denn der Drittrunden-Pick des Drafts 2018 ist inzwischen in der O-Line der Ravens eine feste Größe, nur eben nicht in erster Linie als Left Tackle. Auf der Position ersetzte er in den vergangenen Monaten den verletzten Ronnie Stanley, auf die rechte Seite will Brown aber nicht mehr zurück.
Was auch an seinem Vater liegt.
Orlando "Zeus" Brown wird nicht gedraftet
Schließlich war auch Orlando Brown in der NFL als Offensive Tackle aktiv. 1993 kam Brown Sr. als ungedrafteter Rookie in die Liga und landete bei den Cleveland Browns. Der damalige Browns-Coach Bill Belichick erinnerte sich bei "NFL Films" an Brown, der vor allem unter seinem Spitznamen "Zeus" bekannt war.
Der Rookie sei so eine imposante Erscheinung gewesen, habe aber nicht in die vorgesehene Teamkleidung gepasst, so Belichick, der daraufhin eine Sonderanfertigung für "Zeus" anfertigen ließ. Auf dem Feld bestach Brown durch seine langen Arme, gepaart mit enormer Kraft. Schnell machte sich "Zeus" einen Namen in der Liga und wurde zu einem der bestbezahlten O-Liner bei den Baltimore Ravens. Dorthin verlegten die Browns ihre Franchise im Jahr 1996.
Drei Jahre später kehrte Brown aber zu den reaktivierten Browns zurück, bevor sich am 19. Dezember 1999, im Duell mit den Jacksonville Jaguars, alles änderte. Eine Flagge von Schiedsrichter Jeff Triplette traf Brown, durch den Helm hindurch, unglücklich am rechten Auge, das daraufhin anschwoll. Brown musste vom Feld, kehrte aber wieder zurück.
Allerdings nur, um Triplette anzugehen und auf den Boden zu schubsen.
Brown erhält Millionen nach Augenverletzung
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Die NFL bestrafte ihn hart für diese Attacke, hob die Sperre aber auf, als bekannt wurde, dass sich Brown schwerer am Auge verletzte. Drei Jahre musste Brown nach dem verhängnisvollen Flaggenwurf wegen Problemen an seinem Auge und zwischenzeitlicher Blindheit pausieren. Dazu verklagte er die NFL auf 200 Millionen Dollar Schadensersatz, bekam aber nur zwischen 15 und 25 Millionen Dollar zugesprochen.
2003 kehrte er schließlich zu den Ravens zurück. 2006 wurde er entlassen, Brown blieb der Franchise aber treu, indem er als Mentor fungierte.
Auch seinem 1996 geborenen Sohn Orlando Brown Jr. war er nicht nur Vater, sondern auch ein Mentor. Doch lange Zeit erlaubte er seinem Filius das Footballspielen nicht, schließlich wusste er um die Gefahren des Sports. Doch als sein Sprössling immer größer wurde und auch an Muskelmasse zulegte, gab der Vater schließlich doch grünes Licht. 2011 musste Brown Jr. jedoch den größtmöglichen und zugleich traurigsten Verlust überhaupt hinnehmen, als sein Vater tot aufgefunden wurde, nachdem er an den Folgen einer Diabetes-Erkrankung plötzlich verstarb.
Brown Jr. mit Baker Mayfield in einem Team
Brown münzte die Trauer um seinen Vater in Energie um und kämpfte sich über die High School in Georgia und die University of Oklahoma nah an seinen NFL-Traum heran. An der University of Oklahoma bildete er ein unzertrennliches Gespann mit dem heutigen Browns-Quarterback Baker Mayfield. 2018 meldeten sich beide gemeinsam zum NFL-Draft an.
Doch während rund um Mayfield ein Hype entstand und der Teamkollege als Nummer-1-Pick vom Board ging, entwickelte sich Brown eher gegenteilig. Seine Zeit von 5,85 Sekunden für den 40-Yard-Dash beim Combine zählte zu den langsamsten Zeiten und beim Bankdrücken sowie zwei weiteren Kategorien belegte er den letzten Platz unter allen Offensive Linemen. Zwar steigerte sich Brown beim Pro Day, doch der negative Eindruck war in gewisser Weise zementiert.
Am ersten Tag des Drafts griff daher niemand zu, doch am zweiten Tag, in der dritten Draft-Runde, klingelte plötzlich das Telefon von Brown.
Brown gilt im Draft 2018 als Steal
Am anderen Ende waren die Baltimore Ravens, das letzte Team seines Vaters. Der Ort, wo er bereits als Zwölfjähriger in den Katakomben unterwegs war und sein Vater ihm sagte, dass er eines Tages ebenfalls dort auflaufen werde. Filmaufnahmen zeigen, wie das junge Talent von den Tränen übermannt wird. An 83. Stelle wird er von den Ravens ausgewählt und gilt als einer der größten Steals des Draft.
Was er fortan eindrucksvoll beweist: In seiner Rookie-Saison kommt er auf zehn Spiele als Starter und erkämpft sich in den beiden folgenden Saisons jeweils einen Platz im Pro Bowl.
Doch nun möchte Brown den nächsten Schritt machen. Auch, um dem Erbe seines Vaters noch mehr gerecht zu werden und ihm einen Wunsch zu erfüllen, denn sein Vater wollte immer, dass sein Sohn mehr erreicht als er, der immer als Right Tackle gespielt hat. Dabei hat der 24-Jährige schon jetzt mehr erreicht, als der Großteil aller Football-Talente, die jährlich den beschwerlichen Weg in Richtung NFL in Angriff nehmen.
Doch keine Frage: Die Unterstützung von "Zeus" ist ihm gewiss.
Markus Bosch
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