Anzeige
Bundesliga

Florian Kohfeldt bei Werder Bremen vor dem Aus: Absturz des einstigen Überfliegers

  • Aktualisiert: 25.04.2021
  • 20:01 Uhr
  • ran.de / Carolin Blüchel
Article Image Media
© 2021 Getty Images

Nach sieben Niederlagen in Folge steckt Werder Bremen wieder mitten im Abstiegskampf. Selbst eine Trennung von Trainer Florian Kohfeldt ist plötzlich denkbar, dabei galt der junge Coach lange als großer Hoffnungsträger.

München - "Ich werde nicht weglaufen, sondern kämpfen", schloss Florian Kohfeldt nach der siebten Bundesliga-Niederlage in Folge einen Rücktritt als Trainer von Werder Bremen aus. Mehr als sein halbes Lebens - seit 2001 - steht er in Diensten der Grün-Weißen. Gut möglich, dass der 38-Jährige aber gar nicht mehr weiterkämpfen darf.

Auch wenn zwischen Spieler und Trainer in Bremen nach wie vor kein Blatt Papier passt, in der Vereinsführung bröckelt der Rückhalt. Unmittelbar nach dem blutleeren 1:3 bei Union Berlin am Samstag sollen Geschäftsführung und Aufsichtsrat in einer spontan anberaumten Krisensitzung getagt haben, berichtet "deichstube.de", das auf Werder Bremen fixierte Portal der "Kreiszeitung Syke".

Die Aufsichtsräte, Vorsitzender des Gremiums ist Ex-Profi Marco Bode, sollen schon länger Zweifel hegen, ob Kohfeldt noch der Richtige im Kampf um den Klassenerhalt ist. Am Sonntag rückte nun auch Sport-Geschäftsführer Frank Baumann, Kohfeldts größter Fürsprecher, merklich von seinem Trainer ab.

"Wir analysieren die Situation und werden es heute und morgen noch weiter tun. Die Analyse ist ergebnisoffen. Eine Nibelungentreue gibt es nicht", kündigte Baumann bei "Sky90" an: "Man kann auch zu dem Schluss kommen, dass es vielleicht dann nicht mehr zusammenpasst." Der Kapitän der Double-Mannschaft von 2004 galt selbst immer als Fürsprecher Kohfeldts. Doch nun scheinen auch ihm die Argumente ausgegangen zu sein.

Anzeige
Anzeige

Trainer des Jahres 2018

Die 180-Grad-Wendung des Sportchefs verdeutlicht, dass es in Bremen längst ums Überleben geht. Sollte Kohfeldt schon beim DFB-Pokal-Halbfinale am Freitag gegen RB Leipzig nicht mehr im Amt sein, wäre es das vorläufige Ende eines einstigen Überfliegers. Ein bitterer Absturz par excellence. Galt der junge Coach doch noch vor zwei Jahren als hoffnungsvolle Zukunft auf der Trainerbank.

2015 beendete Kohfeldt den Lehrgang an der Hennes-Weisweiler-Akademie als Jahrgangsbester. Da war er schon Assistent des damaligen Werder-Trainers Viktor Skripnik. Ein Jahr später übernahm er die U23 in der 3. Liga. Nach der Entlassung von Alexander Nouri bei den Profis im Oktober 2017 machte Baumann Kohfeldt erst zum Interims-, dann zum Cheftrainer. Zunächst mit Erfolg.

Werder schloss die Saison 2017/18 auf Platz elf ab, nachdem Kohfeldt das Team auf Rang 17 übernommen hatte, unter ihm gab es keine einzige Heimniederlage. In der folgenden Spielzeit verpassten die Bremer mit Rang acht und ansehnlichem Offensiv-Fußball die internationalen Plätze nur um Haaresbreite. Kohfeldt wurde zum Trainer des Jahres gekürt - ironischerweise der Beginn des Absturzes.

Anzeige
Anzeige
Union Werder
News

Pohjanpalo schießt Werder tiefer in die Krise

Werder Bremen hat seinen Absturz in der Fußball-Bundesliga aufgrund eines Hattricks von Joel Pohjanpalo fortgesetzt.

  • 24.04.2021
  • 17:43 Uhr

Externer Inhalt

Dieser Inhalt stammt von externen Anbietern wie Facebook, Instagram oder Youtube. Aktiviere bitte Personalisierte Anzeigen und Inhalte sowie Anbieter außerhalb des CMP Standards, um diese Inhalte anzuzeigen.

Kohfeldts Fehleinschätzung

Statt die Europapokal-Plätze in Angriff zu nehmen, befand sich Werder eigentlich die komplette Saison 2019/20 im Abstiegskampf. Kohfeldt nahm's auf seine Kappe. Aufgrund einer Fehleinschätzung seiner Mannschaft habe er auf eine falsche Vorbereitung gesetzt. Infolgedessen hatte Werder mit zahlreichen Verletzungen zu kämpfen, die letztendlich in die Krise führten.

Die Vereinsspitze sprach Kohfeldt das Vertrauen aus und kam nach erfolgreicher Relegation gegen den 1. FC Heidenheim mit zwei Unentschieden zumindest noch mit einem blauen Auge davon. Ein Drama, das der einstige Europapokal-Dauergast natürlich nicht noch einmal erleben wollte.

Die finanziellen Mittel, um die Mannschaft zu verstärken, hatte der Verein jedoch nicht. Umso schmerzhafter war es, als kurz nach Saisonbeginn Mittelfeldstratege Davy Klaassen überraschend um die Freigabe bat, um in seine niederländische Heimat zu Ajax Amsterdam wechseln zu können.

Die Hanseaten waren dringend auf die Ablöse angewiesen, konnten sich aber kurzfristig keinen Ersatz mehr beschaffen. Eine geplante Leihe von Marko Grujic, der vom FC Liverpool zuvor zwei Jahre lang bei Hertha BSC geparkt worden war, zerschlug sich. Offenbar konnte dessen Gehaltsforderung nicht nachgekommen werden.

Destruktiv aber effektiv

Zunächst lief es zumindest ergebnistechnisch nach Plan. Zwar mit destruktiver Spielweise aber effektiv kämpfte sich Werder durch die Spieltage. Nach dem 2:0 bei Arminia Bielefeld am 10. März hatte man bereits 30 Punkte auf dem Konto und ein beruhigendes Elf-Zähler-Polster auf die Abstiegsplätze.

Kohfeldt versprach im Anschluss schöneren Fußball, jetzt, da der Druck nicht mehr so groß war: "Das wollen wir probieren. Ob es gelingt, kann ich nicht versprechen, denn so etwas geht nicht auf Knopfdruck, aber ich kann versprechen, dass wir daran arbeiten werden." Was folgte, war der freie Fall.

Anzeige
Anzeige

Sieben Niederlagen in Folge

Niederlagen gegen Bayern, Wolfsburg, Stuttgart, Leipzig, Dortmund, Mainz und schließlich Union bedeuteten nicht nur einen Vereins-Negativrekord. Die Pleitenserie stellt selbst Absteiger Schalke 04 in den Schatten.

Nachdenklich machte vor allem die Art und Weise der Niederlagen. Vor den Topklubs kapitulierte Werder wie das Kaninchen vor der Schlange, während die Konkurrenz um Köln (2:1 gegen Leipzig, 2:2 gegen Dortmund) und Mainz (2:1 gegen Bayern) unerwartet punktete.

Und so schrumpfte der Abstand zum Relegationsplatz auf ein Pünktchen zusammen, wobei Hertha BSC als Tabellen-17. noch drei Spiele weniger auf dem Konto hat. Das Momentum spricht also ganz klar gegen die Bremer.

Mannschaft fehlt Selbstvertrauen

Kohfeldt muss sich den Vorwurf gefallen lassen, dass es ihm nicht gelungen ist, seine Mannschaft weiterzuentwickeln. Selbst bei einzelnen Spielern ist eher ein Rück- als ein Fortschritt zu erkennen. Maximilian Eggestein galt beispielsweise 2019 noch als Kandidat für die Nationalmannschaft. Heute ist das längst kein Thema mehr.

Es scheint ein echter Leader zu fehlen. An dem sich die Mannschaft gerade nach den sich häufenden Rückschlägen aufrichten kann. In Kohfeldts ersten Jahren als Cheftrainer war das Max Kruse. Nach dessen Abschied 2019 mit Abstrichen Claudio Pizarro, der sich allerdings auf Abschiedstour befand.

Nun ist die Vakanz hier groß: Kapitän Niklas Moisander ist nur noch Ersatzspieler, seine Vertreter Theodor Gebre Selassie und Eggestein gelten nicht gerade als Lautsprecher. Blieben mit Niclas Füllkrug und Ömer Toprak zwei gestandene Bundesligaprofis - doch beide sind verletzungsanfällig, fehlen entsprechend in wichtigen Momenten in der Kabine.

"Die Mannschaft will. Aber aufgrund der Niederlagen fehlt das Selbstvertrauen", analysierte Baumann Werders Dilemma bei "Sky90". Der Verein habe "eine sehr hohe Wertschätzung für die fachlichen und menschlichen Fähigkeiten" Kohlfeldts, doch im Sinne des Vereins könnte eine Notbremse nötig sein.

Denn mit Bayer Leverkusen, dem FC Augsburg und Borussia Mönchengladbach steht Werder ein hartes Restprogramm bevor. Kampf allein dürfte diesmal nicht ausreichen.

Carolin Blüchel

Du willst die wichtigsten Fußball-News, Videos und Daten direkt auf Deinem Smartphone? Dann hole Dir die neue ran-App mit Push-Nachrichten für die wichtigsten News Deiner Lieblings-Sportart. Erhältlich im App-Store für Apple und Android.