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Hahn: "Schürrle hätte sich einen Einsatz verdient"

  • Aktualisiert: 12.07.2014
  • 12:04 Uhr
  • ran.de / Andreas Kötter
Article Image Media
© 2014 Getty Images
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Seine Geschichte ist ein kleines Fußball-Märchen. Im Exklusiv-Interview mit ran.de spricht der neue Flügelstürmer von Borussia Mönchengladbach über schwierige Zeiten, über seinen kometenhaften Aufstieg, den Wechsel zur Borussia und über das bevorstehende WM-Finale.

ran.de: Herr Hahn, seit einer Woche sind Sie mit Ihrem neuen Klub Borussia Mönchengladbach im Training. Was für einen Eindruck haben Sie vom Klub, von den Teamkollegen und dem Trainer?

Andre Hahn: Borussia ist ein fantastischer Klub, die Bedingungen hier sind hervorragend. Die Jungs haben mich toll aufgenommen, und ich bin sehr froh hier sein zu dürfen.

ran.de: Man sollte meinen, dass das Prozedere bei allen 18 Bundesliga-Klubs ähnlich ist - gibt es dennoch einen signifikanten Unterschied zwischen Gladbach und Augsburg?

Hahn: Den gibt es insofern, dass jeder Trainer anders trainiert und die Schwerpunkte unterschiedlich setzt. Mein Eindruck ist etwa, dass das Tempo bei Borussia doch noch etwas höher ist als beim FCA. Dennoch ist es richtig, dass ich krasse Unterschiede, die mich wirklich überraschen würden, nicht ausmachen kann.

ran.de: Sie sollen verschiedene Angebote gehabt haben, auch von Klubs, die in der Tabelle vor Gladbach stehen; was hat den Ausschlag für Borussia gegeben?

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Hahn und seine Wunschelf
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Hahns Wunschelf: Böse Überraschung für Özil

Mit welcher Aufstellung soll Joachim Löw in das Finale gehen? Ganz Deutschland grübelt über dieser Frage. Andre Hahn von Borussia Mönchengladbach hat dazu eine klare Meinung.

  • 11.07.2014
  • 16:27 Uhr

Hahn: Ich hatte tatsächlich andere sehr attraktive Angebote, und auch diese Klubs haben sich sehr um mich bemüht. Bei Borussia aber hat mir der Weg der vergangenen Jahre ganz besonders imponiert, und ich bin ziemlich sicher, dass dieser Weg längst noch nicht zu Ende sein muss.

ran.de: Wie verhält man sich, wenn man neu ist in einer Profi-Elf - hält man sich anfangs an die anderen Neuen, weil die eine ähnliche Ausgangslage haben?

Hahn: Wenn auch auf einem anderen Niveau, so ist es doch für mich nichts Ungewohntes mehr, zu einer neuen Mannschaft zu stoßen. Man muss leider fast sagen, dass ich darin schon eine gewisse Routine entwickelt habe. Allerdings ist mein Standing diesmal ein anderes. Während ich früher von unten nach oben gewechselt habe, bin ich diesmal auf Augenhöhe. Aber es stimmt schon, dass man sich anfangs vor allem an die hält, die ebenfalls neu gekommen sind, in diesem Fall etwa an Ibrahima Traoré. Aufgenommen haben uns aber alle sehr gut, und gerade mit Tony Jantschke verstehe ich mich schon blendend.

ran.de: Nachdem man Ihnen in der Vergangenheit wiederholt zu verstehen gegeben hatte, dass es für den Profi-Fußball nicht reichen würde, wollten Sie mit dem Fußball schon aufhören. Mittlerweile sind Sie Nationalspieler - ist das ein Beleg dafür, dass man trotz Leistungszentren durchs Netz fallen kann?

Hahn: Man braucht auf jeden Fall sehr viel Ehrgeiz und Willen, um das Ziel nicht aus den Augen zu verlieren. Heute schreiben mir sehr viele junge Menschen oder sprechen mich direkt an, für die ich ein Vorbild bin. Denn sie sehen, dass ich - ähnlich wie Simon Zoller, der jetzt für den 1. FC Köln spielt - nie in einem Leistungszentrum war, es aber doch in die Bundesliga geschafft habe. Das macht vielen Mut - was mich wiederum sehr stolz macht.

ran.de: "Viel Ehrgeiz und Willen": Gab es dennoch Momente, in denen Sie an sich gezweifelt haben?

Hahn: Nein. Gezweifelt an mir habe ich nicht. Aber es gab eine sehr, sehr schwierige Zeit. Ich bin in sehr vernünftigen Verhältnissen aufgewachsen und erzogen worden. Als ich in der Nähe von Bremen bei Oberneuland gespielt habe,  gab es ein Jahr lang kaum Geld zu verdienen. Nach einem knappen Jahr habe ich mein Kündigungsrecht in Anspruch genommen, weil ich mir sicher war, dass ich so kein normales Leben führen kann. Also habe ich mit meinem Vater besprochen, dass ich ab Winter in sein Versicherungsbüro einsteigen würde. Alles andere wäre zu diesem Zeitpunkt unvernünftig und nur Träumerei gewesen.

ran.de: Der Traum vom Fußball-Profi schien also ausgeträumt ...

Hahn: Ja. Aber nach meiner Kündigung habe ich in nur vier Spielen sieben Tore erzielt, und plötzlich haben sich TuS Koblenz und Trainer Petrik Sander bei mir gemeldet. Ab diesem Moment kamen die Dinge langsam ins Rollen.

ran.de: War es vor allem die Familie, die Ihnen in dieser Zeit schwierigen Zeit Halt gegeben hat?

Hahn: Eindeutig. Mein Vater hat mich finanziell unterstützt, anders wäre es gar nicht gegangen. Aber auch meine Mutter, mein Bruder und meine Oma waren immer für mich da und haben mir zugeredet, wenn es mir mal wieder nicht so gut ging. Ich habe meiner Familie wirklich alles zu verdanken.

ran.de: Apropos Oma: Ihre Oma wie auch Ihr verstorbener Opa waren sehr erfolgreich im Reitsport - war Reiten für Sie nie ein Thema?

Hahn: Mein leider schon verstorbener Opa war Bundestrainer der Deutschen Reiterlichen Vereinigung, meine Oma eine der erfolgreichsten Reiterinnen Norddeutschlands. Die beiden haben eine Pferdezucht bzw. ein Gestüt aufgebaut, auf dem ich groß geworden bin. Da meine Oma im Rahmen eines Jugendaustausches längere Zeit in den USA war und dort Dwight D. Eisenhower kennenlernen durfte, ist der damalige US-Präsident sogar einmal auf dem Hof zu Besuch gewesen. Mit Pferden kenne ich mich jedenfalls gut aus, und ich kann auch reiten. Schon im Kindergarten hatte ich mein eigenes Pony, das war damals natürlich eine ganz tolle Sache. Trotzdem war Reiten als Sport nie mein Ding. Ich wollte immer nur Fußballer werden ...

ran.de: ... und mit 26 in der Bundesliga sein, geschafft hatten Sie es aber schon mit 22. Welches Ziel haben Sie sich nun gesetzt?

Hahn: Ich möchte so viele Spiele machen wie eben möglich und viele Vorlagen geben und Tore erzielen. Borussia hat zuletzt drei sehr gute Saisons gespielt, daran möchten wir alle anknüpfen.

ran.de: Und dann gibt es noch die Nationalmannschaft: Tut es nach dem 7:1 gegen Brasilien besonders weh, dass Sie im Mai aus dem vorläufigen WM-Kader gestrichen wurden?

Hahn: Klar wäre ich sehr, sehr gerne dabei gewesen, und wenn es für das ganze Turnier nur die Ersatzbank gewesen wäre. Wenn man aber bedenkt, wie schnell zuletzt für mich alles gegangen ist - in nicht mal einem Jahr aus der dritten Liga bis in die Nationalmannschaft - sollte ich die Kirche wirklich im Dorf lassen. Ich gönne es jedem von Herzen, der nun in Brasilien dabei ist. Und wenn ich bei Borussia gut spiele, bekomme ich vielleicht noch mal eine Chance und habe die Möglichkeit, bei der nächsten EM dabei zu sein.

ran.de: Ihre Nationalmannschaftskameraden stehen am Sonntag im WM-Finale gegen Argentinien. Wie sieht Ihre Wunsch-Elf aus?

Hahn: Ich gebe zu, dass ich eigentlich auf Holland als Final-Gegner getippt hätte, nachdem die Mannschaft bisher so stark aufgetrumpft hat. Selbstverständlich haben aber auch die Argentinier Top-Spieler wie Messi, di Maria oder Higuain. Trotzdem setze ich klar auf Deutschland. Meine Wunschelf sieht so aus wie die gegen Brasilien. Mit einem Unterschied. Statt Mesut Özil sollte André Schürrle starten. Mesut ist ein überragender Fußballer, aber irgendwie scheint das nicht seine WM zu sein. Und André hat bei seinen Kurzeinsätzen jedes Mal voll eingeschlagen. Er hat es jetzt einfach verdient.


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