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Wolfsburg-Geschäftsführer Jörg Schmadtke im ran-Interview

Jörg Schmadtke über Glasner-Gerüchte: "Ausstiegsklausel kann zu viel Unverständnis führen"

  • Aktualisiert: 12.03.2021
  • 17:25 Uhr
  • ran.de / Andreas Kötter
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Wie schon auf seinen vorherigen Stationen überzeugt Jörg Schmadtke auch beim VfL Wolfsburg mit einer klugen, weitsichtigen Transferpolitik. Und auch dass der Geschäftsführer Sport nicht immer ein einfacher Partner für seine Trainer ist, scheint dem Erfolg nicht im Wege zu stehen. Im Exklusiv-Interview mit ran.de spricht Schmadtke über Freundschaft, Streitkultur, Ausstiegsklauseln und den Bundestrainer.

ran.de: Herr Schmadtke, zunächst die Aktualität: Wie haben Sie die Rücktrittsentscheidung von Joachim Löw aufgenommen? 

Jörg Schmadtke: Der Zeitpunkt war vielleicht etwas überraschend, aber es passt zu Jogi, dass er ihn selbst gewählt hat. Er hat sich gesagt: 'Ich mache jetzt die EM, mit vollem Einsatz und allem, was ich geben kann, und dann ist Schluss.' Das kann ich durchaus nachvollziehen. Es ist immer gut, wenn man Entscheidungen aus der eigenen Stärke heraus trifft. Und das hat Jogi getan.  

ran.de: Die Spekulationen um seine Nachfolge sind bereits in vollem Gange. 

Schmadtke: Eins möchte ich gleich feststellen: Ich stehe nicht zur Verfügung. (lacht) Im Ernst: Da wird jetzt viel diskutiert, und man wird sehen, welche Entscheidung die DFB-Oberen treffen werden. Darüber mache ich mir aber keine Gedanken. Das, was ich sagen kann: Jogi Löw hat eine sehr lange, sehr erfolgreiche Ära geprägt. Ich habe manchmal aber den Eindruck, dass es jetzt nur noch um die Russland-WM und das 0:6 gegen Spanien geht. Und das ist das Problem: Dass bei der Betrachtung, was einer geleistet hat, nur noch der letzte Moment zählt. Ganz am Ende wird nicht mehr wirklich sauber beurteilt. Tatsächlich aber sollte man eine Leistung über einen so langen Zeitraum unabhängig davon bewerten, ob ein einziges Spiel 1:0 oder 0:1 ausgegangen ist. Berücksichtigt man das, hat Jogi Löw über 15 Jahre einen sehr guten Job gemacht. 

ran.de: Wenn wir über Bewertungen sprechen: Sind Sie über das bisherige, sehr gute Abschneiden Ihrer Mannschaft überrascht? 

Schmadtke: Nein. Ich weiß, dass wir eine gute Mannschaft haben, dass wir ein gutes Trainer-Team haben, und dass die Dinge hier in den vergangenen Jahren ein Stück weit gewachsen sind. Natürlich lässt sich so etwas nicht auf den Punkt prognostizieren. Aber das, worüber wir uns jetzt unterhalten, ist nur ein Zwischenbescheid. Noch bleiben zehn Spieltage, also fast ein Drittel der Saison. Dennoch tun viele bereits so, als ob alles schon verteilt wäre. Das finde ich sehr merkwürdig. 

ran.de: Wie auf Ihren früheren Stationen mit zum Beispiel Ibisevic, Abdellaoue, Ya Konan oder Modeste haben Sie mit Wout Weghorst auch in Wolfsburg einen Stürmer verpflichtet, den, wenn überhaupt, nur wenige auf dem Schirm hatten. Wie geht so etwas eigentlich? 

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Schmadtke: Indem ich immer Sorge trage, dass gute Leute um mich herum sind, die einen guten Job machen. Davon profitiere ich dann. Und eine der wichtigsten Abteilungen überhaupt im Fußballgeschäft ist nun mal die Scouting-Abteilung. Allerdings ist heute vieles schwieriger als noch vor einigen Jahren, wenn ich etwa an Abdellaoue und Ya Konan denke, die ich aus Norwegen nach Hannover geholt habe. Damals war der skandinavische Markt noch relativ unberührt. Bereits zwei, drei Jahre später aber brauchte man dort gar nicht mehr hinzufahren, es sei denn man hatte ein großes Portemonnaie. 

ran.de: Es gab Experten, die Weghorst nicht viel zugetraut haben. Heute liegt sein Marktwert bei um die 30 Millionen Euro. Kommt da Genugtuung auf? 

Schmadtke: Nein. Zudem war es so, dass sich schon mein Vorgänger, Olaf Rebbe, und auch Bruno Labbadia mit Wout beschäftigt hatten. Letztlich habe ich den Transfer dann finalisiert. Im Übrigen wundere ich mich ohnehin nicht mehr über Medienberichte oder Experten-Meinungen. 

ran.de: Dann werden Sie sich über die folgende Frage besonders freuen: Nachdem es im vergangenen Herbstunstimmigkeiten zwischen Ihnen und Trainer Oliver Glasner gegeben hatte, forderte selbst der "Kicker", eine Trennung sei jetzt unabdingbar. Auch wenn bekannt ist, dass Ihnen Druck von außen relativ egal ist – wie haben Sie diese Situation wieder eingefangen? 

Schmadtke: Stimmt: Durch Druck von außen habe ich mich noch nie leiten lassen. Nach meiner Einschätzung gibt es nur zwei Dinge, denen man gerecht werden muss: Seinem Arbeitgeber und sich selbst. Und wie regelt man ein solches Problem? Indem man miteinander redet. So wie im normalen Leben auch. 

ran.de: Glasner soll eine Ausstiegsklausel haben und wird mit Borussia Mönchengladbach in Verbindung gebracht. Konterkarieren solchen Klauseln nicht jedes Vertragswerk und sorgen für eine zunehmende Entfremdung zwischen Profi-Fußball und Fans, siehe aktuell Mönchengladbach? 

Schmadtke: Ich weiß nicht, ob das wirklich so ist, und halte das eher für eine merkwürdige Gleichung. Wird dreimal verloren, weil der Ball vom Innenpfosten nicht ins Tor, sondern zurück ins Feld springt, schreien dieselben Fans, die sich jetzt empören, dass man den Trainer rausschmeißen soll. Okay: Eine solche Klausel gibt  einem Trainer die Option, etwas anderes zu machen, wenn sich ihm eine entsprechende Möglichkeit bietet. Genauso gibt es aber auch Abfindungsklauseln im Falle des Misserfolgs. Heißt: Beide Seiten sind in der Lage die gemeinsame Reise abzubrechen. Aber ich gebe zu, dass eine solche Klausel offensichtlich zu viel Unverständnis führen kann. Einerseits darf es zwar nicht sein, dass uns die Kurve diktiert, was wir zu tun oder zu lassen haben. Andererseits aber müssen wir aufpassen, dass wir die Kurve nicht in Gänze verlieren. 

ran.de: Und? Hat Glasner eine Ausstiegsklausel? 

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Schmadtke: Fragen Sie bei Ihren Kollegen nach. Es schreibt ein Journalist, dass es eine solche Klausel gibt, und der nächste bestätigt sie dann. Das ist schon witzig, oder?! 

ran.de: Sie sind mit Borussias Geschäftsführer Sport, Max Eberl, befreundet. Was würde es mit dieser Freundschaft machen, wenn Glasner vielleicht doch irgendwann zur Borussia wechseln würde? 

Schmadtke: Nichts. In der Tat glaube ich behaupten zu können, dass Max und ich befreundet sind … 

ran.de: … aber nicht zusammen in den Urlaub fahren, wie Sie mir einmal erzählt haben. 

Schmadtke: Bisher nicht, was aber nicht heißt, dass es dazu nicht einmal kommen könnte. So hat Max mich an meinem Urlaubsort besucht, als er selbst Ferien gemacht hat. Und ehrlich gesagt sind die Bande zwischen uns so stark, dass eine solche berufliche Geschichte das nie in Gefahr bringen könnte. 

ran.de: Ihr Verhältnis zum Trainer ist nicht zum ersten Mal distanziert. Ähnlich wie bei Glasner war es auch bei Slomka in Hannover oder zuletzt bei Labbadia. Sind Sie ein Streithansel, oder steckt dahinter die Strategie, dass eine 'Friede, Freude, Eierkuchen'-Atmosphäre eher hinderlich ist für außergewöhnliche Leistungen; schließlich hatten Sie mit Ihrer Art auf jeder ihrer Stationen großen Erfolg? 

Schmadtke: Ich glaube nicht, dass ein gutes Klima hinderlich ist, und ich streite auch nicht um des Streitens willen. Wie ich vorhin schon habe anklingen lassen: Ich diene meinem Klub und muss auch mit mir selbst zu Rande kommen. Und vielleicht ist der Unterschied zwischen mir und dem einen oder anderen in dieser Branche, dass ich deutlich in der Lage bin zwischen persönlicher und beruflich-fachlicher Ebene zu trennen. 

ran.de: Das können in der Tat längst nicht alle, wie sich in jeder Saison einige Male zeigt. 

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Schmadtke: Die Beziehung zwischen Trainer und Sportvorstand ist in der Regel geprägt von großem Vertrauen, zumindest sollte es so sein. Damit lassen beide Seiten aber eine Nähe zu, die auch mal hinderlich sein kann. Ich selbst aber kann auch ohne diese Nähe Entscheidungen treffen, die bei einem Streit trotzdem nicht dazu führen müssen, dass ich den Trainer umgehend entlasse, wie es damals aber mehr oder weniger gefordert wurde. 

ran.de: Würden Sie eine solche innere Nähe überhaupt wollen? 

Schmadtke: Es ist schon eine aberwitzige Situation: Sie stellen jemanden an, der sich auf sie einlässt. Und doch wissen beide, dass man sich in letzter Konsequenz wieder verlassen wird – oder trennen muss. Das führt schon mal zu Spannungen oder Problemen. Und am Ende muss ich immer erst meiner Verantwortung dem Verein gegenüber gerecht werden, und das unabhängig von jeglicher persönlichen Beziehung.

Das Interview führte Andreas Kötter

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