Fragen und Antworten zum Urteil
50+1-Regel - DFL muss nachbessern: Müssen Klubs wie Bayer Leverkusen, VfL Wolfsburg und RB Leipzig nun zittern?
- Aktualisiert: 18.06.2025
- 12:13 Uhr
- Kai Esser
Das Bundeskartellamt hat die Berechtigung der 50+1-Regel bestätigt. Allerdings fordert die Behörde auch Nachbesserungen. Womöglich droht sogar ein großer Knall im Deutschen Fußball.
Von Kai Esser
Der deutsche Fußball ist im europaweiten Vergleich einzigartig. Während in England asiatische und US-amerikanische Privatpersonen und Firmen die Vereine kontrollieren, kontrollieren in Deutschland die Fans ihre Klubs.
Zumindest mehrheitlich. Denn die viel zitierte 50+1-Regel ist nahezu regelmäßig in aller Munde. Das Bundeskartellamt hat nun in einem Urteil die Berechtigung und die Wichtigkeit der Regel zwar bestätigt, jedoch auch Nachbesserungen gefordert.
50+1: Was wurde entschieden und was wird nun gefordert?
Das Bundeskartellamt hat am 16. Juni 2025 eine vorläufige Bewertung der 50+1-Regel veröffentlicht und diese grundsätzlich als kartellrechtlich zulässig eingestuft, da sie die Vereinskultur und den Wettbewerb schützt. Das galt oft von Kritikern als unsicher.
Allerdings fordert es drei zentrale Nachbesserungen, um endgültige Rechtssicherheit zu schaffen: Aktuell genießen Bayer 04 Leverkusen und der VfL Wolfsburg Ausnahmen, da die Förderer Bayer und Volkswagen schon deutlich länger als 20 Jahre ihr Engagement im Klub vorantreiben. Diese Ausnahme soll abgeschafft werden.
Zudem sollen dubiose Umgehungen der 50+1-Regel wie bei RB Leipzig konsequenter sanktioniert werden. Stimmberechtigt sind dort nur 23 Personen, die eng mit dem Konzern Red Bull verbunden sind. Diese stimmen so ab, wie der Konzern es vorgibt, um ihm somit völlige Kontrolle über den Verein zu geben.
Die dritte Forderung lautet: Abstimmungsprozesse müssen konsequenter überwacht werden. Als die DFL die Abstimmung über die Verhandlung mit möglichen Investoren initiierte, wies der Mutterverein von Hannover 96 Geschäftsführer Martin Kind per Abstimmung an, dagegen zu stimmen. Später weigerte er sich, sein Votum offenzulegen. Es liegt also nahe, dass er sich dem widersetzt hat.
Warum steht die 50+1-Regel schon so lange und so oft in der Kritik?
Die 50+1-Regel ist seit Jahren umstritten, weil sie verschiedene Interessen kollidieren lässt. Kritiker bemängeln beispielweise, dass deutsche Klubs durch eingeschränkte Investorenmittel in der Champions League zurückfallen. 2024 stand Borussia Dortmund allerdings noch im Finale der Champions League.
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Zudem werden die oben genannten Ausnahmen oft stark kritisiert, ein Grund für die Empfehlung des Kartellamts, dort nachzubessern. Mit der TSG 1899 Hoffenheim hat ein Klub gezeigt, wie die Eingliederung in 50+1 gelingen kann. Zuvor war auch der Kraichgau eine Ausnahme, da Dietmar Hopp mehr als 20 Jahre in den Klub investierte.
50+1: Was sagen betroffene Vereine wie Leverkusen, Leipzig und Wolfsburg?
Bayer Leverkusen und VfL Wolfsburg kritisieren die Empfehlungen scharf, halten sie für "rechtlich unverbindlich" und "nicht überzeugend" und prüfen rechtliche Schritte. Sie verteidigen ihren Bestandsschutz, da ihre Konzernförderung über Jahrzehnte etabliert ist.
RB Leipzig äußert sich zurückhaltend, betont aber den Wunsch nach klaren, einheitlichen Regeln. Eine Öffnung des Mitgliedermodells wird intern kritisch gesehen, da sie Red Bulls Kontrolle einschränken könnte.
Martin Kind, der Investor und ehemalige Geschäftsführer von Hannover 96, äußerte sich kritisch zur Bewertung des Kartellamts. In einer Stellungnahme gegenüber der "Sportschau" sagte er: "Jetzt erfolgt eine seriöse Prüfung. Es ist ungewöhnlich, dass das Kartellamt sieben Jahre benötigt, um eine solche Empfehlung ohne Rechtswirkung abzugeben." Der Mutterverein begrüßt die Entscheidung.
Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass 50+1 nun ganz gekippt wird?
Die Wahrscheinlichkeit, dass die 50+1-Regel komplett gekippt wird, ist sehr gering.
Das Kartellamt hat die Regel ausdrücklich gestärkt und sie als mit dem EU-Recht vereinbar eingestuft. Die breite Unterstützung bei Fans, Vereinen und der DFL macht eine Abschaffung unwahrscheinlich.
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Stattdessen wird die DFL vermutlich die geforderten Nachbesserungen umsetzen, um Klagen zu vermeiden. Mögliche rechtliche Auseinandersetzungen, vor allem mit den vier genannten Sonderfällen, könnten die Regel schwächen, aber ein völliges Ende ist derzeit nicht absehbar.
Wird sich bei 50+1 kurzfristig etwas ändern?
Es ist sehr wahrscheinlich, dass sich kurzfristig erst einmal nichts ändert. Die Empfehlungen des Kartellamts sind nicht bindend, und die DFL wird die Vorschläge erst prüfen.
Leverkusen und Wolfsburg drohen mit Klagen, und RB Leipzig bleibt vorsichtig. Die Umsetzung der geforderten Änderungen – wie Abschaffung der Ausnahmen oder offene Mitgliedschaft – ist komplex und könnte Jahre dauern. Kurzfristig bleibt wohl alles beim Alten, da die DFL Zeit für einen Kompromiss braucht.
Langfristig wird der Druck für Reformen aber steigen.