Nach frühem EM-Aus
EM 2021: Eine Ära endet - Welche DFB-Stars jetzt einen Schlussstrich ziehen (sollten)
- Aktualisiert: 30.06.2021
- 18:44 Uhr
- ran / Tobias Hlusiak
Das frühe Ausscheiden bei der EM und der damit verbundene Wechsel von Bundestrainer Joachim Löw hin zu seinem Nachfolger Hans-Dieter Flick ist eine Zäsur für die Nationalmannschaft. Ihr Gesicht wird sich unweigerlich verändern. ran schätzt ein, welche Stars in Zukunft nicht mehr zum Aufgebot gehören, wer noch hadert und wer noch weitermachen könnte.
München/London - Große Turniere sind meist einschneidende Erlebnisse. Spieler arbeiten auf sie hin. Sie sind die wichtigsten Anhaltspunkte im internationalen Fußball-Kalender.
Und wenn sie vorbei sind, wird Bilanz gezogen. Was war gut? Wo herrscht Verbesserungsbedarf? Welche Personalien sind zu überdenken?
Der EM-Zyklus der deutschen Nationalmannschaft endete in diesem Sommer früher als erwartet. Im Achtelfinale der um ein Jahr aufgeschobenen EURO 2020 war gegen England Schluss.
Weil der nun anstehende Zyklus bis zur WM in Katar in eineinhalb Jahren ein besonders kurzer ist und mit dem Wechsel des Bundestrainers hin zu Hans-Dieter Flick eine weitere einschneidende Veränderung ins Haus steht, müssen nun Entscheidungen getroffen werden.
Es ist zu erwarten, dass sich das Gesicht der Nationalmannschaft grundlegend verändern wird. Das ist immer passiert nach großen Turnieren. Im Anschluss an die WM 2014 gingen Lahm, Klose und Mertesacker, zwei Jahre später Schweinsteiger, Gomez und Khedira schließlich nach der WM 2018.
Für wen endete das Kapitel Nationalmannschaft also in Wembley? ran gibt eine Einschätzung.
Mats Hummels: Verraten ihn die Tränen?
Gerade erst in den Kreis der Nationalmannschaft zurückgekehrt, verlief die Europameisterschaft für den Dortmunder durchwachsen. Eigentor im ersten Spiel, gelegentliche Wackler, aber auch klarer Spielaufbau und einige starke Rettungsaktionen gaben sich die Klinke in die Hand.
Der Weltmeister von 2014 übernahm wie selbstverständlich sofort wieder eine Führungsrolle. Trotzdem stand er am Dienstagabend mit Tränen in den Augen auf dem Rasen von Wembley. Irgendwie konnte er das Geschehene noch nicht richtig einordnen.
"So, that's it. Die EM ist für uns vorbei und ich sitze hier im Bus und will es nicht wahrhaben", schrieb er wenig später noch aus dem Mannschaftsbus bei Instagram. Wieder bei der Nationalmannschaft zu sein habe ihm dennoch "unendlich viel Spaß gemacht".
Ob das Kapitel weitergeschrieben wird, scheint dennoch fraglich. Hummels selbst wollte sich dazu noch nicht abschließend äußern. "Das werde ich irgendwann in ein paar Wochen mal machen", sagte er "Bild". Er wolle seine Gedanken erst mal ordnen.
Hummels legt großen Wert auf Selbstbestimmung. Die Löwsche Ausbootung im Frühjahr 2019 hat ihn schwer getroffen. Gut möglich, dass der 32-Jährige seine DFB-Karriere nach nunmehr 76 Spielen diesmal selbst beendet.
Thomas Müller: Flick wird mit ihm reden wollen
Beim Bayern-Star verhält es sich ähnlich wie bei seinem Spezi Hummels. Auch eine zweijährige DFB-Pause hielt ihn nicht davon ab, gleich wieder voran zu gehen. Viele junge Spieler äußerten sich positiv über Müllers Einfluss auf das Mannschaftsgefüge.
Es ist zu erwarten, dass Flick versuchen wird, davon zu profitieren. Ein Gespräch zwischen Trainer und Routinier wir es geben.
Schon beim FC Bayern arbeiteten beide mehr als erfolgreich zusammen. Flicks Vertrauen ist es geschuldet, dass der 31-Jährige überhaupt wieder ein Thema für Löw wurde.
Die Chance ist deshalb durchaus gegeben, dass Müller dem neuen Bundestrainer die Eingewöhnung erleichtert und zumindest noch die Winter-WM in Katar mitnimmt. Am Ehrgeiz des Münchners sollte es nicht scheitern.
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Ilkay Gündogan: Eine große Liebe war es nie
Eigentlich ist es fast unglaublich, dass der 30-Jährige bis heute nur 49 Länderspiele absolviert hat. Die Beziehung von Gündogan zur Nationalmannschaft war aber über all die Jahre von Rückschlägen durchzogen.
Immer wieder warfen ihn Verletzungen zurück, ließen ihn große Turniere verpassen. So konnte sich der Regisseur nie das Standing eines unumstrittenen Stammspielers erarbeiten. Trotz teils herausragender Leistungen in seinen Vereinen - zunächst in Dortmund, später bei ManCity - blieb er immer irgendwie ein Mitläufer.
Auch in Zukunft dürfte sich das kaum ändern. Flick wird beim DFB mit großer Sicherheit Joshua Kimmich ins zentrale Mittelfeld beordern. Daneben kann er auf Leon Goretzka zurückgreifen. Es wäre das Duo, dem der Trainer beim FC Bayern vertraute.
Dahinter scharrt Florian Neuhaus mit den Hufen. Die Konkurrenzsituation wird für Gündogan also nicht übersichtlicher.
Schon vor der EM berichtete "SportBild", dass sich der gebürtige Gelsenkirchener nach dem Turnier Gedanken über seine Zukunft beim DFB machen wolle. Seine drei absolvierten Spiele dürften die Tendenz nicht zwingend in Richtung "Weitermachen" verschoben haben.
Toni Kroos: Das Signal zum Neuaufbau?
Auch beim viermaligen Champions-League-Sieger gab es vor dem Turnier Gemurmel, was seine Zukunft angeht.
Die Nationalmannschaftskarriere des Toni Kroos ist eng mit dem Trainer Joachim Löw verknüpft. Unter dem Bundestrainer war Kroos seit seinem Debüt stehts unumstritten. Löw hielt zu Kroos, wenn Diskussionen über dessen Spielstil aufkamen. Egal wie heftig der Gegenwind war, Kroos dirigierte das deutsche Spiel.
Mit dem Ende der Ära Löw könnte nun auch Kroos' Weg in der Nationalmannschaft enden. Nicht, weil er ihr qualitativ nicht mehr helfen könnte. Vielmehr wäre eine Neuordnung des Mittelfelds - ohne Kroos - das klarste Signal für einen Neuanfang.
Flick wird auch mit dem 106-maligen Nationalspieler das Gespräch suchen. Gut möglich, dass man gemeinsam zu der Überzeugung kommt, Schluss zu machen.
Marco Reus: Es führt kaum ein Weg zurück
Bei der EM war der Dortmunder Kapitän schon gar nicht mehr dabei. Aus Rücksicht auf seinen arg geschundenen Körper wollte sich Reus lieber ohne EM-Belastung auf die neue Saison vorbereiten.
Dies ist ein mehr als deutlicher Hinweis darauf, dass sich die Prioritäten beim 32-Jährigen längst verschoben haben. Wenn Flick die Mannschaft erneuern und auf jüngere Stars wie Leroy Sané, Kai Havertz und Jamal Musiala setzen will, wird er Reus nicht mehr einladen.
Tobias Hlusiak
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