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Bundesliga

Hertha BSC: Abstieg als Erlösung - am eigenen Größenwahn erstickt

  • Aktualisiert: 23.05.2023
  • 11:48 Uhr
  • ran.de
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© IMAGO/Nordphoto
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Der Abstieg von Hertha BSC ist keine Überraschung, sondern eine Erlösung für alle. Auch für die Hertha, denn der Absturz kann auch eine Chance sein. Dafür muss aber im Grunde alles anders laufen. Ein Kommentar.

Von Andreas Reiners

Fußball-Deutschland atmet auf. Es ist vollbracht. Es ist eine Erlösung.

Endlich ist die Hertha weg. Die alte Dame hat fertig, steigt ab, muss runter in die 2. Bundesliga. Verdient ist es sowieso, längst überfällig war es auch. Denn es war nicht mehr mit anzusehen, wie ein Traditionsklub seit Jahren sehenden Auges mit hoher Geschwindigkeit an die Wand fährt. 

An die Wand gefahren wird. An seinem eigenen Größenwahn erstickt.

Nein, das soll keine billige Häme sein. Doch wie die Hertha in den letzten vier Jahren durch die Saisons gestolpert und gestümpert ist und sich, die Stadt und die Fans dabei gequält und blamiert hat, mit diletantischen Entscheidungen, irren Intrigen, falschen Eitelkeiten, inhaltsleeren Ideen und den immer gleichen Fehlern, war Farce und Vollkatastrophe zugleich.

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Millionen verbrannt, Chancen vertan

Groß waren die Ambitionen, ebenso wie die Fehlgriffe. Hunderte Millionen wurden verbrannt, Chancen vertan, das Glück in Form der Nicht-Abstiege mit Füßen getreten. Gelernt hat man wenig bis gar nichts, gezogene Konsequenzen waren oft Alibi-Handlungen oder Luft-Nummern. Der Verein befand sich immer in einer dauerhaften Zerreißprobe, war Patient auf der Intensivstation, der sich bei zaghaften Anzeichen einer Besserung gleich wieder selbst einwies.

Hertha dient unfreiwillig als Lehrbeispiel, wie man in allen Bereichen eines Bundesligisten auf ganzer Linie versagen kann, ob nun fachlich oder zum Teil auch menschlich. Es mangelte an Kompetenz, Konsequenz und am Ende schlicht an Qualität, und das auf zu vielen Ebenen.

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Das, was am meisten schmerzt, ist die Tatsache, dass der ungeliebte Nachbar Union zeigt, wie es geht, und das mit ganz anderen Mitteln. Bodenständigkeit, Bescheidenheit, Demut – all das würde der großen Hertha gut zu Gesicht stehen, wenn es nun in die 2. Liga geht.

Denn ein Abstieg tut weh, der Sturz in das Ungewisse kann beängstigend sein, vor allem angesichts der Probleme, die Hertha abseits des Platzes hat. Der vielmals beschworene "Berliner Weg" steckt nun erstmal in einer Sackgasse, die Verantwortlichen stehen endgültig vor einem Scherbenhaufen. Ihn aufzukehren wird nun die Herausforderung sein. Geht man das so an wie die Aufgaben in den letzten Jahren, wird der Klub mit viel Tamtam in der Versenkung verschwinden.

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Der Abstieg als Chance?

Doch man kann den Abstieg auch als Chance begreifen und sie ergreifen, wenn man den Automatismus vermeidet, dass er automatisch eine ist. 

Der Klub muss etwas dafür tun, muss aktiv werden, Ideen entwickeln, sich neu aufstellen, neu erfinden, verkrustete Strukturen noch weiter aufbrechen, schmerzhafte Analysen vornehmen, aufräumen, unbeliebte Entscheidungen treffen.

Die essenzielle Zutat für eine mögliche Rückkehr, für einen Wideraufstieg: Die Geduld, dass es dauert, vermutlich länger, als vielen lieb ist. Dass er kein Selbstläufer und harte Arbeit ist. Zu viel lief schief, zu viel ist kaputt, zu belastend ist auch das finanzielle Desaster, die Liquiditätsprobleme sind schon jetzt ein drückender Bremsklotz bei dem Neustart, der wohl oder übel schleppend verlaufen wird. Die Belastungsprobe bleibt, sie kann aber auch stimulierend sein.

Der Klub wäre gut beraten, auf den Nachwuchs zu setzen, Identifikation zu schaffen mit Leuten, die sich mit dem Verein identifizieren und dadurch die Wucht des Publikums zu nutzen. Schafft man es durch einen ehrlichen und stringenten Weg, die immer noch sehr treuen und auch zahlreichen Fans und Mitglieder hinter das Projekt zu bringen, ist schon viel gewonnen. Noch mehr, wenn Eitelkeiten außen vor bleiben, wenn der Klub endlich mehr wert ist als das eigene Ego.

Dann kann der Abstieg auch für Hertha eine Erlösung sein. 


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