Einer der beiden Meister darf nicht aufsteigen
Energie Cottbus gegen SpVgg Unterhaching: Das umstrittenste Aufstiegsduell Deutschlands
- Aktualisiert: 09.06.2023
- 11:32 Uhr
- ran.de
Die Relegationen der 1. und 2. Liga sind gespielt, eine letzte Relegation im deutschen Profi-Fußball steht aber noch an: Die ungeliebten Entscheidungsspiele zwischen den Meistern zweier Regionalligen um den Aufstieg in die 3. Liga. Obwohl eigentlich jeder diesen Modus verachtet, ist er jedoch nicht zu ändern - Stand jetzt.
Der FC Energie Cottbus trifft auf die SpVgg Unterhaching.
Was bei Kindern der späten 80er- und frühen 90er-Jahre für Nostalgie-Gefühle sorgen dürfte, ist heute nichts weiter als das Duell zweier Regionalligisten.
Und zwar um den letzten verbleibenden Aufstiegsplatz in die 3. Liga neben Preußen Münster (Westen), dem SSV Ulm (Südwesten) und dem VfB Lübeck (Norden).
Während es bei der Relegation zwischen Bundesliga und zweiter Liga sowie zweiter und dritter Liga gleichwohl Kritiker wie Befürworter gibt, ist man sich bei den Relegationsspielen zur 3. Liga einig: Diese gehören abgeschafft.
Frei nach dem Motto: "Meister müssen aufsteigen".
Wollitz und Wagner toben über Relegation zur 3. Liga
Besonders deutlich wurden dabei die beiden Trainer der Mannschaften, der Cottbus-Coach Claus-Dieter Wollitz sowie der "Hachinger" Sandro Wagner.
"Diese Relegation macht den Fußball kaputt", meint Wollitz. Als "abartige Respektlosigkeit" gegenüber der Regionalliga Nordost fasst er die beiden Aufstiegsspiele zusammen. Der Nordost-Meister ist in diesem Jahr einer von zwei Champions, die noch um den Aufstieg kämpfen müssen.
In der fünfgeteilten Regionalliga erhalten nämlich nur der Westen sowie Südwesten einen fixen Aufstiegsplatz. Der Norden, Nordosten sowie Bayern rotieren den letzten feststehenden Aufstiegsplatz jedes Jahr durch, die verbleibenden beiden Meister müssen in die Relegation - gegeneinander.
"Irrsinn", nennt Wagner dieses System. Auf den ersten Blick spricht es erst einmal gegen den Grundgedanken der Fairness, dass andere, im Ligasystem gleichwertige Staffeln, einen fixen Aufsteiger stellen und andere nicht.
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Relegation zur 3. Liga: System krankt an allen Ecken
Das ist auch dem DFB bewusst, der jenes System implementiert hat. Erst waren die viertklassigen Regionalligen dreigeteilt zwischen Nord, West und Süd. Damals gab es jedoch Beschwerden, dass Kosten für Fahrtwege für kleine Vereine zu hoch seien.
Eine Aufstockung der Regionalliga auf fünf Staffeln war die Folge - und damit begann die ominöse Aufstiegsregelung. Seinerzeit stieg kein einziger Meister direkt auf. Alle fünf Titelträger plus der zweitplatzierte der Südwest-Staffel wurden zueinander gelost um Aufstiegsspiele zu bestreiten.
Auslöser der Proteste war das Duell Sportfreunde Lotte gegen RB Leipzig im Jahr 2013. Obwohl Lotte eine tadellose West-Saison spielte und den mit Red Bull im Rücken übermächtigen Leipzigern die Stirn bot, durften die Tecklenburger trotz nur fünf Niederlagen in 40 Saisonspielen nicht aufsteigen, weil sie das direkte Duell mit 2:4 nach Verlängerung in Hin- und Rückspiel verloren.
Bis 2021 bestand diese Regel - ehe sie ins für viele noch Unfairere gerückt wurde und bis heute Bestand hat. Dass die West- wie Südwest-Staffel einen fixen Platz haben, begründet der DFB mit "Ballungsgebieten" dort. Logisch, dort tummeln sich mit Kickers Offenbach, Rot-Weiß Oberhausen, dem FSV Frankfurt, Alemannia Aachen und noch Weiteren viele ehemalige Erst- und Zweitligisten mit Ambitionen. Auch die Qualität in der Breite ist dort am höchsten, das ist allgemeiner Konsens.
Für Lösung bräuchte es Kompromisse - die niemand eingehen will
Die Lösung klingt erst einmal einfach: Entweder aus fünf Regionalligen vier machen oder aus vier Abstiegsplätzen in der 3. Liga fünf machen. Doch was einfach klingt, ist aktuell utopisch.
Das liegt an der fehlenden Kompromissbereitschaft. Sicherlich, der in dieser Causa viel kritisierte DFB ist aktuell nicht bekannt dafür, sonderlich viel richtig zu machen. Allerdings kann er nur mit dem arbeiten, was ihm angeboten wird.
Wenig überraschend sträubt sich die ganze dritte Liga gegen einen zusätzlichen Abstiegsplatz, diese Option ist also keine. Um die Regionalligen auf vier zu reduzieren, müssten die Territorien neu abgesteckt werden. Mehrere Fanbündnisse haben bereits Modelle dargelegt. Diese wurden jedoch abgeschmettert. Zumeist aus Bayern und dem Nordosten, zufällig die Verbände von Cottbus und Unterhaching.
Während sich die West-Liga, die sich ausschließlich auf die Landesgrenzen Nordrhein-Westfalens beschränkt, kompromissbereit zeigt, riegelt der Bayerische Fußballverband BFV die meisten Modelle ohne eine Regionalliga Bayern ab. Dabei ist Bayern die in der Breite wohl schwächste Regionalliga der fünf. Auch der Nordosten, zu dem alle neuen Bundesländer zählen, möchte gerne unter sich bleiben.
Während die Obrigkeiten der Verbände sich also weiter ergebnislos darüber streiten, wie eine Regionalliga-Reform aussehen könnte, wird das Problem auf dem Rücken der Protagonisten ausgetragen. Die müssen das Dilemma auf dem Platz ausfechten, über dessen Grundsatz-Lösung sich eigentlich alle einig sind.
Meister müssen aufsteigen.