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Erstes Porsche-Siegerauto der DTM: Wie ein Wrack zum Museumsstück wurde

  • Aktualisiert: 25.03.2023
  • 08:50 Uhr
  • Motorsport-Total
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© Porsche
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Porsche stellt Thomas Preinings DTM-Siegerauto vom Norisring ins Museum: Davor musste man den beim Hockenheim-Crash zerstörten Bernhard-Porsche neu aufbauen

Timo Bernhard lenkt den 911 GT3 R durch das enge Werkstatttor und stellt ihn auf dem brauen Fliesenboden gegenüber vom legendären Porsche 935 im Martini-Design ab. "Das war ein Gänsehaut-Moment, das Auto hier reinfahren zu dürfen", sagt der 42-jährige Ex-Rennfahrer in der historischen Werkstatt des Porsche-Museums in Stuttgart.

Bernhard, der in seiner Karriere die größten Rennen für Porsche gewonnen hat und zweimal Langstrecken-Weltmeister wurde, hat sich 2022 auch als Teamchef seines kleinen GT3-Teams aus Landstuhl in der Pfalz in die Historie der Kultmarke eingeprägt. Denn gemeinsam mit Werksfahrer Thomas Preining holte er am 2. Juli am Norisring den ersten DTM-Sieg für Porsche.

Welchen Stellenwert dieser Triumph für den Hersteller hat, beweist die Tatsache, dass der Bernhard-Porsche nun als eines von mehr als 80 Fahrzeugen im Porsche-Museum ausgestellt wird - neben legendären Le-Mans-Siegerautos und dem McLaren-Porsche von Alain Prost, mit dem der "Professor" 1986 Formel-1-Weltmeister wurde .

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"Durch den Unfall sind wir aus unserem Traum erwacht"

Der Weg dorthin war allerdings außergewöhnlich, denn das Auto war noch vor fünf Monaten ein Totalschaden. Preining, der nach seinem zweiten Saisonsieg in Spielberg als Favoritenschreck im Titelkampf zum Saisonfinale nach Hockenheim reiste, donnerte beim Samstagsrennen nach der Kollision mit dem Mercedes-AMG-Piloten David Schumacher frontal in die Mauer.

Der Österreicher erlitt neben einer Gehirnerschütterung Rippenprellungen und erhielt für den Sonntag keine Starterlaubnis. "Der erste DTM-Sieg war für mich ein Traum", sagt Bernhard. "Aber durch diesen schweren Unfall sind wir aus diesem Traum erwacht."

Nachdem sich der Frust beim Teamchef etwas gelegt hatte, wurde bei einem Telefonat mit Alexander Klein, Leiter von Porsches Heritage-Experience und Unternehmenssammlung, eine Idee geboren: Das Auto sollte komplett neu aufgebaut werden, damit es dann als Teil der Porsche-Geschichte ins Museum kommt.

"Möglichst viele Teile der Originalsubstanz übernehmen"

"Klar, die eigene Karriere ist was Besonderes, aber das hat für mich auch emotional noch einmal eine andere Dimension", ordnet Bernhard den historischen Sieg als Teamchef für sich selbst ein. "Wir haben das Team mit meinem Vater gestartet, es ist auch sehr familiär. Deswegen ist das auch ein anderer Stolz. Es freut mich auch für ihn, dass das Auto ins Museum kommt."

Beim Neuaufbau legte man trotz der heftigen Schäden großen Wert darauf, die DNA und die Patina des Siegerautos beizubehalten. "Unser Anspruch an die Instandsetzung des Fahrzeugs war es, so viele Teile von der Originalsubstanz wie nur möglich zu übernehmen", stellt Armin Burger klar, der als Koordinator des historischen Motorsportbereichs bei Porsche für die technische Umsetzung des Projekts verantwortlich war.

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Neues Chassis: So umging man die Warteliste

Wie das gelang? "Es war klar, dass wir ein neues Chassis brauchen", erzählt Burger. "Das war auch die erste Anfrage an die Kollegen draußen in Weissach: 'Ist ein Chassis auch tatsächlich verfügbar?' Wir wussten, es gibt eine Warteliste von Kunden für die kommende Saison. Wir mussten also eventuell warten, aber glücklicherweise war ein Kunde dabei, der ein Chassis bestellt hat - der hieß Team75 Bernhard."

Das war darauf zurückzuführen, dass Bernhards Team nicht nur beim Preining-Auto einen Totalschaden hatte, sondern auch der zweite 911 GT3 R, bei dem man den Einsatz für einen Kunden umsetzte, bei einem Crash schwer beschädigt wurde. "Das Chassis wurde dann bevorzugt an uns gegeben - mit dem Einverständnis von Timo", sagt Burger.

Aber wie gingen er und das Team Bernhard beim Neuaufbau des Boliden vor? Zunächst kümmerte man sich um die Innenräume der beiden nebeneinanderstehenden Rohkarossen: Kabelstrang, Steuergeräte, Feuerlöschanlage, Pedalerie und Armaturenbrett wurden direkt vom Unfall-Fahrzeug in das neue Chassis eingebaut. Dann folgten Klimaanlage, Fahrwerks- und Karosserieteile sowie die Verrohrung. Am Ende wurden Motor und Getriebe montiert.

Trotz Crash: Original-Fahrwerk von Norisring-Sieg im Auto

Trotz des Unfalls findet man sogar das Originalfahrwerk vom Norisring-Sieg im wiederaufgebauten Auto. Wie das möglich war? "Wir haben nach dem Norisring viele Sachen erneuert, zum Beispiel die Viertelfahrwerke", verweist Bernhard auf die vier Fahrwerksecken inklusive Aufhängung, Querlenker und Radlager.

"Sie waren dann Ersatz für den Rest der Saison und sind jetzt wieder in das Auto reingekommen, weil die vorherigen Fahrwerke beim Hockenheim-Unfall zerstört wurden." Außerdem wurde das originale Dach des Unfallautos in das Chassis integriert - mit dem Abnahmestempel vom Saisonfinale.

"Einige Teile wie das Chassis konnten wir nicht retten, aber sonst ist alles zu 100 Prozent vom Auto, das wir in der Saison benutzt haben", sagt Bernhard. "Man hat in der DTM ja nicht nur einen Satz Bodywork, sondern zwei oder drei Sätze. Das sind also die Originalteile, mit denen wir bei vielen Veranstaltungen im letzten Jahr gefahren sind."

Das gilt auch für Motor und Getriebe, ergänzt Bernhard. "Deswegen können wir guten Gewissens sagen: Das Auto ist absolut im Originalzustand und race-ready." Davon hat er sich übrigens vor zwei Wochen beim Roll-out im Entwicklungszentrum in Weissach selbst ein Bild gemacht.

"Es war ein bisschen eine Challenge, wer den Roll-out fährt, aber letztendlich hat Armin mir den Vortritt gelassen", grinst Bernhard, der sich von den unwirtlichen Bedingungen auf der Porsche-Teststrecke nicht beirren ließ.

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Rückkehr an den Schicksalsort Hockenheim?

"Ich glaube, die erste Runde hat gezeigt, dass ich sehr viel Vertrauen ins Auto habe. Ich fuhr bei Regen - und trotzdem war alles sehr zügig. Es hat sich alles perfekt angefühlt. Wir können das Auto jetzt übergeben, und ich weiß, dass es bei einer Veranstaltung eingesetzt werden könnte."

Tatsächlich wäre es keine große Überraschung, wenn der Bolide schon bald an seinen Schicksalsort Hockenheim zurückkehrt. Denn dort finden am 11. Juni 2023 unter dem Titel "Festival of Dreams" die 75-Jahr-Feierlichkeiten der Marke Porsche statt, bei denen das DTM-Siegerauto nicht fehlen darf.

Stimmiger Fact: Im Rahmen des Rennwochenendes ist auch der Saisonauftakt des ADAC GT Masters geplant - jener Rennserie, in der das spätere DTM-Siegerauto im Jahr 2019 seine Feuertaufe beim Team Bernhard hatte. Am Steuer war damals neben dem Österreicher Klaus Bachler noch der Teamchef selbst.


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