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Formel 1: Warum bei Ferrari trotz der Krise keine Köpfe rollen

  • Aktualisiert: 22.09.2020
  • 13:14 Uhr
  • Ran.de / Motorsport-Total.com
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Wenn Ferrari in der Krise steckt, dauert es normalerweise nicht lange, bis der Teamchef gefeuert wird - doch Mattia Binotto scheint fest im Sattel zu sitzen.

München - Das Ferrari-Team liegt nach neun von 17 Rennen der Formel-1-Saison 2020 an sechster Position der Konstrukteurs-WM, hinter McLaren, Racing Point und Renault. Charles Leclerc ist Achter, Sebastian Vettel 13. in der Fahrerwertung. Und seit Mattia Binotto im Januar 2019 den Teamchef-Posten von Maurizio Arrivabene übernommen hat, gelangen der Scuderia in 30 Rennen nur noch drei Siege. Eine Bilanz, mit der in Maranello in der Vergangenheit mit Sicherheit Köpfe gerollt wären.

Noch dazu hat Ferrari ausgerechnet bei den beiden Heimrennen in Monza und Mugello die Höchststrafe kassiert: In Monza setzte es einen Doppelausfall, in Mugello wurde Leclerc Achter und Vettel Zehnter. Dass da auch über den Teamchef diskutiert wird, zumindest in der Öffentlichkeit, ist nicht weiter verwunderlich.

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Keine Gefahr für Binotto

Binotto selbst fühlt sich aber nicht in Gefahr, "weil ich weiß, dass ich die Unterstützung des Top-Managements habe", sagt er in einem Interview mit dem 'Corriere della Sera' - fügt aber an: "Ich habe mich selbst hinterfragt. Ich habe darüber nachgedacht, ob ich für die Rolle des Teamchefs geeignet bin."

Dabei kam er zum Schluss: "Ich hätte in einigen Bereichen bessere Arbeit leisten können. Zum Beispiel bei der Neuorganisation unserer technischen Struktur. Die hätten wir früher umsetzen können. Aber ich glaube, dass meine 25 Jahre Erfahrung in der Formel 1 und mein Wissen über dieses Unternehmen Schlüsselfaktoren sind, um diesen Job gut zu machen."

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Binotto hält nichts von Ausreden

Binotto kam 1995 direkt von der Technischen Hochschule in Lausanne als Motoreningenieur zum Testteam von Ferrari. Unter Sergio Marchionne wurde er 2014 zum Chef der Motorenabteilung befördert, und von da an ging sein Aufstieg rasant dahin. 2016 war er schon Technischer Direktor, auch für das Chassis, und seit Januar 2019 ist er Teamchef.

Davon, sich in Ausreden zu flüchten, hält Binotto nichts: "Es ist ziemlich eindeutig, dass ich verantwortlich für das Team bin. Dieser Verantwortung möchte ich mich nicht entziehen", sagt er in einem Interview mit 'Sky'.

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Stabilität wichtig

"Ich glaube aber, dass Stabilität ein Schlüsselfaktor ist, um ein Team weiterzuentwickeln. Wir haben in den vergangenen Jahren, als es nicht so gut gelaufen ist, zu viele Personen ausgetauscht. Wenn wir in der Geschichte zurückschauen, selbst auf die erfolgreichen 2000er, hat es einige Jahre gedauert, bis der WM-Titel gewonnen wurde. Bei Red Bull und Mercedes war es später nicht anders. Stabilität ist ein Schlüssel."

"Wenn ich auf diese Saison aus der Perspektive des Teamchefs zurückblicke, haben wir auch einiges geschafft: das Concorde-Agreement, die Vertragsverlängerung mit Charles, die Entscheidung für Carlos. Das Team macht Fortschritte. Wir stehen intern eng zusammen und erkennen den Handlungsbedarf der Situation", sagt Binotto.

Domenicali fühlt mit Binotto mit

Das zeigt ganz klar, dass er nicht freiwillig abtreten wird. Und der ehemalige Ferrari-Teamchef Stefano Domenicali (November 2007 bis April 2014) hält das für richtig so: "In solchen Zeiten müssen wir die, die in Maranello in der Veranwortung stehen, unterstützen. Ich weiß aus eigener Erfahrung, wie schwierig es ist, die Rennabteilung zu leiten", sagt er gegenüber 'Il Resto del Carlino'.

"Binotto jetzt zu attackieren, ist nicht konstruktiv. Wenn schon jemand mit einem Zauberstab in der Hand warten würde, dann okay. Aber ich sehe keine Magier, daher kann ich nur unterstreichen, was ich schon oft gesagt habe: Nur harte Arbeit und Geduld können die Negativspirale beenden. Ich sehe keine Alternativen zu Mattia und seinem Team."

Ferrari steht hinte Binotto

Und das sehen ganz offensichtlich auch die Personen an den entscheidenden Hebeln so. Louis Camilleri zum Beispiel, als CEO von Ferrari einer der mächtigsten Männer bei den wichtigsten Personalfragen in Maranello. Camilleri hat sich kürzlich in einem Interview mit der 'New York Times' demonstrativ hinter seinen Teamchef gestellt.

"Ich habe volles Vertrauen in Mattia Binotto und sein Team", sagt er. Zwar seien die Ergebnisse auf der Strecke im Moment nicht vertrauenerweckend, aber Camilleri vertritt die Ansicht, dass ein Köpferollen kontraproduktiv wäre: "In der Vergangenheit gab es zu viel Druck, wurden zu viele Leute entlassen. Es herrschte eine Atmosphäre, in der die Leute Angst davor hatten, gefeuert zu werden."

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"Das beende ich jetzt. Was wir brauchen, sind Stabilität und Fokus", erklärt er. Red Bull und Mercedes hätten bewiesen, dass man einem Führungsteam Zeit geben muss, bis es sich voll entfalten kann. Und sogar die Ferrari-Vergangenheit liefere ein gutes Beispiel dafür, mit der goldenen Ära rund um Michael Schumacher.

Camilleri erinnert: Schumacher-Erfolg hat auch gedauert

"Jean Todt, Michael Schumacher, Ross Brawn - die haben auch sechs Jahre gebraucht, bis aus ihnen dieses phänomenale Siegerteam wurde", erinnert Camilleri daran, dass Schumacher schon 1996 zu Ferrari kam, aber erst 2000 zum ersten Mal in Rot Weltmeister wurde. "Daher möchte ich sicherstellen, dass wir Stabilität haben."

Und zwar "trotz des unglaublichen Drucks, der auf dem Team lastet. Vor allem von den italienischen Medien, die manchmal ziemlich brutal sein können und fordern, dass Köpfe rollen. Aber das ist nicht die Lösung." Gleichzeitig schließt Camilleri nicht aus, das bestehende Ferrari-Team mit Top-Personal von außen zu verstärken.

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Nachdem es derzeit nicht nur, aber auch im Antriebsbereich krankt, wäre es naheliegend gewesen, Mercedes-Motorenchef Andy Cowell anzuwerben, der nach der Bekanntgabe seines Abschieds aus dem Formel-1-Team noch nicht erklärt hat, wie er seine Karriere fortsetzen möchte. Ferrari soll er aber, so berichten es verschiedene Medien, bereits einen Korb gegeben haben.

Binotto bekommt Hilfe

Hinter den Kulissen hat Ferrari erst im Juli eine neue Performance-Division gegründet, die Binotto de facto stärker aus dem technischen Tagesgeschäft rausnehmen soll, aus dem heraus er Teamchef geworden war. Die neue Abteilung leitet der bisherige Aerodynamik-Direktor Enrico Cardile, dem unter anderem auch Ferrari-Designlegende Rory Byrne als Berater zuarbeitet.

Motorenchef ist unverändert Enrico Gualtieri, und Simone Resta ist für das Chassis hauptverantwortlich. Mitarbeiter, denen Binotto vertraut: "Das sind diejenigen, die Mercedes in den vergangenen fünf Jahren am nächsten gekommen sind und um die Weltmeisterschaft gekämpft haben", sagt er gegenüber dem 'Corriere della Sera'.

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