NFL 2021: ran erklärt die Vertrags-Tricksereien der Teams bei Brady, Hill, Mahomes & Co
Vertrags-Kniffe in der NFL nach dem gesenkten Salary Cap
Die NFL-Klubs haben vor der Saison 2021 mit einem Problem zu kämpfen, auf das sie keinerlei Einfluss hatten: Wegen der Corona-Pandemie sank der Salary Cap im Vergleich zum Vorjahr von 198,2 auf 182,5 Millionen US-Dollar. Ein Minus von acht Prozent! Die aktuell laufenden Verträge waren natürlich in dem Glauben abgeschlossen worden, dass der finanzielle Rahmen für Spielergehälter immer weiter steigen würde - weshalb zuletzt auch eine Fülle an Rekorddeals verzeichnet wurde. In ihrer jetzigen Not, die Saläre der Stars entsprechend anzupassen, müssen die Verantwortlichen erfinderisch werden. Vorhang auf zu den Vertrags-Kniffen und -Tricksereien, die sich natürlich allesamt innerhalb der strengen NFL-Regularien bewegen. ran erklärt die Umstrukturierungen der Kontrakte einiger großer Namen.
Tom Bradys Verlängerung bei den Buccaneers
Wir fangen direkt mit dem Meister der Vertragsklauseln an: Tom Brady. Ein Jahr vor Ablauf seines Zweijahresvertrags hat der nunmehr siebenmalige Super-Bowl-Champion um eine weitere Saison bei den Tampa Bay Buccaneers verlängert. Warum schon jetzt? Um das vereinbarte Gehalt auf mehrere Spielzeiten aufteilen zu können. Denn Brady weiß: In der NFL geht es immer nur um die aktuelle Saison - auch finanziell. Kommen wir zu den Zahlen: Das Vertragsvolumen beträgt 50 Millionen US-Dollar, von denen aber nur zehn Millionen als Basisgehalt herhalten. Der Rest teilt sich zu gleichen Teilen auf in Signing Bonus und Roster Bonus. Der besondere Trick bei dem Vertrag: Brady und die "Bucs" nutzen so genannte "Void Years", die auf dem Papier nur bestehen, um die immensen Summen auf mehrere Saisons aufteilen zu können ...
Tom Bradys Verlängerung bei den Buccaneers
So besitzt Brady formal einen Fünfjahresvertrag, womit die Boni zu gleichen Teilen auf jede Saison angerechnet werden. Macht also acht Millionen US-Dollar pro Spielzeit. 2021 belastet der "GOAT" den Salary Cap so nur mit 9,025 Millionen US-Dollar - der Bonus-Anteil plus 1,025 Millionen US-Dollar Basisgehalt. Dabei kassiert er satte 26,075 Millionen US-Dollar. Nicht ganz so üppig fällt der monetäre Vorteil 2022 aus: Mit acht Millionen US-Dollar Bonus und den übrigen 8,925 Millionen US-Dollar Basisgehalt ergibt sich ein Cap Hit von 16,925 Millionen US-Dollar bei einem Verdienst von 23,925 Millionen US-Dollar. Danach zeigt sich aber die Kehrseite der Medaille, denn aufgrund der "Void Years" würde Brady den Salary Cap auch nach Vertragsende belasten. Und zwar mit 24 Millionen US-Dollar im Jahr 2023 nicht mal zu knapp. Es sei denn, der Vertrag würde noch einmal angepasst - wie wäre es denn mit nächstem Jahr? Dennoch lässt sich festhalten: Die "Bucs" verkaufen in gewisser Hinsicht ihre Zukunft für den schnellen Erfolg mit Brady.
Taysom Hills "Verlängerung" bei den Saints
Wer nun denkt, wilder kann es ja wohl nicht mehr werden, wird hier direkt eines Besseren belehrt. Willkommen in der Welt der wundersamen Verträge bei den New Orleans Saints! Der neue Vierjahresvertrag von Taysom Hill mit einem Volumen von 140 Millionen US-Dollar hat natürlich für Aufsehen gesorgt. Dabei ist gerade der finanzielle Teil im Grunde unerheblich. Denn von den 140 Millionen US-Dollar werden die Saints Hill ganz genau null Cent überweisen. Und die vier zusätzlichen Vertragsjahre sind allesamt "Void Years". Schon wieder dieser Begriff: Diese Geistergehälter sind nicht neu, wurden aber früher nicht veröffentlicht, weil die Summe nur zur Einhaltung einer NFL-Regel zum Tragen kommt. So darf das Gehalt binnen eines Jahres nach einer Neuverhandlung des Vertrags nicht erneut angehoben werden. Sollten sich die Saints also mit Hill in einem Jahr wieder an den Verhandlungstisch setzen, wären keine 140,1 Millionen US-Dollar für ihn drin. Was natürlich ohnehin völlig unrealistisch wäre, selbst wenn er das Team zum Titel führen würde ...
Taysom Hills "Verlängerung" bei den Saints
Warum also der ganze Spaß um den Megavertrag zwischen Hill und den Saints? Natürlich geht es wieder nur darum, einen Teil des Cap Hit in die Zukunft abzuschieben. So wurden von seinen 12,159 Millionen US-Dollar Gehalt in der anstehenden Saison 9,686 Millionen US-Dollar als Signing Bonus festgeschrieben, womit diese Summe auf die kommenden fünf Jahre verteilt werden kann - was eben erst durch die Vertragsverlängerung möglich wurde. Damit sinkt sein Cap Hit 2021 von ursprünglich 16,159 Millionen US-Dollar auf gut 8,41 Millionen US-Dollar. Die übrigen knapp 7,749 Millionen US-Dollar verblieben 2022 als Dead Cap, sollten Hill und die Saints ihre Zusammenarbeit dann nicht doch mit einem neuen Vertrag verlängern.
Drew Brees' Verlängerung und Umstrukturierung bei den Saints
Die Vorstellung in Sachen cleveres Vertragsmanagement zwischen Drew Brees und den New Orleans Saints beinhaltete sogar zwei Akte. Zunächst unterschrieb der Star-Quarterback 2020 - mutmaßlich waren seine Rücktrittspläne zwischen beiden Seiten schon damals abgesprochen - einen Vertrag inklusive "Void Years". So konnten die Boni auf insgesamt vier Jahre verteilt werden. 23 der insgesamt 50 Millionen US-Dollar wurden als Roster Bonus festgelegt, der hinsichtlich des Cap Hit wie ein Signing Bonus behandelt wurde. So fällt mit 11,5 Millionen US-Dollar die Hälfte erst als Dead Cap 2022 an. In der vergangenen Saison belastete Brees den Salary Cap mit 23,65 Millionen US-Dollar, 2021 wären es eigentlich 36,15 Millionen US-Dollar gewesen, aber der Playmaker vermachte seinem Team wenige Wochen vor seinem Karriereende noch ein kleines Geschenk in Form einer Umstrukturierung ...
Drew Brees' Verlängerung und Umstrukturierung bei den Saints
Denn mit der Unterschrift unter die Vertragsanpassung verringerte Brees sein Basisgehalt für die Saison, die er ohnehin nur als Zuschauer und TV-Experte begleiten wird, auf das Minimum von 1,075 Millionen US-Dollar. Damit bescherte der Football-Rentner den Saints zusätzliches Cap Space von sage und schreibe 23,925 Millionen US-Dollar. Nun kann die Franchise in aller Ruhe bis zum Sommer abwarten und Brees nach dem 1. Juni auf die Retired-/Reserve List setzen. Würden die Verantwortlichen diesen Schritt früher gehen, würde sich der Cap Hit für die Saison um die 11,5 Millionen US-Dollar erhöhen, die erst in den "Void Years" anfallen. Und die sind ja schließlich einzig und allein dafür da, um den Cap Hit auf mehr Jahre zu verteilen, als der Spieler wirklich unter Vertrag steht. Schöne verrückte Vertragswelt.
Patrick Mahomes' Umstrukturierung bei den Chiefs
Nach der wilden Fahrt durch die Vertragswerke der Herren Brady, Hill und Brees mutet es schon als "business as usual" an, was sich die Kansas City Chiefs ausgedacht haben, um sich auch Cap Space freizuschaufeln. Beispielsweise wurde bei Patrick Mahomes am Megavertrag herumgedoktert, und zwar so: Gut 21,7 Millionen US-Dollar vom Roster Bonus wurden in Signing Bonus umgewandelt, womit der Betrag auf die nächsten fünf Jahre verteilt werden kann. Folglich beträgt der Cap Hit des Star-Quarterback statt 24,8 nur noch 7,4 Millionen US-Dollar. Gar nicht übel, oder? Laut NFL-Reporter Kevin Patra mussten die Chiefs dank einer Klausel Mahomes nicht einmal über die Umstrukturierung informieren. Wobei: Angesichts von 450 Millionen US-Dollar für zehn Jahre kann der Playmaker natürlich schonmal ein Auge zudrücken.
Travis Kelces Umstrukturierung bei den Chiefs
Auch am Vertrag von Travis Kelce haben sich die Chiefs zu schaffen gemacht. Hier wurden 2,25 von 5,25 Millionen US-Dollar an Basisgehalt sowie sieben Millionen US-Dollar Roster Bonus zu Signing Bonus verarbeitet. Damit sinkt der Cap Hit des Tight End für 2021 von 13,25 auf 5,85 Millionen US-Dollar. Interessant: Der Vertrag könnte im kommenden Jahr beendet werden, womit die jetzt eingesparten 7,4 Millionen US-Dollar als Dead Cap übrig blieben.
Chris Jones' Umstrukturierung bei den Chiefs
Der Dritte im Bunde, den die Chiefs um Cap Space anpumpten, ist Chris Jones. Im Kontrakt des Defensive Tackle wurden 20 Millionen US-Dollar Roster Bonus in Windeseile zu Signing Bonus, womit der Betrag über die ausstehenden drei Vertragsjahre aufgeteilt wird. Von 21,875 Millionen US-Dollar an Cap Hit verbleiben nur noch gut 8,541 Millionen US-Dollar. Jones' Vertrag kann 2023 und damit ein Jahr vor Ablauf beendet werden, in diesem Fall verbliebe dann ein Dead Cap von gut 7,041 Millionen US-Dollar. Durch die Vertragsanpassungen von Mahomes, Kelce und Jones haben sich die Chiefs mehr als 38 Millionen US-Dollar an zusätzlichem Cap Space freigeschaufelt - manchmal kann es auch so einfach sein.