Trainer der Tampa Bay Buccaneers
Bruce Arians: Menschenfänger und Draufgänger mit dem Swag
- Aktualisiert: 08.02.2021
- 21:48 Uhr
- ran.de / Andreas Reiners
Tom Brady ist der GOAT und das Gesicht der Tampa Bay Buccaneers, die Offense gut bestückt, die Defense ein Prunkstück. Und Bruce Arians ist derjenige, der den ganzen Laden mit seiner ganz eigenen Art zusammenhält. ran.de stellt den 68-Jährigen vor.
München/Tampa - Bruce Arians ist der Stolz anzusehen. Und immer wieder ist er herauszuhören.
Der Trainer der Tampa Bay Buccaneers lächelt fast schon ein wenig verliebt, wenn er über sein Team spricht.
Über das harte Jahr mit dem Coronavirus, den schleppenden Start, das Engagement, den Einsatz, den harten Weg zum großen Ziel. Hin und wieder lacht er, wenn er an das erste Saisonspiel bei den New Orleans Saints zurückdenkt, wie unwirklich alles war mit der kurzen und ungewöhnlichen Saisonvorbereitung und dem neuen Quarterback, der ein wenig in die Saison rumpelte.
Wenn dann Tom Brady im gemeinsamen Call nach dem Super-Bowl-Sieg gegen die Kansas City Chiefs lachend mit einstimmt, dann bekommt man einen Eindruck von dem Verhältnis zwischen Quarterback und Head Coach. Und wie das Band, das Arians immer wieder als Beschreibung dafür verwendet, wie eng das Team auf dem Weg zum großen Triumph zusammenstand, in der Praxis aussieht.
Menschenfänger und Draufgänger
Deshalb hofft er auch, dass er einen Großteil des Teams zusammenhalten kann.
"Ich bin sehr, sehr zuversichtlich", sagte Arians. "Ich habe das ganze Vertrauen der Welt in GM Jason Licht und was er tun wird. Diese Jungs haben eine Bindung. Es werden Dollars nötig sein. Aber ich denke, dass diese Gruppe so eng ist, dass Dollars keine große Rolle spielen. Aber wir werden alles tun, um ihnen die Dollars auch zu geben, weil sie es verdient haben."
Und man kann davon ausgehen, dass Arians mit ein wichtiger Grund dafür ist, dass die Spieler zurückkommen. Denn er ist ein Menschenfänger, der Typ Draufgänger, wenn man das für einen 68 Jahre alten Coach so sagen kann. Ein Trash Talker mit Swag, der liebe Onkel, dem man nicht lange böse sein kann. Dem man gerne folgt, weil er die Sprache der Spieler spricht.
Sein Mantra: "No risk it, no biscuit. Kein Risiko, keine Belohnung."
Oder, anders gesagt: "Man kann keinen Homerun schlagen, wenn man den Schläger nicht schwingt. Du kannst nichts Besonderes im Leben tun, wenn du auf dem Zaun sitzt. Sitzt du in einem Schrank und versuchst in Sicherheit zu sein? Oder gehst du raus und hast verdammten Spaß?"
Arians hat sich schon lange für den Spaß entschieden.
Seit 1975 Trainer
Seit 1975 ist er Football-Trainer, zunächst auf dem College, seit dem Ende der 1990er Jahre dann in der NFL. Den Super Bowl hatte er zuvor zweimal gewonnen, 2006 und 2009 mit den Pittsburgh Steelers. Beim ersten Mal gegen die Seattle Seahawks als Coach der Wide Receiver, anschließend gegen die Arizona Cardinals als Offensive Coordinator.
Die Bühne als Head Coach stürmte er erst spät, 2012 als Interimstrainer der Indianapolis Colts, mit "zarten" 60 Jahren. Doch der Draufgänger hatte keine Zeit zu verlieren. Als Ersatz für den an Leukämie erkrankten Chuck Pagano fuhr er neun Siege bei drei Niederlagen ein, ehe Pagano zurückkehrte.
Der Lohn: Die Wahl zum Trainer des Jahres als erster Interimscoach, und dazu der Job bei den Arizona Cardinals. Dort führte er die Franchise in fünf Saisons dreimal zu positiven Bilanzen und dabei zweimal in die Playoffs.
Den ersten Schlussstrich zog er seiner Frau zuliebe. Christine und er sind seit fast 50 Jahren verheiratet, und nach Prostatakrebs 2007, Hautkrebs 2013 und Nierenkrebs 2016 und 2017 waren sich beide einig, dass es Zeit war, kürzer zu treten.
Doch der Spaß, er fehlte, selbst als TV-Experte, der er nach seinem Rücktritt 2017 wurde. Das merkte auch seine Frau.
"Er könnte daheim im Schaukelstuhl sitzen", sagte Christine der "Tampa Bay Times". Mit seinen 68 Jahren ist Arians nicht nur der älteste Head Coach, der einen Super Bowl gewonnen hat, sondern auch eigentlich ein Parade-Rentner. Doch die kindliche Freude, der Draufgänger, er war bei den Übertragungen immer noch deutlich herauszuhören.
"Wenn ich seine Begeisterung höre, das ist doch viel besser, als daheim zu sein", sagte Christine Arians.
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"No risk it, no biscuit"
Ein Jahr lang hielt er es ohne den Job an der Seitenlinie aus, ohne seine Spieler, den Locker Room, den Stress, den Druck, die Freude. Im Januar 2019 kehrte als er Coach der Tampa Bay Buccaneers in die NFL zurück.
No risk it, no biscuit.
Getreu dem Motto hatten Arians und Manager Jason Licht vor der zweiten gemeinsamen Saison im März 2020 entschieden, Superstar Tom Brady nach Tampa zu locken. Im Konfetti-Regen nach dem großen Sieg im Super Bowl LV gegen die Chiefs erinnerten sich Arians und Brady an ihr erstes Gespräch.
"Du kommst, und wir werden den Super Bowl gewinnen", sagte Arians damals. "Tom sagte, er wisse, dass wir das Talent haben. Ich sagte ihm nur: 'Du musst sie dazu bringen, daran zu glauben.' Er tat es. Und es hat sich ausgezahlt."
Die Buccaneers seien 2019 eine "sehr, sehr talentierte Mannschaft" gewesen, so Arians, "aber wir wussten wirklich nicht, wie wir gewinnen sollten." Mit Brady kam ein "Gewinner", der das Kommando über das Schiff übernahm. "Das hat unser gesamtes Team verändert", sagte Arians.
Trainer ein großes Puzzleteil
Das stimmt, aber natürlich reicht ein Brady alleine nicht für den Super-Bowl-Sieg, auch wenn das nach außen hin bei nun sieben Triumphen oberflächlich gesehen so wirken mag.
Viele Puzzleteile gehören dazu, ein großes ist der Trainer.
Denn Arians ist nicht nur Draufgänger, sondern auch Kumpeltyp. Nahbar, dabei aber auch streng. Als es Anlaufschwierigkeiten mit Brady und den Bucs gab, scheute sich Arians nicht davor, den GOAT zu kritisieren.
Dabei gibt er dem 43-Jährigen aber auch lange Leine, lässt ihn zum Beispiel coachen. Also genau das tun, was er bei den New England Patriots nicht machen durfte. Auch Bradys Kumpel Rob Gronkowski wird nicht müde zu betonen, wie wohl er sich in Florida fühlt. Was nur zu einem geringen Teil am guten Wetter liegt. Selbst Skandalnudel Antonio Brown wusste sich zu benehmen.
"Er ist ein großartiger Mann, er ist ein großartiger Anführer, er ist ein großartiger Mensch, er ist ein großartiger Freund und er ist sehr loyal", sagt Brady. "Er hat einfach eine großartige Art, effektiv mit allen zu kommunizieren. Jeder mag ihn sehr. Er hat dieses Jahr mit dem Team in wirklich schwierigen Situationen einen tollen Job gemacht. Ich liebe es, für ihn zu spielen", so Brady.
Was ihn sonst noch auszeichnet?
Flexibilität. Denn er selbst hat sich als Coach dem Team und dem vorhandenen Personal angepasst, weg von der Haudrauf-Offense hin zum wohlüberlegten Angriff.
Mut. Denn mit seiner Krankengeschichte gehört er zu den Hochrisikopatienten. Doch anstatt die Saison auszusetzen, hat er sich so gut geschützt, wie es geht.
No risk it, no biscuit.
Der beste Trash Talker
Hinzu kommt Humor. "Er hat einen geilen Humor, einen coolen Swag, ist modebewusst, ein sehr emotionaler Typ. Und er ist der beste Trash Talker als Trainer. Er hat es einfach, und da ist das Alter egal. Das Charisma, die Interaktion: Er ist ein Players-Coach", schwärmt auch Coach Patrick Esume.
Menschlichkeit. Er schert sich einen Dreck darum, welches Geschlecht oder welche Hautfarbe seine Mitarbeiter haben. Das, was die NFL schon länger etwas ungelenk versucht, lebt Arians mit voller Überzeugung vor, unter anderem mit den Trainerinnen Lori Locust und Maral Javadifar.
"Was interessiert es mich, ob sie Mann oder Frau sind, wichtig ist, dass sie gute Trainer sind", sagt Arians. Denn: "Ein Spieler fragt seinen Coach doch nur: 'Wie machst Du mich besser?' Ihn interessiert es doch nicht wirklich, ob die Antwort von einem Mann oder einer Frau, schwarz oder weiß, braun oder gelb kommt. Ihm geht's doch nur darum: Mach mich besser."
Und Loyalität. Denn vor dem Spiel waren Gerüchte aufgekommen, dass er womöglich selbst den Sieg nutzt, um seine Karriere endgültig zu beenden, um sich dann doch in den Schaukelstuhl zu setzen.
"Verdammt nein, ich gehe nirgendwo hin", rief Arians. "Ich komme zurück und versuche den zweiten zu holen, und dann werden wir weitersehen."
Denn klar: No risk it, no biscuit.
Andreas Reiners
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