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Jakob Johnsons Weg zum deutschen NFL-Profi: E-Mails, eine zweite Chance und ein Rekord
- Aktualisiert: 22.01.2021
- 17:08 Uhr
- ran.de/Marcel Schwenk
Jakob Johnson ist der erste deutsche Offensive Player, der einen Touchdown in der NFL erzielen konnte. ran.de erzählt seine Geschichte.
München - Jakob Elijah Johnson ist am Sonntag zu Gast bei unserer NFL-Übertragung (ab 20:15 Uhr live auf ProSieben MAXX).
Er erzielte in dieser Saison den ersten Offensive Touchdown eines deutschen Spielers in der NFL, der Fullback in Diensten der New England Patriots lebt seinen Traum. Doch sein Weg in die beste Football-Liga der Welt war kein leichter, der 26-Jährige hatte einige Hürden zu nehmen. ran.de beleuchtet seinen Werdegang.
Schon früh interessierte sich der in Stuttgart geborene Johnson für Sport, mit Football hatte er zu Beginn allerdings weniger am Hut. Als Kind stand zunächst Fußball auf der Tagesordnung, wie er in einem Video auf dem YouTube-Kanal der Football-Abteilung der University of Tennessee erzählte.
Auf den Spuren des Papas
Später kamen dann Basketball und Schwimmen hinzu, doch so richtig glücklich war er damit nicht. Also meldete sich der Schwabe im Alter von zwölf Jahren bei den Stuttgart Scorpions an, um sich in der amerikanischen Nationalsportart auszuprobieren und in die Fußstapfen seines Vaters zu treten, der ebenfalls Football spielte.
"Nach meiner ersten Einheit wusste ich: Das ist mein Sport", warf Johnson einen Blick in die Vergangenheit. In Deutschland gehört Football nach wie vor zu den Randsportarten, damals sogar noch mehr als heute. Das war auch dem jungen Johnson bewusst, der sich allerdings nicht von seinem Traum abbringen ließ, es bis ganz nach oben zu schaffen.
Also nahm er während seiner Zeit in der U19 der Scorpions Kontakt mit allen Defensive Coordinators und Linebacker-Coaches der FBS auf, verschickte Hunderte von E-Mails und wartete. "Am Ende bekam ich um die vier Antworten. Alle sagten mir: Komm nach Amerika und zeig, was du kannst", erinnerte sich der heutige Patriots-Spieler.
Abenteuer USA
Zwei Wochen später saß der 1,91-Meter-Hüne im Flieger nach Amerika, um sein Können vor Ort unter Beweis zu stellen. "Ich wollte zeigen, dass es keine Rolle spielt, woher du kommst. Solange du bereit bist, hart dafür zu arbeiten, um deinen Traum zur Realität werden zu lassen", gab sich der Deutsch-Amerikaner kämpferisch. Er zog daraufhin zunächst zu seiner Tante nach Jacksonville, Florida und spielte an der Jean Ribault High School für die dort ansässigen "Trojans". Im Anschluss erhielt er ein Stipendium an der University of Tennessee, wo er als Linebacker, Tight End und Teil der Special Teams eingesetzt wurde. Insgesamt kommt er auf über 45 Einsätze in der NCAA, der College-Liga des Landes.
Externer Inhalt
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Der Traum von der NFL rückte in greifbare Nähe, doch in seinem letzten College-Jahr folgte dann der Schock: Johnson verletzte sich an der Schulter, musste sich einer Operation unterziehen und konnte nicht am Pro Day, einem "Casting-Event" für College-Spieler, teilnehmen, um sich den Scouts zu zeigen. "Für mich war in dem Moment klar: Dieses Kapitel meines Lebens ist vorbei", so der Pechvogel. In der Folge verdiente er sich als Kellner seinen Lebensunterhalt und strebte eine Rückkehr nach Deutschland sowie ein Studium an.
Von Stuttgart über London zurück nach Florida
Anfang 2018 ging Johnson wieder in die Heimat, sein Ex-Verein zahlte das Flugticket für ihn und seine Freundin. Er spielte mit seinen Scorpions-Freunden aus früheren Tagen zusammen, gemeinsam bestritten sie zwölf Spiele in der GFL. Komplett abgeschrieben hatte er eine professionelle Football-Karriere aber noch immer nicht. Im Anschluss an die Saison erhielt er im Herbst 2018 eine Einladung zu einem Probetraining in London, um sich für das International Pathway Program der NFL zu qualifizieren.
Johnson wartete auf Antwort, einen Tag nach seinem 24. Geburtstag erhielt er endlich die erlösende Nachricht: Er ist als einer von nur sieben Spielern dabei und darf sich in den folgenden drei Monaten in einem Trainingscamp in Florida für einen Platz im Practice Squad eines NFL-Teams empfehlen. Das bedeutete allerdings auch harte Arbeit: zwei Trainingseinheiten pro Tag, sechs Tage die Woche, drei Monate lang. "Ich bekam meine zweite Chance. Und ich wollte alles dafür geben, diese auch zu nutzen", so Johnson rückblickend in einem YouTube-Clip der NFL.
Neben Brady und Edelman
Die harte Arbeit zahlte sich aus, letztendlich entschieden sich die New England Patriots für eine Verpflichtung des Deutschen. Im Sommer 2019 stand Johnson plötzlich nicht mehr mit seinen Kumpels aus Stuttgarter Tagen, sondern mit Superstars wie Tom Brady und Julian Edelman auf dem Platz.
Während der Saisonvorbereitung überzeugte der NFL-Neuling seinen Head Coach Bill Belichick und sicherte sich somit seinen Platz im regulären Practice Squad, was eine Aktivierung während der laufenden Saison ermöglichte.
Am 21. September 2019 war es so weit, Johnson wurde nach der Verletzung von James Develin in den 53-Mann-Kader berufen und feierte im Spiel gegen die New York Jets am 22. September sein Debüt in der besten Football-Liga der Welt. So richtig realisieren könne er es noch nicht, das würde erst mit der Zeit kommen, gab er im Anschluss in einer offenen Medienrunde zu Protokoll. Drei weitere Einsätze kamen in der Saison hinzu, ehe ihn eine Schulterverletzung außer Gefecht setzte.
Touchdown als Highlight der Saison
In der laufenden Runde stand Johnson in allen 16 Regular-Season-Partien auf dem Platz, spielte die viertmeisten Snaps aller Fullbacks und stellte am zweiten Spieltag gegen die Seattle Seahawks (30:35) einen Rekord für die Ewigkeit auf. Im letzten Viertel fing Johnson einen Ball von Quarterback Cam Newton in der Endzone und avancierte damit zum ersten deutschen Offensiv-Spieler, der in der NFL einen Touchdown erzielte. Insgesamt kommt der häufig als Blocker eingesetzte Stuttgarter auf neun Receptions für 40 Yards in 20 Einsätzen.
Jakob Johnsons Vertrag bei den New England Patriots läuft zum Ende der Saison aus, eine Verlängerung ist noch nicht in Sicht. Doch es gilt als wahrscheinlich, dass die Patriots ihren Fullback mit einem neuen Kontrakt ausstatten werden. Der macht sich diesbezüglich nicht verrückt und sieht der Sache entspannt entgegen. Eines kann Johnson sowieso niemand mehr nehmen - er hat seinen Traum von der NFL zur Realität gemacht.
Marcel Schwenk
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