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NFL-Offseason

Linkshänder als Quarterbacks: Die Besonderheiten einer aussterbenden Spezies

  • Aktualisiert: 28.04.2020
  • 16:36 Uhr
  • ran.de/Sebastian Kratzer
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© imago

Linkshändige Quarterbacks kommen in der NFL nur noch selten vor. Viele von ihnen werden schon frühzeitig aus den unterschiedlichsten Gründen herausgefiltert. Mit Tua Tagovailoa hat die NFL wieder einen "Lefty", der in Miami eine ganze Ära prägen kann.

München - Die Liste der linkshändigen Quarterbacks in der NFL Geschichte ist zwar nicht lang, aber doch beeindruckend.

Mit Steve Young oder Michael Vick waren hier auch Spieler dabei, die mit zu den bedeutsamsten Quarterbacks aller Zeiten gehören. Dennoch stellt sich die Frage, warum es nur so wenige Linkshänder nachhaltig in die NFL schaffen. ran.de nennt die unterschiedlichen Gründe dafür.

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Ein starker Arm - für die falsche Sportart?

Wenn ein Quarterback einen Football mit der linken Hand gut werfen kann, wechselt er kurz darauf die Sportart. Das besagt zumindest ein Mythos, der sich hartnäckig an den Colleges in den USA hält. So sollen besonders die Baseball-Mannschaften frühzeitig versuchen, starke Linkshänder für ihre Sportart abzuwerben.

Kellen Moore, ein ehemaliger (linkshändiger) Quarterback in der NFL und der aktuelle Offensive Coordinator der Dallas Cowboys, machte hierbei eine ähnliche Erfahrung. "Ich glaube, dass alle schlauen Linkshänder mittlerweile Baseball spielen", sagte er zu "FiveThirtyEight.com": "Der Sport ist wie gemacht für sie, denn dort hat man einen höheren unmittelbaren Einfluss als Linkshänder". 

Tatsächlich war vor einigen Jahren ein Trend zu erkennen, dass die Spitzenklasse der Pitcher in der MLB von Linkshändern durchsetzt war. Viele linkshändige Talente versuchen deshalb ihr Glück beim Baseball, da es keinen Unterschied macht, mit welchem Arm man wirft - anders als in der NFL.

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Durchschnitt in der NFL nicht ausreichend

"Wenn du keine außergewöhnlichen Dinge kannst, hast du es als Linkshänder in der NFL schwer", wird Michael Vick von der "Washington Post" zitiert. Auch der ehemalige General Manager der Denver Broncos, Brian Xanders, argumentiert in eine ähnliche Richtung: "Wenn zwei Quarterbacks genau gleich gut in alle Attributen sind, entscheidet man sich für den Rechtshänder", sagte er.

Die "Leftys" scheinen von Beginn an einen schweren Stand zu haben in der NFL. Viele Coaches sehen das Playdesign der Teams als Grund dafür. "Wir haben einige Plays, die nur in eine Richtung verlaufen. Es ist schwer, diese einfach umzudrehen", sagte der ehemalige Coach der Tampa Bay Buccaneers, Dirk Koetter.

Auch 49ers-Coach Kyle Shanahan sieht bei einem linkshändigen Quarterback das Problem: "Ich bin zwar für eine Balance auf dieser Position, doch mit nur einem Linkshänder im Training wird es schwer, Spielzüge richtig aufzuzeigen und zu vergleichen. Man bräuchte entweder zwei, oder gar keinen Linkshänder." 

Doch es ist anscheinend nicht nur schwer, einen Linkshänder in die bestehende Offense zu integrieren, sondern der Quarterback selbst benötigt eine gewisse Anpassungszeit. "Alle Spielzüge und Routes sind auf rechts gedreht, ein Linkshänder würde sich in einer solchen Offense nicht wohlfühlen. Es ist so, als ob man ihm eine Schere für Rechtshänder zur Hand gibt", fügte der ehemalige Quarterback David Carr an. 

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Kleinigkeiten entscheidend

Besonders betroffen sind neben der gesamten offensiven Ausrichtung auch die Receiver. Sowohl Reggie Wayne als auch Cris Carter, zwei der erfolgreichsten Wide Receiver in der bisherigen NFL-Geschichte, empfinden Unterschiede beim Catch, wenn der Ball von einem Linkshänder geworfen wurde. 

"Wenn ein Rechtshänder den Ball zu uns wirft, dreht sich der Ball nach links", wird Carter von "FiveThirtyEight.com" zitiert: "Immer wenn ich eine Route nach links laufe, dreht sich der Ball also in meine Richtung. Wenn ich nach rechts laufe, dreht sich der Ball von mir weg. Es mag vielleicht für Außenstehende kein großer Unterschied sein, aber wenn man die Routes so perfektionieren muss wie in der NFL, können so Kleinigkeiten ausschlaggebend für einen Catch sein." 

Für Reggie Wayne hat der Handwechsel besonders bei weiten Würfen einen entscheidenden Einfluss: "Von einem Rechtshänder dreht sich der Ball nach innen, bei einem Linkshänder ist das umgekehrt. Wenn man daran nicht gewöhnt ist, macht das einen deutlichen Unterschied", sagte er: "Ich bin nicht traurig, dass ich nicht mit vielen 'Leftys' zusammengespielt habe". 

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Die fehlende Unterstützung

Ein weiteres Problem, mit welchen sich die Coaches mit einem linkshändigen Quarterback konfrontiert sehen, ist die Pass Protection. Hier ist ebenfalls eine Umstellung von Nöten, die Anpassungszeit erfordert. In der NFL wird der Left Tackle in der Offensive Line meist als wertvoller angesehen, da er die linke "Blind Side" des rechtshändigen Quarterbacks beschützen muss. Die Teams schieben deshalb oft den besseren Tackle auf die linke Seite.

Im Falle eines linkshändigen Quarterbacks verschiebt sich die "Blind-Side" in der Offensive Line nach rechts, was auch eine Umschulung der Tackles nach sich ziehen würde. Der Aufwand ist für die Offensive Coordinator und Line-Coaches enorm hoch, da das gesamte Playbook angepasst werden muss.

Beispiele aus der Vergangenheit wie bei den Denver Broncos mit Tim Tebow als Quarterback zeigen zudem, dass die Umstellung in der gesamten Offense für Verwirrung sorgen kann. Der Schutz für einen neuen Quarterback ist in der NFL von zentraler Bedeutung, da er das Playbook noch nicht auswendig beherrscht und mehr Zeit in der Pocket benötigt. 

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Tua bei den Miami Dolphins

Was bedeuten die Voraussetzungen konkret für Tua Tagovailoa als linkshändigen Quarterback bei den Miami Dolphins? In erster Linie wird er Geduld brauchen. Die Offense in Miami wird sich mit Tua hinter der O-Line neu erfinden müssen. Mit Ryan Fitzpatrick und Josh Rosen hatte man in der vergangen Saison zwei rechtshändige Spielmacher, weshalb die oben genannten Veränderungen zweifelsohne irgendwann vorgenommen werden müssen.

Tatsächlich wird hier die Frage nach dem "Wann" am wichtigsten sein. Da Miami ihren Kader in der Free Agency einmal auf links gedreht und deutlich verbessert hat, dürfte man zwar erfolgreicher als im Vorjahr sein, gleichzeitig aber keine Wunder erwarten. Es wird also seine Zeit dauern, bis die fähigen Individuen am South Beach als Mannschaft zusammenwachsen.

Viele Experten vermuten bereits, dass Tua ähnlich wie Patrick Mahomes ein Jahr als Back-Up-Quarterback lernt, um dann einen leichteren Einstieg in die zusammengewachsene Mannschaft zu haben. Somit hätte man auch länger Zeit, die nötigen Baustellen in der kommenden Offseason nochmal zu adressieren. Mit Robert Hunt drafteten die Dolphins bereits den Beschützer von Tua in der zweiten Runde. Als umgeschulter Right Tackle hat er die optimalen Voraussetzungen, um in einer "umgedrehten O-Line" zu funktionieren. 

Sollte Tua noch im Laufe der kommenden Saison eingesetzt werden, könnten die oben genannten Faktoren eine wichtige Rolle spielen. Man kann gespannt sein, ob die Dolphins ihrem Quarterback der Zukunft eine solche Bürde zu Beginn seiner Karriere auferlegen wollen. 

Sebastian Kratzer

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