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Denver Nuggets - Miami Heat: Takeaways nach Spiel 5

Nikola Jokic: Der Beste setzt ein finales Statement - Kolumne zu den NBA-Finals

  • Aktualisiert: 13.06.2023
  • 10:24 Uhr
  • ran.de
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© Getty
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Die Denver Nuggets haben sich im fünften Spiel der Finals die erste Meisterschaft ihrer Franchise-Historie gesichert. In einem wilden Spiel zeigt die gesamte Mannschaft ihren defensiven Lernprozess – und Nikola Jokic erklimmt auf seine einzigartige Weise den Berggipfel. Die (letzten) Takeaways zu den Finals.

von Ole Frerks

Es ist vollbracht! Nach 47 Jahren in der NBA haben die Nuggets tatsächlich zum ersten Mal den Titel gewonnen. Das Ende der regulären Saison mag durchwachsen gewesen sein (aus den letzten 17 Spielen gab es nur sieben Siege), in den Playoffs bestand jedoch kein Zweifel daran, wer das beste Team war. Ganze vier Playoff-Spiele verlor Denver auf dem Weg zum Titel, dominanter waren in den letzten 15 Jahren lediglich die 2017er Golden State Warriors.

Das letzte Spiel der Saison war dabei – nicht ganz überraschend – vielleicht das schwerste. Im Lauf der Serie wurde gerade von Seiten der Heat oft darüber gesprochen, dass Miamis Spielraum für Fehler im Vergleich viel kleiner sei. Denver stellte das in Spiel 5 auf die Probe und gab sich dem Chaos hin, das Miami in den Serien zuvor zu seinem Markenzeichen gemacht hatte.

Es war eine unheimlich wilde Partie. Viel schneller als der Rest der Serie, auch wenn das Endergebnis das nicht reflektiert. Beide Teams trafen schlecht. Beide Teams verteidigten mit frenetischer Energie. Beide Teams trafen teils haarsträubend schlechte Entscheidungen, verzichteten auf offene Looks, um lieber wilde Pässe über das ganze Feld zu spielen, die abgefangen wurden.

Von Zeit zu Zeit hätte man das Spiel treffend mit der alten Benny-Hill-Musik unterlegen können. 

Natürlich auch eine Folge der Intensität, wie Heat-Coach Erik Spoelstra erklärte.

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NBA Finals: Denver besteht die letzte Prüfung

"Die letzten drei oder vier Minuten fühlten sich an wie aus einem Film", sagte Spoelstra. "Zwei Teams in der Mitte des Rings, die einen Punch nach dem anderen gelandet haben. Nicht unbedingt durch getroffene Würfe, sondern durch den Einsatz. Spieler sind gestolpert, weil auf beiden Seiten so hart gespielt wurde. Darum sollte es in unserer Liga gehen."

Denver leistete sich 14 Ballverluste, vier davon in den ersten zweieinhalb Minuten des Spiels. Denver traf nur fünf seiner 28 Dreier und 13 seiner 23 Freiwürfe. Denver ignorierte zu oft Nikola Jokic, obwohl dieser als einziger Akteur nahezu immer scorte, wenn er den Ball bekam. Selbst Jokic traf die eine oder andere krumme Entscheidung.

Es war keine perfekte Leistung, gerade offensiv. Aber es war eine weitere Möglichkeit für die Nuggets, um ihren Lernprozess zu demonstrieren und zu zeigen, dass sie nicht schön spielen müssen, um Spiele zu gewinnen. In dieser Partie war es der Hustle in der Defense (gerade in Halbzeit zwei drehte Denver den Heat den Hahn zu und erlaubte nur noch 38 Punkte) und auch am Brett (57:44 Rebounds), der den größten Unterschied machte.

"Ich war stolz darauf, dass das Team über die gesamte Partie defensiv gearbeitet hat. Wenn die Offense nicht funktioniert und Würfe nicht fallen, dann muss die Defense da sein", lobte Michael Mlaone. "Unsere Defense war großartig." Auch dies verschaffte Denver abermals einen größeren Fehlerspielraum als den Heat.

Der seltsame Fall des Jimmy Butler

Miami hat im Lauf dieser Postseason viele dieser wilden Spiele gewonnen. Das Team vom South Beach liebt Chaos, es ist eins ihrer Mittel, um vermeintlich talentiertere Teams aus deren Komfortzone zu bringen. Kombiniert mit heißem Shooting und der individuellen Brillanz von Jimmy Butler schafften es die Heat dadurch bis in die Finals.

Gegen die Nuggets hatten sie jedoch selten zwei dieser Faktoren in einem Spiel, und vermutlich nie drei. In Spiel 5 hatten sie das Chaos, aber kein heißes Shooting (9/35 Dreier) – und eigentlich auch keine Brillanz von Butler, auch wenn dieser im Schlussviertel noch einmal aufdrehte und die letzten 13 Punkte der Heat erzielte.

Butler erlebte dennoch kein rühmliches Ende für seinen persönlichen magischen Playoff-Run. Über drei Viertel agierte er zögerlich und inkonsequent, von seinen insgesamt elf Abschlüssen in der Zone traf er ganze drei. Mehrfach verweigerte er machbare Würfe und wirkte beim Wurf, als trüge er eine Bleiweste.

Es ist kein Geheimnis, dass Butler seit Wochen mit Knöchelproblemen spielte, nachdem er Spiel 2 gegen die Knicks sogar aussetzen musste. Er war im Anschluss bei weitem nicht mehr so explosiv wie noch gegen die Bucks, denen er in Runde eins 37,6 Punkte im Schnitt eingeschenkt hatte. Seit der Verletzung knackte er bloß noch ein einziges Mal die 30 Zähler, in Spiel 1 gegen Boston.

Es ist auch gut möglich, dass die enorme Two-Way-Last nach einem langen Playoff-Run ihn ein Stück weit eingeholt hat, ähnlich wie auch Bam Adebayo, der nach 18 Punkten in der ersten Hälfte nur noch 2 weitere erzielte. Miami mühte sich über sieben Spiele gegen die Celtics ab, während Denver nach dem Sweep gegen L.A. vor den Finals mehr als eine Woche regenerieren konnte.

Das soll keine Entschuldigung sein – natürlich können solche Faktoren eine Leistung aber beeinträchtigen. Gerade in Butlers Fall muss sich festhalten lassen, dass seine Finals insgesamt nicht gut genug waren, um die Nuggets ernsthaft zu gefährden. Er spielte gut, aber nicht überragend, was Miami wohl gebraucht hätte.

"Mein Knöchel ist in Ordnung", sagte der 33-Jährige dazu selbst. "Wir haben einfach nur nicht gewonnen. Es gibt keine Entschuldigung. Sie haben uns geschlagen. Mehr kann ich dazu nicht sagen."

In Spiel 5 hätte er trotz allem noch zum Helden werden können. Doch nach seinen 13 Punkten besiegelten zwei Fehler von Butler das Schicksal der Heat: Bei nur 1 Punkt Rückstand kam er beim Drive nicht an Jamal Murray vorbei und warf einen Pass in die Hände von Kentavious Caldwell-Pope. Wenig später nahm er einen etwas überhasteten Dreier über Aaron Gordon, Bruce Brown holte den Rebound und erhöhte mit Freiwürfen auf +5, das war die Entscheidung.

Es war nicht das Ende, das sich die Heat und Butler erhofft hatten – es sollte aber nicht darüber hinwegtäuschen, wie besonders es ist, was dieses Team erreicht hat. Miami wäre fast im Play-In gescheitert und mischte stattdessen bis zum Ende mit. Die Heat eliminierten die beiden besten Teams ihrer Conference und verdienten sich diese Finals-Teilnahme. Und Butler demonstrierte erneut, warum er zu den besten Playoff-Performern der letzten Jahre zählt.

Am Ende hat Miami, genau wie der Rest der NBA, nur eben seinen Meister gefunden. "Es gibt nichts, was wir bereuen. Manchmal wird man einfach geschlagen, und Denver war besser als wir", sagte Spoelstra. "Ich glaube, das war unser intensivstes Defensiv-Spiel der Saison, und es hat trotzdem nicht gereicht. In Spiel 4 war es ähnlich. Denver war einfach überlegen, in jeder Serie."

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Nikola Jokic setzt sein finales Statement

Es gibt, zumindest für den Moment, keinen Zweifel mehr. Jokic ist der aktuell beste Spieler der NBA und hat mit diesen Playoffs auch den letzten Skeptiker überzeugt. Beispielsweise Mark Jackson, der ihn in der Regular Season nicht unter die Top 5 beim MVP-Voting gesetzt hatte und nach der (einstimmigen) Finals-MVP-Wahl nun zu Kreuze zog: "Ich bin einfach froh, dass ich meine MVP-Stimme diesmal richtig abgegeben habe. Heute kann ich in Ruhe schlafen gehen."

Immerhin. Jokic führte die Postseason bei den Punkten, Rebounds und Assists an, wie auch – natürlich – in nahezu allen relevanten Advanced Stats. Über 20 Spiele verzeichnete er 30 Punkte (bei 55 Prozent aus dem Feld und 46 Prozent von der Dreierlinie), 13,5 Rebounds und 9,5 Assists im Schnitt. Das ist unvorstellbar gut – zumal er auch defensiv jeder Prüfung standhielt.

"Das war ein historischer Run", sagte Michael Porter Jr., der in Spiel 5 selbst einen kleinen Durchbruch feierte und Denvers zweitbester Scorer war (16 Punkte, 13 Rebounds). "Er ist einer der besten Basketballspieler aller Zeiten. Es ist mir egal, was andere dazu sagen. Er macht es so viel leichter für uns alle, die neben ihm spielen."

In Spiel 5 war seine Klasse noch einmal gut zu sehen. Jokic kam auf 28 Punkte und 16 Rebounds und ließ sich auch von frühen Foulproblemen nicht nachhaltig beirren. Seine zweite Halbzeit war nahezu makellos. Er spielte durch, erzielte 19 Punkte und traf acht seiner zehn Würfe. Der einzige Kritikpunkt nach dem Pausenpfiff war, dass er nicht noch mehr Würfe nahm, zumal seine Mitspieler bei weitem nicht so dominant aussahen (10/30 im selben Zeitraum).

Doch das ist eben Jokic, der im Zweifel immer eher versucht, seine Teammates noch mitzuziehen. Der lieber passt als selbst zu scoren. Der für den Teamerfolg spielt und nicht für den individuellen Ruhm, welcher ihm vermutlich sogar eher suspekt ist. "Er hat sich bei allem Erfolg nie geändert, und das wird er auch nie tun. Es ist einfach nicht seine Natur", erklärte Malone.

Das Ende des Spiels und das Ende seiner persönlichen Reise zum ersten NBA-Titel war dabei ein klassischer Jokic. Er rannte nicht wie einst Dirk Nowitzki in die Kabine, um sich zu sortieren. Er zeigte keinen emotionalen Ausbruch wie Kevin Garnett und brüllte "Anything is possible!" in den Nachthimmel. Stattdessen schüttelte er erstmal jedem Heat-Spieler die Hand und klatschte dann verhalten wie ein Zuschauer beim Golf.

"Es ist gut. Wir haben den Job erledigt. Jetzt können wir nach Hause gehen", sagte Jokic beim "ESPN"-Interview zu Lisa Salters. Später wirkte er fast überrascht, als er informiert wurde, dass er noch ein bisschen feiern sollte und sagte, dass er sich nicht auf die Meister-Parade am Donnerstag freue, weil er "nach Hause" müsse.

Prioritäten. Emotionen zeigen können andere. Diskussionen darüber führen, wie diese Postseason historisch einzuordnen ist oder ob Denver am Anfang einer Dynastie steht, können andere. Sich überlegen, wie dieses Team von jetzt an zu schlagen ist, müssen andere.

Der beste Basketballspieler der Welt möchte für ein paar Tage seine Ruhe haben, bei seiner Familie und seinen Pferden. Er hat es sich verdient.


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