2. Bundesliga
Machtkämpfe beim Hamburger SV: Im Präsidium herrscht Chaos
- Aktualisiert: 26.01.2021
- 09:03 Uhr
- ran.de / Oliver Jensen
Sportlich ist der Hamburger SV erfolgreich und führt die 2. Bundesliga an. Im Hintergrund allerdings findet ein Machtkampf rund um Präsident Marcell Jansen, seinen beiden Vize-Präsidenten und Investor Klaus-Michael Kühne statt.
Hamburg – Eigentlich müsste die Welt beim Hamburger SV in Ordnung sein. Die Mannschaft von Trainer Daniel Thioune führt souverän die Tabelle der 2. Bundesliga an, hat aus den letzten sieben Spielen 19 Punkte geholt und verfügt mit Simon Terodde (17 Tore) über den mit Abstand besten Torjäger der Liga.
Das Spiel bei Fortuna Düsseldorf (Dienstag, 20:30 Uhr im Liveticker auf ran.de) bietet sogar die Gelegenheit, sich zumindest vorläufig einen Sieben-Punkte-Vorsprung auf den Relegationsplatz herauszuspielen.
Wer nun aber denkt, im Verein herrscht Friede und Freude, liegt völlig daneben. Das Gegenteil trifft zu: Im Präsidium des einstigen Bundesliga-Dinos soll ein Machtkampf eskaliert sein.
Eine Hauptrolle spielt dabei offenbar der ehemalige Nationalspieler Marcell Jansen, der heute als Vereinsprädient und Aufsichtsratsvorsitzender im Hintergrund agiert.
Freistellung von Bernd Hoffmann war der Auslöser
Was ist geschehen? Die Streitereien reichen bis in den März 2020 zurück, als Bernd Hoffmann als Vorstandsvorsitzender des HSV freigestellt wurde. Diese Entscheidung wurde im Aufsichtsrat damals heiß diskutiert.
Jansen soll laut Informationen der "Bild" damals für eine Freistellung von Hoffmann gestimmt haben. Der damalige Aufsichtsratsvorsitzende Max-Arnold Köttgen und Vereins-Vizepräsident Thomas Schulz hatten sich wiederum für einen Verbleib von Hoffmann stark gemacht. Weil ihr Vorhaben scheiterte, traten sie aus dem Aufsichtsrat zurück.
Jansen gewann dadurch an Macht und übernahm den Vorsitz im Aufsichtsrat. Gleichwohl müssen noch immer die zwei freigewordenen Plätze im Aufsichtsrat besetzt werden.
Und genau darum eskaliert nun offenbar ein riesiger Streit.
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Adidas-Aufsichtsrätin Kathrin Menges erfährt als Kandidatin zwar überall im Verein Zustimmung. Hans-Walter Peters allerdings, der Ex-Präsident des Bundesverbandes deutscher Banken, ist sehr umstritten.
Gewinnt Kühne wieder an Macht?
Während Jansen die Kontakte von Peters zu der Hamburger Wirtschaft schätzt, kritisieren die Vize-Präsidenten Schulz und Moritz Schaefer deren Nähe zum Anteilseigner Klaus-Michael Kühne, der 20,87 Prozent der HSV Fußball AG besitzt.
Ihre Befürchtung: Durch Peters würde Kühne an Macht gewinnen.
Schulz und Schaefer möchten dies verhindern. Damit nicht genug: Sie sind laut "Bild" auch mit dem derzeitig bestehenden Aufsichtsrat unzufrieden und wollen mehrere Mitglieder abberufen.
Dies allerdings möchte Jansen nicht.
Bei der nächsten Präsidiums-Sitzung dürfte es zu einer Abstimmung kommen.
Brisante Mail ging an 87.000 Mitglieder
Die Frage ist nur, wie das Präsidium dann besetzt sein wird. Die interne Hetz-Kampagne hat bereits begonnen.
Der Ehrenrat hat mit Unterstützung der Gremien in der vergangenen Woche eine Mail an alle 87.000 HSV-Mitglieder versandt und den Vize-Präsidenten Schulz darin schlecht gemacht.
In der Mail heißt es unter anderem: "Thomas Schulz lässt sich bei seinen Entscheidungen zu häufig von eigenen Zielen statt dem Wohl des HSV leiten. Sein Verhalten ist mehr von Taktik und Manipulation geprägt als von vereinskameradschaftlichem Austausch und Miteinander."
Schulz meldete sich daraufhin bei Facebook zu Wort und bezeichnete die Vorwürfe als "substanzlos."
Die Situation ist brisant: Solange Schulz im Verein Vize-Präsident bleibt, verfügt er zusammen mit Schaefer bei Abstimmungen im Präsidium weitestgehend über eine 2:1-Mehrheit – und könnte somit auch über den zukünftigen Aufsichtsrat bestimmen.
Dies erklärt auch den vermeintlichen Sinn hinter der brisanten Mail des Ehrenrats: Schulz soll dazu gebracht werden, sein Stimmrecht ruhen zu lassen. Dies lehnt der Vize-Präsident erwartungsgemäß ab.
Die Gremien könnten allerdings versuchen, eine außerordentliche Mitgliederversammlung einzuberufen und Schulz seines Amtes entheben zu lassen.
Jansen spricht von Fake News – und verliert Zustimmung der Fans
Jansen geht seinen Weg währenddessen weiter – möglichst zusammen mit Kühne. "Fakt ist, dass Herr Kühne den HSV auf breitere Schultern stellen möchte und bereit ist, seine Anteile zu reduzieren", wird er zitiert. "Alle anderen Behauptungen sind eine Fake-News-Strategie, die nur vereinspolitischen Zielen oder Interessen von Einzelpersonen dienen soll. Das stört mich extrem", bemängelt er.
Dass Jansen den gesamten Streit überhaupt öffentlich gemacht hat, bringt den eigentlich so beliebten Ex HSV-Spieler nun bei den Fans in Ungnade.
Auf der Webseite von dem Förderkreis Nordtribüne heißt es: "Wir wissen, dass Marcell Jansen den Kontakt zur Presse sucht. In dem großen Abendblatt-Artikel vom 12.01.2021 greift er Thomas Schulz direkt und hart an. Durch diesen Bericht ist der Streit öffentlich eskaliert und hat auf einem viel höheren Level als zuvor Wellen geschlagen."
HSV fällt in alte Muster zurück
Wer nun bei dem gesamten Wirrwarr den Überblick verloren hat, braucht sich eigentlich nur zwei Dinge zu merken: Der HSV strebt weiterhin die Rückkehr in die Bundesliga an und betreibt im Hintergrund genau jene Machtspiele, die mit dazu beigetragen haben, dass dieser einst so glorreiche Verein überhaupt in der 2. Bundesliga gelandet ist.
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