Nachfolger von Joachim Löw
Bundestrainer statt Bayern-Coach? Flick schließt die Tür, sperrt aber nicht ab
- Aktualisiert: 12.03.2021
- 13:59 Uhr
- ran.de / Tim Brack
Hansi Flick wird im Sommer wohl nicht die Nachfolge von Bundestrainer Joachim Löw antreten - der Bayern-Trainer schließt aber nichts kategorisch aus. Seine Worte dürften bei Bayern und beim DFB ihre Wirkung entfalten.
München - Eine gewisse Symbolkraft begleitete den Auftritt von Hansi Flick, das hätte vermutlich nicht einmal der bescheidende Trainer des FC Bayern bestritten.
Offiziell stand zwar nur eine routinemäßige Befragung zum nächsten Herausforderer Werder Bremen auf dem Plan, doch die Pressekonferenz durfte eher als zweiter Teil einer Rede zur Lage der Fußballnation verstanden werden.
Flick folgte zumindest zeitlich auf Joachim Löw, der einen Tag zuvor seinen angekündigten Abschied als Bundestrainer erklärt hatte. Die Schlagzeile "Flick folgt auf Löw" würde die Fußballwelt ordentlich durchrütteln.
Aber in der Pressekonferenz vor dem Duell mit Bremen musste erst einmal ergründet werden, ob der Bayern-Trainer sich die Nachfolge seines alten Weggefährten vorstellen kann. "Bundestrainer Flick", wie klingt das in den Ohren von Hansi Flick? Seine Antwort hatte das Potenzial, eine Kaskade von Ereignissen auszulösen.
Flick verweist auf Vertrag beim FC Bayern
Dem Bayern-Trainer war die Dringlichkeit der Thematik bewusst, noch bevor eine Frage gestellt werden konnte, erbat er sich das Wort. "Alle können erahnen, welches Thema heute für alle aktuell und wichtig ist, deswegen von mir eine Einschätzung, wie ich die Dinge sehe", leitete der 56-Jährige ein.
Seine wichtigste Botschaft: "Ich habe Vertrag bis 2023 und möchte hier bei Bayern München noch sehr erfolgreich arbeiten." Auf Nachfrage, ob dies ein klares Nein sei, entgegnete er: "Ich möchte mich dazu nicht äußern. Ich habe alles dazu gesagt."
Flick schloss also erst einmal die Tür, sperrte aber noch nicht ab. Der DFB kann womöglich noch hineintreten. Dass der Bayern-Trainer sich zu keiner klaren Absage hinreißen ließ, passt zum Mantra des gebürtigen Heidelbergers, das Vergangenheit und Zukunft ausklammert und nur die Gegenwart zulässt.
Der deutsche Rekordmeister erwarte von ihm, "dass ich mich zu 100 Prozent auf Bayern München und die Mannschaft konzentriere. Da hat die Mannschaft ein Recht drauf", sagte Flick.
Spekulationen über seine Zukunft verbieten sich daher, betonte er: "Ich habe von Anfang an gesagt, dass mich das Hier und Jetzt interessiert. Darin lebe ich."
Flicks Verhältnis zu Salihamidzic
Ein bisschen schwelgte Flickt dann aber doch in alten Zeiten. Beim DFB habe er viel Spaß gehabt, mit Löw, Oliver Bierhoff und Torwarttrainer Andreas Köpke. "Es war eine absolut vertrauensvolle Zusammenarbeit", beschrieb Flick das Verhältnis.
"Jetzt bei Bayern München ist es genauso. Ich habe eine Mannschaft, die absolut top ist, ich habe einen Staff, mit dem ich Spaß habe." Für einen Abschied von Flick wäre es also die Voraussetzung, dass sich diese Situation ändert.
Externer Inhalt
Zuletzt hätte höchstens das Verhältnis zu Sportvorstand Hasan Salihamidzic am guten Binnenklima rütteln können. Die beiden sollen sich öfter uneins in sportlichen Fragen sein - und deswegen regelmäßig aneinander geraten.
Ende Januar hatte Vorstandsmitglied Oliver Kahn das Verhältnis zwischen Flick und Salihamidzic bei "Sky" als eine "Art von Streitkultur" beschrieben, diese aber auch als "wichtigen Erfolgsfaktor" herausgestellt. Gewinn durch Reibung also.
Salihamidzics Transfers zünden selten
Flick betonte nun, dass er neben Spaß auch Vertrauen, Loyalität und Qualität bei der Arbeit brauche. Um Letzteres geht es im Kern der Zwistigkeiten mit Salihamidzic. Der Trainer soll nicht einverstanden damit sein, welche Spieler der Sportvorstand ihm so vor die Nase setzt. Flicks hohe Anforderungen erfüllen nicht alle Transfer.
Nach dem Champions-League-Sieg gesellten sich Akteure wie Bouna Sarr, Marc Roca, Douglas Costa, Alexander Nübel oder Eric Maxim Choupo-Moting zu den Münchnern. Eine tragende Rolle - und sei es als zuverlässiger Einwechselspieler - spielt allerhöchstens Choupo-Moting.
Der Kader ist im Vergleich zum Triumphzug aus dem Vorjahr eher schwächer ohne Thiago, Ivan Perisic und Philippe Coutinho.
Einzig Leroy Sane hat sich als Sommer-Zugang als bestimmender Faktor etabliert, auch wenn der Dribbler nach seiner langen Verletzung deutliche Anpassungsschwierigkeiten hatte. Hinzu kommt Jamal Musiala, der den Sprung zu den Profis deutlich schneller vollzogen hat, als das vorherzusehen war.
Salihamidzic dürfte auch für Lucas Hernandez einen anderen Platz im Gefüge vorgesehen haben, als er ihn 2019 für die Rekordablöse von 80 Millionen Euro nach München lotste. Unter Flick ist der Franzose nur Ergänzungsspieler. In Bremen könnte er allerdings David Alaba ersetzen, der wegen muskulärer Probleme fraglich ist.
Botschaft für den DFB und FC Bayern
Flick, der seit über dreißig Jahren verheiratet ist, verglich die Unstimmigkeiten mit Salihamidzic mit den Aufs und Abs in einer Beziehung. "In einer Ehe, in einer Partnerschaft kann es auch immer mal wieder zu Unstimmigkeiten kommen", sagte Flick.
Er und Salihamidzic müssten Entscheidungen zum Wohle des Vereins treffen. "Brazzo und ich versuchen die Dinge so zu gestalten, dass wir uns beide da auch einbringen", sagte Flick, "deswegen ist es eine ganz normale Zusammenarbeit, wo auch das ein oder andere Mal nicht Einigkeit herrscht." Aber: "Ich sehe nichts, was uns in der Zusammenarbeit stören könnte."
Flicks Worte vor diesem Spieltag dürften beim FC Bayern und beim DFB ihre Wirkung entfalten. Der Bayern-Trainer schaut zwar nach eigenem Bekunden nicht in die Zukunft, aber wenn diese sich wie die Gegenwart gestaltet - und in München weiterhin alles stimmig ist -, wird es in diesem Sommer eher keinen Bundestrainer Flick geben.
Tim Brack
Du willst die wichtigsten Fußball-News, Videos und Daten direkt auf Deinem Smartphone? Dann hole Dir die neue ran-App mit Push-Nachrichten für die wichtigsten News Deiner Lieblings-Sportart. Erhältlich im App-Store für Apple und Android.