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"Wo sind wir denn jetzt?"

FC Bayern München - Oliver Kahn vor dem Aus? Markus Babbel: "Hoeneß hat am Anfang auch nicht alles richtig gemacht!"

  • Aktualisiert: 06.07.2023
  • 05:24 Uhr
  • ran.de
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© Imago Images
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Der FC Bayern München ist gegen Manchester City aus der Champions League ausgeschieden. Rund um den Klub kehrt keine Ruhe ein. Im Gegenteil: Besonders die Vereinsführung steht in der Kritik. Im ran-Interview nimmt Ex-Bayern-Profi Markus Babbel den vielkritisierten Vorstandsboss Oliver Kahn jedoch Schutz. Julian Nagelsmann wirft er hingegen Kindlichkeit vor. 

Von Marie Schulte-Bockum

ran: Herr Babbel, war der FC Bayern im Viertelfinale einfach einen Haaland schlechter als Manchester City? 

Markus Babbel: Diese Stürmer-Qualität eines Haaland oder Lewandowski findet man nicht mal eben so. Wenn überhaupt, dann mit einer exorbitant hohen Ablösesumme. Denn welcher Verein gibt denn seinen besten Stürmer ab? Wenn du einen Stürmer wie Lewandowski verlierst, der dir immer 20 bis 25 Tore garantiert, reißt das eine Lücke. Jetzt weiß ich nicht, was genau vorgefallen ist, aber ich hatte das Gefühl, dass Lewandowski mit Nagelsmann überhaupt nicht zurechtkam. Dann stellt sich natürlich die Haaland-Frage. Die Bayern wollten ihn, aber das hätte das Gehaltsgefüge gesprengt. 

ran: War es am Ende ein Fehler, Lewandowski ziehen zu lassen? 

Babbel: Vom Typ her ist Lewandowski beim FC Bayern nie sonderlich beliebt gewesen. Seine permanenten "Ich will weg, ich will weg"-Aussagen haben viele Fans genervt, unter anderem auch mich. Dann bekommt Lewandowski jedes Mal wieder zwei Millionen Euro an Gehalt mehr, ist wieder ruhig und alle sind happy. Aber bei Bayern dachte man wohl, dass Lewandowski in ein Alter kommt, in dem man nicht mehr weiß, wie lange er noch dieses Leistungsniveau halten kann und wollte nochmal eine Ablöse. Das kann ich durchaus verstehen. 

ran: Sie haben zuletzt mehrmals gesagt, Bayern habe diese Saison den besten Kader aller Zeiten. Jetzt ist der Klub aus beiden Pokal-Wettbewerben ausgeschieden. Die elfte Meisterschaft infolge ist in Gefahr. Revidieren Sie Ihre Einschätzung? 

Babbel: Nein, es ist immer noch so. Ja, im Sturmzentrum hat man sich nicht verbessert. Da ist man eher schwächer geworden. Wenn er fit ist, hat Eric-Maxim Choupo-Moting das aber immer gut gemacht. Es hat mich eher überrascht, dass Mathys Tel, der für viel Geld gekommen ist, so wenig Einsatzzeit hatte. Bei Sadio Mane hätte man auch vorher wissen können, dass er kein Mittelstürmer ist, sondern einer für die Flügel. Nichtsdestotrotz ist der Kader herausragend gut. Gegen Manchester City auszuscheiden, kann passieren. Bayern war nicht schlechter als City, vor allem nicht drei Tore schlechter. Aber die Fehler waren zu einfach, zu viele Spieler waren außer Form. Leider lag es zweimal an Dayot Upamecano. 

ran: Wer hat Schuld an Haalands Tor im Rückspiel, Upamecano oder der Allianz-Arena-Rasen?  

Babbel: Ich sage es seit einem halben Jahr: Der Rasen in der Allianz Arena ist ein Desaster. Da ist der Heimvorteil weg. Ich sehe, wie oft Spieler in Top-Positionen ausrutschen. Ob in der Defensive, wie Upamecano gegen City, oder in der Offensive, wie Serge Gnabry gegen Hoffenheim. Der Rasen ist einfach nicht Bayern-like. Trotzdem darf es nicht passieren, denn es ist dem Gegner ja auch nicht passiert. Dann muss ich halt anderes Schuhwerk tragen. Die City-Spieler sind zwar auch ausgerutscht, aber nicht in den entscheidenden Momenten.

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ran: Wie beurteilen Sie derzeit Dayot Upamecanos Leistung bei den Bayern?  

Babbel: Man merkt ihm die Verunsicherung an. Er wurde nach der Hinspiel-Niederlage in Manchester sehr hart kritisiert. Das nagt an ihm. Im Rückspiel hatte er Glück, dass die Szene am Anfang hauchzart abseits war. Sonst hätte er sich mit einer Roten Karte verabschiedet. Darüber hinaus kriegt er hauchzart den Ball an die Hand. Kein Mensch würde da einen Elfmeter geben, aber in dieser Situation wird er halt gepfiffen. Am Ende macht er auch noch vor dem Gegentor einen technischen Fehler, gibt Haaland zu viel Raum, den Ball anzunehmen und mit Tempo auf ihn zuzukommen. Da kommt gerade alles zusammen, sodass Upamecano kaum Selbstvertrauen haben kann. 

ran: Am Tag nach dem Champions-League-Aus berichtete der Norweger Jan-Age Fjörtoft, Oliver Kahn stünde beim FC Bayern vor der Entlassung. Wäre das eine gute Entscheidung? 

Babbel: Ich fände es schade, wenn es so wäre. Uli Hoeneß hat auch am Anfang nicht alles richtig gemacht hat. Ich kann nur beurteilen, was ich sehe, und sie haben einen Kader zusammengestellt, wo ich sage: "Wow! Das ist nicht so schlecht." Das Stürmer-Thema haben sie unterschätzt, mit der Kritik daran müssen sie leben. Insgesamt kenne ich jedoch keinen Verein, der besser aufgestellt ist als der FC Bayern. 

ran: Vom sportlichen und wirtschaftlichen abgesehen: Hat Kahn ein Kommunikationsproblem? 

Babbel: Also wenn mein Trainer nach einer 1:2-Niederlage nichts besseres im Sinn hat, als zum Skifahren zu gehen, dann tue ich mich damit auch schwer. Wo sind wir denn jetzt? Und dann muss sich Oliver Kahn dafür rechtfertigen, dass er nicht ins Zillertal fährt! Der Nagelsmann hat gefälligst an der Säbener Straße zu sein. Dann kriegst du einen Anruf: "Hey, du kommst bitte sofort hierher." Der Trainer ist ein hoch bezahlter Angestellter, der bitte auch mal erklären soll, was schief ging gegen Leverkusen. Das war eine Nicht-Leistung, da ging gar nichts. Es waren in der Länderspielpause genügend Spieler da, die er hätte trainieren können. Auch Nationalspieler und gestandene Spieler. Dann fällt dem Trainer nichts besseres ein, als Ski zu fahren. Das ist für mich alleine schon ein Grund, ihn freizustellen. Das macht man einfach nicht.  

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ran: Die Mitteilung der Nagelsmann-Freistellung erfolgte dann über die Presse, nicht die Geschäftsstelle. 

Babbel: Als Trainer muss ich die Sensibilität haben, dass eine Situation wie nach dem Leverkusen-Spiel nicht dafür da ist, Spaß zu haben, sondern konzentriert zu arbeiten, weil man seit der Winterpause neun Punkte auf Dortmund verloren hat. Da frag ich mich schon, wo Nagelsmanns Prioritäten liegen: Im Spaß-Bereich oder bei der ernsten Arbeit. Da kann man Kahn nicht vorwerfen, dass er mit Nagelsmann nicht persönlich spricht. Da müssen wir jetzt auch mal die Kirche im Dorf lassen. Ich sehe den Fehler eher bei Nagelsmann.  

ran: Bayern hat seit dessen Freistellung zwei Spiele gewonnen, zweimal verloren und zweimal unentschieden gespielt. Der Klub ist im DFB-Pokal und der Champions League ausgeschieden. Wertet das Nagelsmanns Image auf dem Trainermarkt auf? 

Babbel: Ich glaube, beim FC Bayern macht sich keiner mehr Gedanken über Nagelsmann. Da geht es jetzt um die Zukunft mit Thomas Tuchel.  

ran: Nagelsmann wird bei vielen Klubs gehandelt, unter anderem dem FC Chelsea. Trauen Sie ihm zu, einen großen Klub in England zu trainieren? 

Babbel: Ich hoffe es, denn er ist ein guter Trainer. Zum Trainer-Dasein bei einem großen Klub gehört aber ein bisschen mehr dazu. Wenn Nagelsmann dazugelernt hat, das Kindliche mal weglässt, und seriös an die Sache rangeht, dann bin ich überzeugt, dass es funktionieren kann. Fachlich hat er das Niveau. Aber er muss wissen, dass er bei einem großen Klub nicht der Star ist. Das ist der Verein selbst.  

ran: Hatten Sie den Eindruck, dass Nagelsmann das bei Bayern misslungen ist? 

Babbel: Egal, wo er vor Bayern war: Nagelsmann war immer der Star. Bei Hoffenheim war nicht der Verein der Star, sondern der Trainer. Bei Leipzig der gleiche Fall. Bei Bayern konnte er sich leider nicht zurücknehmen und wollte auch partout nicht dazulernen. Dann war es für mich keine Überraschung, dass es irgendwann scheppert - und die Reißleine gezogen wird. 

ran: Welche Qualitäten braucht denn ein Bayern-Trainer? 

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Babbel: Wenn man als Trainer ein bisschen smart ist, blicke einfach mal zurück: Wer hat die großen Erfolge beim FC Bayern errungen? Welche Trainer-Typen waren das? Ottmar Hitzfeld war immer zurückhaltend, hat immer die Mannschaft in den Vordergrund gestellt und alle großen Titel gewonnen. Bei Jupp Heynckes war es genauso: Er hat sich selbst zurückgenommen und die großen Titel geholt. Bei Hansi Flick war es auch so. Selbst Guardiola, der von seiner Art her anders ist, hat es nicht geschafft. Louis van Gaal, der ein großartiger Trainer ist, hat es auch nicht geschafft. Du brauchst diese Bescheidenheit und Zurückhaltung - unabhängig davon, dass du den Spielern klipp und klar sagst, was du haben willst. Nach außen hin muss ein Bayern-Trainer freundlich und fachlich sein, Understatement leben und nicht mehr reden, als man muss. Das hat Nagelsmann etwas anders gesehen.  


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