1. FC Union Berlin
Loris Karius bei Union Berlin: Schillernd, extrovertiert und zweifelhaftes Image
- Aktualisiert: 02.10.2020
- 18:04 Uhr
- ran.de / Oliver Jensen
Mit Loris Karius holt der 1. FC Union Berlin eine schillernde Persönlichkeit an die Alte Försterei. Trotz seiner Fähigkeiten wird er in der Öffentlichkeit vor allem mit zwei Dingen in Verbindung gebracht: folgenschwere Patzer und eine berühmte Freundin. Tut man ihm unrecht?
München/Berlin – Eigentlich ist es üblich, dass Bundesligisten ihre Neuzugänge im Rahmen einer Pressekonferenz vorstellen. Union Berlin verzichtete bei Loris Karius darauf. Die kuriose Begründung des Vereins war laut der "FAZ": man wisse über den Torwart ja ohnehin schon alles.
Tatsächlich zählt der 27-Jährige zu den schillerndsten Persönlichkeiten des deutschen Fußballs. Doch wofür genau steht er überhaupt? Der frühere Hertha-Spieler Axel Kruse hat dazu eine klare Meinung und sagt bei "RBB": "Viel Talent, aber leider nie auf den Platz gebracht. Fußball-Deutschland kennt ihn eigentlich nur durch Sophia Thomalla."
Ganz stimmt das freilich nicht. Der 27-Jährige hinterließ auch fußballerisch seine Spuren. In der Nachwuchsabteilung von Manchester City ausgebildet, wechselte er im Jahr 2011 zum 1. FSV Mainz 05, war von 2013 bis 2016 Stammtorhüter in der Bundesliga und zog für eine Ablöse von 6,2 Millionen Euro zum FC Liverpool weiter.
Zwei Patzer im Finale
29 Spiele absolvierte er in der Premier League, 13 in der Champions League. Ausgerechnet das bedeutsamste Spiel seiner Karriere entpuppte sich als Tiefpunkt: Im Champions-League-Finale 2018 gegen Real Madrid leistete er sich zwei dicke Torwart-Patzer, war somit der Hauptschuldige am 1:3.
Erst später kam heraus, dass er nach einem Ellenbogenschlag von Gegenspieler Sergio Ramos eine Gehirnerschütterung erlitt. Die Folge war eine visuelle, räumliche Dysfunktion. Mit anderen Worten: Karius war überhaupt nicht dazu in der Lage, die Flugkurve des Balls richtig einzuschätzen.
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Karius: Beleidigungen gingen unter die Gürtellinie
"Ich wollte das selber nicht publik machen", verriet er später gegenüber der "Sport Bild": "Als das Ergebnis veröffentlicht wurde, gab es viel Häme und Beleidigungen, oft weit unter der Gürtellinie. Ich habe es nie als Ausrede genutzt. Aber wenn sich Leute darüber lustig machen, dass sich jemand schwer am Kopf verletzt hat, fehlt mir jedes Verständnis."
Überhaupt hatte Karius das Gefühl, dass seine durchaus beachtlichen Leistungen in der Öffentlichkeit zu wenig Anerkennung fanden. "Mit gerade mal 24 Jahren stand ich im Champions-League-Finale. Unter den aktiven deutschen Torhütern waren sonst nur Manuel Neuer und Marc-André ter Stegen im Finale", sagt er: "Aber mein Anteil daran mit all meinen Paraden und guten Leistungen vorher war auf einmal nicht mehr präsent."
Seine Zeit in Liverpool endete kurz nach dem verlorenen Finale. Leihweise wurde er in die Türkei zu Besiktas Istanbul weitergegeben. Kaum angekommen, leistete er sich dort im Europa-League-Spiel bei Slovan Bratislava einen ähnlich kuriosen Patzer. Erneut war der Spott im Netz groß.
Ein Torwart, der Schadenfreude weckt
Er zählt eben nicht zu den Torhütern, mit denen ein Großteil der Fans mitleidet. Karius scheint eher jemand zu sein, der Schadenfreude weckt.
Grund ist nicht zuletzt seine extrovertierte Persönlichkeit. Oft fuhr er mit einem teuren Mercedes durch die Straßen, der mit seinen Initialen "LK" versehen ist. Die Retourkutsche ließ nicht lange auf sich warten: Das Auto seiner Freundin Thomalla wurde mit einem verschmierten "Loser" verunstaltet.
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Gerne stellt sich Karius auch selbst in den Fokus, postete vor zwei Jahren zum Beispiel ein Trainingsvideo, welches in Los Angeles aufgenommen wurde. Mit freiem Oberkörper und einer coolen Rap-Musik inszenierte er sich im Stil eines Hollywood-Stars, sodass selbst ein Cristiano Ronaldo hätte neidisch werden können.
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Auch damals war der Shitstorm groß. User machten sich lustig über ihn, legten zum Beispiel die Baywatch-Musik über den Videoclip. Der Sportjournalist Peter Müller sprach vielen aus dem Herzen, als er bei Twitter schrieb: "Vor wenigen Wochen erst tat mir Loris Karius unfassbar leid. Bei seiner Selbstverliebtheit in diesem Video wird mir unfassbar schlecht."
Man könnte es aber auch anders sehen: Vielleicht ist Loris Karius einer der letzten echten Typen im deutschen Fußball. Ein Spieler also, der sich von der Masse unterscheidet und sich nicht um die Meinung anderer schert.
Es passt ins Gesamtbild, dass Karius nicht, wie zum Beispiel die eher bodenständigen Thomas Müller oder Toni Kroos, mit einer Jugendliebe liiert ist, sondern mit Schauspielerin, Moderatorin und Model Sophia Thomalla.
Der Fußball ist seitdem um ein Glamour-Paar reicher. Ob er das genießt? Karius verneint: "Es stört mich nicht, soll aber nicht im Mittelpunkt stehen. Für mich ist wichtig: Ich will als Sportler und für meine Leistungen wahrgenommen werden."
Ob er bereits am Freitagabend, wenn Union Berlin seinen Ex-Verein 1. FSV Mainz 05 (20:30 Uhr im Liveticker auf ran.de) empfängt, etwas dafür tun kann? Trainer Urs Fischer wollte dies nicht verraten. "Ihr müsst euch überraschen lassen. Testspiele hat er bestritten. Im Trainingsbetrieb war er. Er bringt eigentlich die Voraussetzungen mit, um auch eventuell eingesetzt zu werden."
Da Karius erst drei Trainings-Einheiten mit der Mannschaft absolviert und seit März kein Spiel mehr bestritten hat, kommt ein Einsatz vielleicht trotzdem noch zu früh.
Konkurrenzkampf mit Andreas Luthe
Die darauffolgende Länderspielpause könnte aber die Möglichkeit bieten, sich mit guten Trainingsleistungen in den Vordergrund zu spielen und die aktuelle Nummer eins Andreas Luthe zu verdrängen. Sein Leihvertrag gilt für ein Jahr. Danach steht er noch für eine weitere Spielzeit in Liverpool unter Vertrag.
"Die Verpflichtung von Loris Karius bedeutet für uns, einen Torhüter mit großer nationaler und internationaler Erfahrung zu holen", sagt Oliver Ruhnert, Geschäftsführer Profifußball von Union Berlin. "Für Loris biete es die Chance, sich wieder in einem stabilen Umfeld auf die Bundesliga und den Klassenerhalt mit Union zu fokussieren."
Und was sagt Karius? "Union ist ein spezieller Verein, der sich nicht erst mit dem Aufstieg in die Bundesliga viel Respekt erarbeitet hat", wird der Torwart in der Pressemittelung zitiert. "Ich möchte gerne meinen Teil zu dieser positiven Entwicklung beitragen und dabei helfen, das große Ziel, den Klassenerhalt in der Bundesliga, erneut zu erreichen."
Viel mehr musste er nicht sagen. Man weiß über den Torwart ja ohnehin schon alles.
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