Nur die eigenen Fans verhageln dem BVB die Laune
- Aktualisiert: 27.10.2013
- 19:41 Uhr
- SID
Nach dem Derby-Sieg geben sich die Dortmunder nachdenklich. Boss Watzke verspricht Aufklärung. Bei Schalke gerät Trainer Keller in Erklärungsnot.
Gelsenkirchen - Als eine Viertelstunde vor dem Abpfiff ein Böller mit ohrenbetäubendem Lärm explodierte, mussten die Dortmunder das Schlimmste befürchten. Die Borussia führte 3:1 (1:0), ein Spielabbruch lag in der Luft. Denn schon kurz vor Beginn der 143. Revierderby auf Schalke, als die BVB-Fans Bengalos aufs Feld und in die Nachbarblöcke schossen, hatte der Referee Knut Kircher aus Rottenburg beide Mannschaften für fünf Minuten in die Kabine geschickt.
Der Prestigesieg, der die Kräfteverhältnisse nach zuvor zwei Niederlagen für den BVB (zweimal 1:2 in der vergangenen Saison) wieder zurechtrückte, geriet bei den Hauptdarstellern fast zur Nebensache. "In diesem Moment schämt man sich. Das war im wahrsten Sinne des Wortes ein Störfeuer", sagte Dortmunds Coach Jürgen Klopp. "Die Mannschaft hat trotzdem gewonnen und nicht deshalb."
Klopp verwundert über Spieler-Feier in der Kurve
Für Verwunderung sorgte, dass die Sieger nach Spielschluss dennoch mit den Krawallmachern feierten. "Wir sind völlig unbeleckt in die Kurve gegangen und haben gar nicht mehr darüber nachgedacht", ergänzte Klopp. Was er nicht wusste: Es geschah in Abstimmung mit den Sicherheitskräften, um nicht weitere Ausschreitungen zu provozieren.
Auch BVB-Boss Hans-Joachim Watzke war die Freude über den Sieg vergangen: "Ich bin verärgert über einen Teil der Fans und habe dafür null Verständnis. Das ist nicht zu tolerieren. Es tut mir leid. Ich entschuldige mich bei Schalke dafür. Ich verpreche, dass wir etwas unternehmen werden. Wir können schon einschätzen, wer die Rädelsführer waren."
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BVB taktisch und spielerisch besser
Zwischen den beiden Vorfällen sahen die 61.673 Besucher in der ausverkauften Arena eine Partie, die alle Erwartungen an ein Derby erfüllte. Fußballerisch blieb vieles auf der Strecke, das Duell der Nachbarn lebte von Kampf, Emotionen und Fehlern. Dabei zeigten die Borussen vier Tage nach dem grandiosen 2:1 in der Champions League beim FC Arsenal, dass sie taktisch und spielerisch den Königsblauen einige Schritt voraus sind - was auch die Tabelle dokumentiert.
Nach zehn Spieltagen liegen die Schalker, die sich vor der Saison auf Augenhöhe wähnten, bereits elf Punkte hinter den Schwarz-Gelben. "Die anderen sind uns enteilt. Ich kann auch die Tabelle lesen", sagte Schalkes Sportvorstend Horst Heldt angesichts des großen Rückstands auf das Spitzen-Trio. "Wir müssen nun sehen, dass wir den vierten Platz holen."
Keller rechtfertigt Meyers Bank-Rolle
Vier Tage nach dem bitteren 0:3 gegen den FC Chelsea mussten die Gelsenkirchener erneut feststellen, dass sie mit den Branchenführern nicht mithalten können. Nur 14 von 30 möglichen Punkten und bereits 22 Gegentore lautet die ernüchternde Bilanz in der Bundesliga. Und hätte der BVB das Derby mit aller Konzentration und Konsequenz bestritten, wären sicherlich mehr als die Treffer von Pierre-Emerick Aubameyang (14.), Nuri Sahin (51.) und Jakub Blaszczykowski (74.) herausgesprungen.
Der verschossene Schalker Foulelfmeter, ausgerechnet durch den großen Hoffungsträger Kevin-Prince Boateng (30.), passte ins Bild - den planlosen Königsblauen fehlte nicht nur die individuelle Klasse, sondern auch eine Struktur im Spiel. Bezeichnend war, dass den Anschlusstreffer ausgerechnet Max Meyer (62.) erzielte. Den 18-Jährigen hatte Trainer Jens Keller trotz starker Leistungen in den letzten Wochen eine Stunde lang auf der Bank sitzen lassen. "Wir wollen ihn aufbauen, nicht kaputtmachen", rechtfertigte sich der Schalke-Coach.
Sahin ist "ein großer Fan unserer Fans"
Nuri Sahin, der eines seiner besten Spiele für den BVB bestritt, seit er im Januar von Real Madrid zurückgekehrt war, und seine Vorstellung mit dem langersehnten ersten Saisontreffer krönte, verriet: "Wir waren schon vor dem Anpfiff über die defensive Aufstellung der Schalker überrascht. Aber zum Derby gehört ohnehin immer Kampf."
Der türkische Nationalspieler versuchte trotz der Fan-Ausschreitungen positive Eindrücke aus dem Spiel mitzunehmen. "Es war eine tolle Woche mit zwei wichtigen Auswärtssiegen", sagte der Mittelfeldspieler und ergänzte: "Ich bin ein großer Fan unserer Fans. Sie haben auch international einen so guten Ruf. Was heute passiert ist, kann ich nicht verstehen."