ranSicht zum FC Bayern: Warum das Münchner Understatement auf dem Transfermarkt nur Schein ist
- Aktualisiert: 14.07.2021
- 23:43 Uhr
- ran.de / Kai Esser
Der FC Bayern war schon immer dafür bekannt, nur im Rahmen seiner finanziellen Möglichkeiten zu handeln. Doch im Gegensatz zu früher üben sich die Bayern heute in Understatement und machen sich kleiner als sie sind. Doch das entspricht nicht der Realität.
München - "Es ist nicht einfach, wenn man sieht, was andere investieren. [...] Gegen manche finanziellen Kräfte ist nichts zu machen." Das sagte Sportvorstand Hasan Salihamidzic auf der Vorstellungs-Pressekonferenz der Neuzugänge Dayot Upamecano und Chris Richards.
Klar, wenn man hört, dass der FC Chelsea angeblich ein Angebot über 175 Millionen Euro für Stürmer-Juwel Erling Haaland vorbereitet, dann kann da der FC Bayern nicht mitbieten. Erst kürzlich sagte Uli Hoeneß auf Nachfrage zu Haaland bei "Sport1": "Wie sollen wir das bezahlen?"
Bayern auf dem Transfermarkt machtlos? Mitnichten
Doch dass Chelsea tatsächlich so ein Angebot vorbereitet, ist mit dem Hintergrund des Financial Fairplay nahezu ausgeschlossen. Genau so wie es ausgeschlossen ist, dass der FC Bayern auf dem Transfermarkt jemals so etwas wie machtlos sein wird.
Die Bayern machen sich in diesen Tagen klein. Man gibt sich ohnmächtig gegen die Millionen aus Paris oder von der Insel. Wo früher noch mit dem ominösen Festgeldkonto geprahlt wurde, wurde dieser Begriff an der Säbener Straße zuletzt aus dem Wortschatz verbannt.
Überhaupt ist dieser Kurs des Rekordmeisters nur eine Masche. Denn wenn man sich die Transfersaldi der europäischen Top-Klubs anschaut, dann steht der FCB mit einem Minus von rund 43 Millionen Euro im internationalen Vergleich auf Rang vier. Nur der AC Milan, Leicester City und Paris St. Germain haben in diesem Sommer ein größeres Transferminus gemacht. Das suggerierte Understatement ist also mehr Schein als Sein.
Doch auch diese 43 Millionen sind nur die halbe Wahrheit. Schließlich holten die Bayern ihren Wunschtrainer Julian Nagelsmann für kolportierte 25 Millionen Euro aus Leipzig an die Isar. Also sind alleine fast 70 Millionen Euro in diesem Sommer von München nach Leipzig geflossen. Die 25 Millionen Ablöse sind übrigens Weltrekord für einen Trainer, so viel zum Understatement und der Ohnmacht.
Transferausgaben weit über Durchschnitt
Klar, in der Quantität haben die Bayern bisher zurückhaltend auf dem Transfermarkt agiert. Lediglich drei Spieler stießen im bisherigen Transfersommer hinzu, das soll es auch gewesen sein. "Wir sind sehr gut besetzt, weitere Transfers sind kein Thema", ließ Salihamidzic auf der Pressekonferenz verlauten.
Doch der Vergleich zeigt, dass die Corona-Pandemie das Transferverhalten der Münchner quasi nicht geändert hat. Denn: In den vergangenen fünf Sommertransferperioden hatten die Münchner ein durchschnittliches Transferminus von rund 34 Millionen Euro. Das ist ziemlich genau die Hälfte von dem, was in diesem Sommer für neues Personal ausgegeben wurde.
Die Bayern können natürlich auch noch Spieler verkaufen, um den Saldo in Richtung Null zu bewegen, jedoch wäre der Kader dann wohl zu dünn für drei Wettbewerbe, wenn man etwaiges Verletzungspech einkalkuliert, welches die Münchner bereits jetzt in Form von Lucas Hernandez und Alphonso Davies verfolgt.
Eine Sache im Transferverhalten der Bayern hat sich aber tatsächlich verändert - nur auf der falschen Seite aus Sicht des FCB. Anstatt gute Spieler für wenig Geld zu holen, verlor man mit Jerome Boateng und David Alaba zwei absolute Top-Spieler zum Nulltarif. Stand jetzt belaufen sich die Transfereinnahmen der Münchner auf null Euro.
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Große Transferrutsche erst weit nach der EM
Den angesprochenen vierten Platz im internationalen Ranking der Transferausgaben wird der FC Bayern nicht behalten, so viel steht fest. Traditionell nach großen Turnieren halten sich die meisten Klubs zurück, bis das Turnier ein paar Tage oder Wochen zurückliegt.
Dort werden meistens auch die Emporkömmlinge des Turniers von kleineren Klubs transferiert, im aktuellen Fall etwa der Däne Mikkel Damsgaard von Sampdoria Genua, der Belgier Jeremy Doku von Stade Rennes oder die frisch gebackenen Europameister Giovanni Di Lorenzo und Manuel Locatelli.
Die Bayern werden sich an keinem dieser Spieler bedienen können, da hat Salihamidzic also Recht, wenn er sagt, dass da nichts zu machen ist. Aber die Bayern haben ja auch schon alles gemacht.
Nur weil andere Klubs den Luxus haben, länger auf ihre Wunschspieler zu warten, ist der FC Bayern noch lange nicht abgehängt oder gar machtlos.
Egal wie oft das von Vereinsverantwortlichen suggeriert wird.
Kai Esser
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