Premier League: Topspiel FC Liverpool gegen Manchester United
Stehaufmännchen Solskjaer gegen King Klopp: Verkehrte Welt im brisanten Titelkampf
- Aktualisiert: 17.01.2021
- 13:53 Uhr
- ran.de / Marcus Giebel
Manchester United ist das Team der Stunde in der Premier League. Damit setzt sich die Achterbahnfahrt von Trainer Ole Gunnar Solskjaer fort. Auf dem Höhepunkt fordert er nun Jürgen Klopp heraus.
Manchester/München - Große Trainer offenbaren sich nicht allein beim Blick auf ihren Trophäenschrank. Sondern auch über ihre Reaktionen auf Rückschläge. Ihre Fähigkeit, den Bock umzustoßen, wie es so schön heißt.
Also aus Niederlagen die richtigen Lehren zu ziehen und umso entschlossener wieder aufzustehen. Das gelingt Ole Gunnar Solskjaer mit Bravour. Der Norweger erlebt auf seiner ersten weltweit beachteten Trainerstation derzeit seinen dritten Frühling. In nicht einmal zwei Jahren Amtszeit wohlgemerkt.
Dank Sieg über Burnley plötzlich Spitzenreiter
Nach dem 1:0 im Nachholspiel beim FC Burnley unter der Woche erklomm Manchester United die Tabellenspitze. So spät in einer Saison wie seit dem Abgang des übergroßen Sir Alex Ferguson nicht mehr.
Es ist also alles angerichtet für das Spiel der Spiele in England. Am Sonntag treten die "Red Devils" beim FC Liverpool an (ab 17:30 Uhr im Liveticker auf ran.de). In den vergangenen Wochen hatten sich Solskjaer und sein Team beinahe heimlich, still und leise an den übermächtig erscheinenden Titelverteidiger herangerobbt, um nun auf den großen Rivalen hinabzuschauen.
Im Dezember schien Solskjaer vor dem Aus zu stehen
Dabei schienen die Tage des einstigen Torjägers mit dem Spitznamen "Baby Faced Assassin" bereits vor einigen Wochen gezählt. Wieder einmal. Zumindest in der Öffentlichkeit nahm der Druck nach dem Aus in der Champions-League-Gruppe mit Paris St. Germain und RB Leipzig immens zu.
Anfang Dezember war das. Danach legte der Coach, der den Fans von Bayern München seit 1999 Albträume beschert, den Schalter um. Erfolgreich. Seit elf Ligaspielen ist der Rekordmeister ungeschlagen, gewann neun dieser Partien.
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Letzte Liganiederlage am 1. November
Damit ist auch der verkorkste Start in die Premier League mit nur einem Punkt aus vier Heimspielen bei 2:10 Toren vergessen. Die letzte Niederlage in der Liga datiert vom 1. November, einem 0:1 gegen den FC Arsenal.
Nun hat Solskjaer also auf seiner einem wilden Wellenritt oder eben einer Achterbahnfahrt gleichenden Trainerlaufbahn in Manchester den bisherigen Höhepunkt erreicht. Und kann stolz verweisen auf seine Nehmerqualitäten. Denn auf ihn wurde schon so mancher Abgesang gedichtet.
Erste Krise schon zum Ende der Debüt-Saison
Das erste Tief erfolgte gleich zum Ende seiner Debüt-Saison 2018/2019, als er kurz vor Weihnachten Jose Mourinho beerbte. Nach zehn Siegen und zwei Unentschieden aus den folgenden zwölf Liga-Begegnungen holte er aus den letzten neun Partien nur noch acht Punkte.
Sein Zauber schien schnell verflogen zu sein. United dümpelte in der folgenden Spielzeit lange im Mittelfeld herum, selbst die Europa-League-Plätze drohten in der Ferne zu entschwinden. Aber dann folgte nach dem Jahreswechsel ein echter Aufschwung, das Solskjaer-Team blieb in den letzten 14 Liga-Spielen unbesiegt.
Solskjaer lobte Team nach Niederlage in Liverpool
Vor ziemlich genau einem Jahr - genauer gesagt am 19. Januar 2020 - trat Manchester United ebenfalls an der Anfield Road an. Holte sich beim 0:2 jedoch nur eine blutige Nase. Wobei Solskjaer seine Mannschaft schon damals auf dem richtigen Weg sah: "Wir hatten in der zweiten Hälfte mehr Ballbesitz, haben sie hinten reingedrückt und Chancen kreiert, große Chancen."
Nun gibt es die Möglichkeit zur Revanche. Für den United-Coach zumindest "eine Art Standortbestimmung", auch wenn er die Bedeutung direkt herunterspielt: "Niemand wird sich an die Tabelle vom 12. Januar erinnern." Aber viele an das Ergebnis des Topspiels der beiden Topklubs. Gerade weil der Erste auf den Zweiten trifft.
Liverpool kriselt - Klopp ist angriffslustig
Die Vorzeichen dürften diesmal gänzlich andere sein als beim letzten Duell. Liverpool ist seit drei Ligaspielen sieglos, blieb zuletzt sogar zweimal ohne Tor. Seit Anfang November feierten die "Reds" nur einmal zwei Dreier nacheinander. Zugegeben: Das hat nach den vergangenen Jahren im Höhenflug etwas von verkehrter Welt.
Die Formkurve spricht also für die Gäste. Das hat auch Jürgen Klopp registriert, der beinahe pikiert wirkt angesichts der forschen Art des Erzrivalen. "Ich weiß, dass Ole gesagt hat, es wäre der beste Zeitpunkt, um gegen Liverpool zu spielen…echt? Wir werden sehen", zeigte sich der LFC-Coach angriffslustig.
Klopp bringt Elfmeter-Statistik ins Spiel
Dabei hatte der gebürtige Stuttgarter doch selbst den ersten Giftpfeil auf die Reise geschickt, als er nach dem jüngsten 0:1 beim FC Southampton eine vermeintliche Bevorzugung von United andeutete: "Ich habe gehört, dass Manchester United in zwei Jahren mehr Elfmeter bekommen hat als wir in meinen fünfeinhalb Jahren in Liverpool."
Der damit verbundene Vorwurf blieb zwar unausgesprochen, dennoch hat Klopp sein mutmaßliches Ziel erreicht. Den Fokus wegzulenken von den vielen kleinen Problemen seines Teams.
Fernandes kennt Psychospielchen schon aus Portugal
Sollte er jedoch gehofft haben, damit ein echtes Verbalduell lostreten zu können, wurde Klopp enttäuscht. "Ich habe in Portugal gespielt und wenn du für Sporting Lissabon spielst, kommen von Benfica und Porto auch solche Dinge. Manchmal, um Druck auf den Schiedsrichter auszuüben", ließ Bruno Fernandes die Attacke an sich abprallen.
Der Portugiese kam erst vor knapp einem Jahr nach Manchester - also nach dem erwähnten Spiel in Liverpool -, ist aber längst der Fixpunkt im System von Solskjaer. Und - was für Klopp nicht zu vernachlässigen sein sollte - der Elfmeterschütze. Mit bislang elf Ligatreffern stellt der 26-Jährige die gefährlichste Waffe des Tabellenführers da, er traf häufiger als jeder andere Mittelfeldspieler in der Premier League. Übrigens allein fünfmal vom Punkt, um das nicht zu unterschlagen.
Liverpool könnte nach Meistertiteln wieder aufschließen
Fernandes weiß auch, dass in diesem Spiel der beiden größten Klubs des Fußball-Mutterlandes besonders viel Brisanz steckt. Weil letztlich ja doch die gewonnenen Trophäen als Währung herhalten. Und da könnte der einstige Rekordmeister im Falle der Titelverteidigung wieder aufschließen.
"Für jeden im Klub und in der Kabine ist klar, was es für die Fans bedeutet", beweist der 55-Millionen-Euro-Mann seine Statistik-Kenntnisse: "Es wäre schon deutlich lustiger, wenn wir 21 Titel hätten und Liverpool bei 19 bleiben würde."
Dann könnte auch Stehaufmännchen Solskjaer seine Nehmerqualitäten versilbern. Und ganz nebenbei King Klopp stürzen.
Marcus Giebel
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