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"Wir spielen für die Kinder von der Straße"

Juventus Turin gegen SSC Neapel: Mehr als nur ein Fußballspiel

  • Aktualisiert: 22.02.2018
  • 14:50 Uhr
  • ran.de / Norma Jenner
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© Getty Images

Am 13. Februar 2016 treffen Juventus Turin und der SSC Neapel (ab 20.45 Uhr im Liveticker auf ran.de) im Spitzenspiel der Serie A aufeinander. Ein Spiel, das nicht nur wegen seines sportlichen Wertes immer wieder im Mittelpunkt des italienischen Interesses steht. Es ist das Aufbegehren des armen, aber enthusiastischen Südens gegen den reichen Norden. Ein Spiel, das den Neapolitanern ans Herz geht.

München / Neapel - "Marado, Marado, Marado", die Rufe hallen durch die Straßen. Sich dem Stadion San Paolo nähernd, wird es lauter, wilder, dröhnender. Auch in den kleinsten und dunkelsten Gassen flimmert ein Fußballspiel über die Fernseher. Menschenmassen drängen sich um die wenigen TV-Geräte.

Es ist 1986, eine Zeit, in der ein Mann einer ganzen Stadt neue Hoffnung gibt. Menschen, die in Armut leben. Die nicht genug zum Essen haben. Die unter den Geißelungen der Camorra, der Mafia, leiden. Dieser Mann ist Diego Maradona.

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"Diego war für Neapel kein Fußballspieler, Diego war für Neapel die Hoffnung... Die Hoffnung, dass ein Kind, das in Armut geboren wurde, ein Mythos werden kann. Diego ist ein Mythos für die Neapolitaner... Diego liebte Neapel und Neapel liebt Diego." schreibt Matteo alias mastift82 auf YouTube.

Noch heute gibt es in Neapel einen Ort, zu dem die Menschen pilgern, um ihrem Idol, ihrem Goldjungen, zu huldigen: Die Cappella di Maradona.

Woher kommt diese Liebe zu einem argentinischen Fußballspieler, der 1984, als damals teuerster Transfer der Fußballgeschichte vom FC Barcelona zum SSC Neapel wechselte?

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Ein Vorbild für die Kinder Neapels

"Ich will zum Vorbild der armen Kinder Neapels werden, weil sie genauso sind wie ich damals in Buenos Aires" sagte Maradona 1984 nach seinem Wechsel.

Dieser Satz beförderte ihn neben seinem fußballerischen Talent in die Herzen der Neapolitaner. Mit Maradona gewann der SSC Neapel 1987 und 1990 die italienische Meisterschaft. Der Weltstar gab den Menschen in Süditalien etwas, das sie von ihrer Armut ablenkte - etwas auf das sie stolz sein konnten. 

Maradona wurde für Tausende eine Art Erlöser im Kampf gegen die Mafia, den reichen Norden und deren Fußballclubs aus Mailand und Turin. "Vor allem in den 80er Jahren wurde Neapel weltweit nur als Kriegsschauplatz der Mafia betrachtet. Mit Maradona hat sich das geändert", erläutert Alcidi, der Gründer der Cappella di Maradona gegenüber der Deutschen Welle und schwärmt weiter: "Wir sind ihm deshalb sehr dankbar und lieben ihn noch heute."

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Der Fall und der Aufstieg des SSC Neapel

Die Glückssträhne des Vereins endet mit Maradonas Abschied im Jahr 1991. Der SSC Neapel verschuldet sich, muss im August 2004 sogar Konkurs anmelden. Nur langsam kämpft sich der SSC wieder zurück an die Spitze.

Zwölf Jahre später steht Neapel sogar ganz oben. Der Höhenflug des Teams in dieser Saison lässt alte Erinnerungen wieder aufleben, lässt Fans und Stadt wieder hoffen. Hoffen, gegen Italiens Großmächte im Fußball anzuhalten. Auch an diesem Samstag gegen Juventus.

Eine Wut mit langer Tradition: Süd gegen Nord

Roberto Saviano, der Autor von Gomorrha (2006) schrieb 2011 in einem ZEIT Interview:

"Als kleiner Junge übernachtete ich oft bei meinen Großeltern väterlicherseits, und wenn mein Großvater hereinkam, um mir gute Nacht zu wünschen, gab es zwischen uns immer das gleiche Spiel. Er fragte mich: "Wer ist der böse Wolf, der die kleinen Kinder frisst?" Und ich musste antworten: "Das ist der Piemonteser, den werden wir vertreiben."

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Juventus Turin: Der böse Wolf aus dem Norden

Juventus spielt seit jeher ganz oben mit - sowohl sportlich, als auch finanziell. Selbst der Zwangsabstieg 2006 in die Serie B hinterließ keine Spuren. Die Turiner stehen mittlerweile sogar auf Platz 9 der Liste der reichsten europäischen Vereine. Rund 328 Millionen Euro nahmen sie im letzten Jahr ein. Der SCC Neapel hingegen nur 132 Millionen.

Und Juve hat noch zwei weitere große Stützen. Zum einen sind sie der Verein in Italien mit den meisten Fans (28 Prozent der Tifosi unterstützen die "Bianconeri") und zum anderen steht hinter Juve der Fiat-Konzern.

17 Millionen Euro pumpt der Autohersteller in den Klub. Napoli auf der anderen Seite hatte trotz seines sportlichen Erfolges noch nie einen so finanzstarken Sponsor. Die Fans des Vereins sind zu arm, um sich groß mit Merchandising-Artikeln einzudecken.

Die Fans von Juve hingegen kommen zum Großteil aus der gehobenen Mittelschicht, kaufen Fanartikeln und gehen zu den Spielen. Allein 51 Millionen Euro nimmt Juventus pro Jahr mit den Eintrittsgeldern ein. Neapel nur magere 14 Millionen. 

Doch die Stärke der Neapolitaner liegt in ihrem Herzen. Sie können sich vielleicht keine Trikots leisten, aber sie schauen jedes Spiel. Drängen sich in die kleinsten Bars und Wohnzimmer, um ihren Verein lautstark zu unterstützen. Und der zahlt es ihnen zurück. Mit Enthusiasmus auf dem Platz. Mit Begeisterung für den Sport.

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Auf dem Fußballplatz können sie endlich kontern

Vor dem direkten Duell am Samstag um 20.45 Uhr führen die Neapolitaner mit 56 Punkten die Serie A an. Nur Juventus konnte bisher an ihnen dran bleiben (54 Punkte). Neapels Stürmer Gonzalo Higuain erzielte schon 24 Tore in 24 Spielen. Die gesamte Mannschaft schoss sogar schon 53. Ein Sieg wäre nicht nur für die Fans das Größte. Auch in der Tabelle wäre es ein Quantensprung.

Doch Juventus Turin glänzt diese Saison mit ihrer starken Abwehr. Seit fünf Spielen traf niemand mehr in das Tor von Altmeister Gianluigi Buffon. Nur 15 Tore kassierten die Turiner bisher.

Buffon: "Erfahrung versus Begeisterung"

Während Neapel auf Emotionen setzt, baut Buffon auf Erfahrung: "Das könnte ein wichtiger Punkt sein und wird das Gegenstück zur Begeisterung der Neapolitaner. Nach Jahren der Zweitklassigkeit, sind sie nun seit längerem ganz vorne - und das komplett verdient. Sie wollen zeigen, dass die Tabellenführung eine logische Konsequenz harter Arbeit ist."

Harte Arbeit und extreme Begeisterung - wie zu Zeiten Maradonas.

Norma Jenner

Juventus Turin gegen SSC Neapel - Samstag ab 20.45 Uhr im Liveticker auf ran.de.