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Sport Allgemein

Experte rät geschwächtem DOSB zu "überzeugenden" Konzepten

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© AFP/SID/PATRIK STOLLARZ

Sportwissenschaftler Lutz Thieme rät dem Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) in der Auseinandersetzung mit dem Bundeskanzleramt um das letzte Wort bei der Fördermittelverteilung im Spitzensport dazu, sich auf sachlicher Ebene den erhofften Einfluss zu verschaffen - wenngleich ein grundsätzliches Problem davon unberührt bleibe. "Allen Beteiligten ist klar, dass es eine Reform braucht. Dann hört es aber eigentlich schon auf mit den Gemeinsamkeiten", sagte Thieme im SID-Gespräch.

Aus den Worten von DOSB-Leistungssportvorstand Olaf Tabor im Interview mit den Zeitungen der Funke Mediengruppe liest Thieme, der einen Lehrstuhl an der Hochschule Koblenz für Angewandte Wissenschaften hat, vor allem Unsicherheit. "Das Misstrauen, das mitschwingt, indem man sagt, wir wollen das letzte Wort haben, wir wollen mindestens mitentscheiden, eigentlich am liebsten alleine entscheiden, also eine Mehrheit in diesem Gremium (im Stiftungsrat; d.Red.) haben, kann man auch als Zeichen des fehlenden Vertrauens in die eigenen Argumente verstehen", erklärte Thieme, "oder eben als Ausfluss daraus, dass in den letzten Jahren aus Sicht des DOSB die eigenen Argumente zwar gut waren, aber irgendwie in der Politik nicht angekommen sind."

Der Referentenentwurf, den das Team von Staatsministerin Christiane Schenderlein (CDU) dem Dachverband äußerst kurzfristig vor Bekanntwerden hatte zukommen lassen, sieht im Kern vor: Der DOSB stellt in der für die zukünftige Verteilung zuständigen Spitzensportagentur lediglich einen Vertreter für den mächtigen Stiftungsrat, aus der Politik sollen vier kommen. Damit sind die Verhältnisse klar geregelt.

Thieme erkennt allerdings eine Chance für den DOSB, die von Tabor angeführte "Expertise, wie Leistungssport erfolgreich sein kann" erst recht zu unterstreichen und gewissermaßen eine Minderheitenführung zu übernehmen. "Die Stärke der eigenen Position ist gebunden an die Fähigkeit, überzeugende Konzepte, überzeugende Argumente und überzeugende Lösungsansätze zu liefern", erklärte der 59-Jährige.

Wenig Verständnis zeigt der in der DDR aufgewachsene Thieme für Tabors These von einer "Verstaatlichung des Sports". Diese habe es hinter dem eisernen Vorhang in Extremform gegeben, und in der Bundesrepublik sei es "schon immer so" gewesen, dass das Geld für den Spitzensport maßgeblich über das zuständige Ministerium den Verbänden zur Verfügung gestellt wurde".

Allerdings habe Tabor "einen Punkt", indem dieser feststellte, dass der Entwurf dem Bund "größere Einflussmöglichkeiten auf die Good Governance der Verbände einräumt". Damit sei "unmittelbar die Verbandsautonomie" berührt.

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