Formel-1-Saison 2021
Mercedes zeigt den F1 W12: Knackt Hamilton damit Schumachers Rekord?
- Aktualisiert: 02.03.2021
- 13:08 Uhr
- ran.de / Motorsport-Total.com
Mercedes präsentiert den F1 W12 für die Formel-1-Saison 2021: Mit dem Boliden wollen die Silberpfeile Lewis Hamilton zum Rekord-Weltmeister in der Formel 1 machen.
München - Nach einer ganzen Reihe inhaltlich enttäuschender "Car-Launches" hat Mercedes mit der Präsentation des F1 W12 bewiesen, dass das Team nicht nur in Sachen Performance auf der Strecke, sondern auch in Sachen Medien- und Öffentlichkeitsarbeit weltmeisterlich ist.
Am Dienstagmorgen veröffentlichte Mercedes die ersten Fotos des neuen Autos, danach folgte ein Livestream sowie Online-Pressekonferenzen mit den beiden Fahrern Lewis Hamilton und Teamchef Toto Wolff.
Das ist der neue Mercedes
Der W12 ist der vierte Formel-1-Mercedes (nach 2018, 2019 und 2020), der unter der Führung des Technischen Direktors James Allison (früher Lotus, Ferrari) entstanden ist. Allison stieß Anfang 2017 zum Team und löste damals Paddy Lowe ab, der zu Williams wechselte.
Im Vordergrund stand für Allisons Team an Designern und Ingenieuren, "wie wir die verlorene Performance durch die neuen Regeln zurückgewinnen können. In den letzten Wochen und Monaten haben wir uns zum Großteil darauf konzentriert, die Auswirkungen dieser Änderungen auf den Luftstrom rund um das Auto zu verstehen."
Doch trotz einiger weniger Regeländerungen, etwa im Bereich des Unterbodens, blieb das Reglement im Kern stabil. "Somit konnten wir viele Aspekte und Teile des Autos aus dem Vorjahr übernehmen, zum Beispiel das Chassis oder das Getriebe. Das hat einen Großteil der Last von unseren Schultern genommen", erklärt Allison.
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Die Technik
Der ganz große Hingucker sticht auf den ersten Fotos des W12 nicht ins Auge. Aber Vorsicht: DAS, das innovative Lenksystem vom W11 aus dem Vorjahr (2021 per Reglement nicht mehr erlaubt), ist auch erst durch Onboardkameras bei den Wintertests aufgeflogen. Gut möglich, dass Mercedes noch nicht alle Techniktricks ausgepackt hat.
"Wir haben unsere Token verbraucht, aber wir verraten noch nicht wofür. Das wird beizeiten klar werden", sagt Allison. Er wünscht sich einen grundsoliden Start mit einem schnellen Auto - denn nur dann kann Mercedes so früh wie möglich die Ressourcen ins 2022er-Reformreglement investieren. Eigentlich sollte das gelingen. Dass Mercedes Ende 2020 gegenüber Red Bull zurückgefallen ist, war mutmaßlich Kalkül, weil man so frühzeitig auf 2021 hinarbeiten konnte.
Und dann kommt da noch die Budgetobergrenze von zunächst 145 Millionen US-Dollar dazu, die 2021 erstmals greift. Das bedeutet für Allisons Team: Der W12 muss nicht nur möglichst schnell weiterentwickelt und verbessert werden, sondern im besten Fall auch noch so, dass es wenig Geld kostet.
"Die beste Antwort auf die Herausforderungen, vor die uns das neue finanzielle Reglement stellt, wäre es, wenn wir von Anfang an ein schnelles Auto hätten. Denn ein schnelles Auto am Saisonbeginn lässt sich im Laufe der Saison preiswerter schnell halten", erklärt er.
Und weiter: "Das gesamte Jahr wird eine Gratwanderung, um einerseits genug zu tun, um 2021 konkurrenzfähig zu sein, aber andererseits so viel wie möglich an 2022 zu arbeiten. Die ewige Herausforderung der Formel 1 folgt dem Grundsatz: Lieber den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach. Dies angesichts der Budgetobergrenze und dem komplett neuen technischen Reglement für 2022 umzusetzen, wird eine Herausforderung wie keine zuvor."
Die Ziele
"Wir richten unseren Fokus in jedem Jahr neu aus und definieren die richtigen Ziele", sagt Teamchef Toto Wolff. "Das mag einfach klingen, aber es ist verdammt schwierig und wahrscheinlich der Grund dafür, warum es keine anderen Sportmannschaften mit sieben aufeinanderfolgenden WM-Titeln gibt. Es kann so viel passieren und es wäre nur natürlich, dass man sich an Erfolge gewöhnt und deshalb nicht mehr so hart dafür kämpft. Aber dieses Team hat kein einziges Anzeichen dafür gezeigt. Ich sehe noch immer das gleiche Feuer, den gleichen Hunger und die gleiche Leidenschaft wie 2013, als ich das erste Mal durch die Gänge in der Fabrik gegangen bin. Jede Saison ist eine neue Herausforderung und bringt ein neues Ziel mit sich, das wir erreichen wollen. Die Saison 2021 bringt Veränderungen am Reglement mit sich, die sich auf unsere Wettbewerbsfähigkeit auswirken könnten. Gleichzeitig tritt die Budgetobergrenze in Kraft und wir müssen am großen Regelumbruch für 2022 arbeiten. Diese Herausforderungen spornen uns an."
Mercedes hat 2021 die einmalige Chance, Lewis Hamilton zum Rekord-Weltmeister in der Formel 1 zu machen und selbst zum achten Mal hintereinander das WM-Double zu gewinnen. Seit Beginn der Hybrid-Ära im Jahr 2014 ist die Kombination Hamilton-Mercedes ungeschlagen; nur 2016 gab es eine Niederlage gegen einen Gegner aus den eigenen Reihen (Nico Rosberg).
Der Name
Der legendäre W 196 (W steht für "Wagen") gewann 1954 und 1955 mit Juan Manuel Fangio am Steuer die Formel-1-WM. Die Legende der Silberpfeile war geboren. Erst 2010 feierte der Stuttgarter Automobilhersteller ein Comeback in der Königsklasse mit einem "reinrassigen" Werksteam, nachdem man zuvor jahrelang eng mit McLaren zusammengearbeitet hatte (auch als Shareholder).
Der erste "moderne Silberpfeil" im Jahr 2010 hieß MGP W01 und blieb mit drei Podestplätzen in der Premierensaison weit hinter den Erwartungen zurück. Das Auto für 2012 wurde dann umbenannt in F1 W03 - ein Schema, bei dem das Mercedes-Team seither geblieben ist (2021: F1 W12).
Nur der Zusatz hinter dem F1 WXX, der hat sich immer wieder verändert. Der F1 W12 heißt mit vollem Namen F1 W12 E Performance; 2014 bis 2016 lautete der Zusatz auf "Hybrid", 2017 bis 2019 "EQ Power+".
Der W12 ist das erste Auto, das die Bezeichnung E Performance erhält. Damit bringt Mercedes die zukünftige engere Zusammenarbeit mit der Performance-Abteilung Mercedes-AMG zum Ausdruck. E Performance ist die neue Technologiebezeichnung, die in den Produktnamen und Plaketten aller zukünftigen Performance-Hybridfahrzeuge von Mercedes-AMG Verwendung finden wird. Diese werden Technologie aus der Formel 1 beinhalten, insbesondere die Arbeit von Mercedes-AMG High Performance Powertrains in Brixworth.
Die Farbe
Eigentlich muss ein Werks-Mercedes in der Formel 1 silbern sein, doch das ist seit 2020 nicht mehr der Fall. Auch 2021 kommt das Auto schwarz daher - ein Symbol gegen Rassismus. Die Idee dazu hatte Lewis Hamilton, der inzwischen gemeinsam mit dem Daimler-Konzern eine Stiftung eingerichtet hat, die sich gesellschaftspolitisch mit dem Thema Diversität auseinandersetzt. Ein Nebenprodukt seiner Vertragsverhandlungen für 2021.
Auffällig an der Lackierung ist auch die prominente Platzierung der Performance-Marke AMG. Das AMG-Branding ersetzt das bisherige Sternen-Muster auf der Motorabdeckung. Und der rote Ineos-Farbklecks auf der Airbox, bekannt vom Vorjahresmodell. Dazu bleiben natürlich die türkisen Streifen von Hauptsponsor Petronas.
Die Fahrer
Seit 2017 setzt Mercedes unverändert auf die Kombination Lewis Hamilton und Valtteri Bottas. Bei beiden läuft der aktuelle Vertrag am Saisonende aus - eine Konstellation, die das Team seit 2018 nicht mehr hatte. Sollte einer der beiden Fahrer gehen, steht mit Mercedes-Junior George Russell (Williams) ein logischer Nachfolger parat. Auch Renault-Pilot Esteban Ocon ist Mercedes-Junior.
"Der Präsentationstag eines neuen Autos ist immer sehr aufregend", sagt Hamilton. "Es ist fantastisch, der Welt das Ergebnis all der harten Arbeit in den Werken zu zeigen und einige meiner Teamkollegen persönlich zu treffen, was im Laufe des vergangenen Jahres nur selten vorkam. Ich stand auch über den Winter mit meinen Ingenieuren in Kontakt, habe mich über ihre Vorbereitungen informiert und mich selbst auf die anstehende Saison vorbereitet. Die Spannung steigt immer weiter und jetzt kann ich es kaum noch erwarten, mit dem W12 auf die Strecke zu fahren."
Bottas sagt: "Wir hatten im Vorjahr nicht oft die Gelegenheit, in die Fabrik zu kommen, deshalb freue ich mich wirklich sehr, endlich wieder hier zu sein und das neue Auto zum ersten Mal persönlich zu sehen. Ich wurde regelmäßig über die Fortschritte auf dem Laufenden gehalten, aber es ist schön, das Endergebnis nun in natura vor mir zu sehen. Das beflügelt mich noch mehr für die neue Saison. Die Autos sind ähnlich zum Vorjahr, aber es gibt einige interessante Veränderungen an der Aerodynamik, die einen Einfluss auf das Fahrverhalten und die Performance haben werden. Jetzt freue ich mich darauf, in Bahrain herauszufinden, wie sich das Auto auf der Strecke anfühlt."
"Ich glaube, dass unsere Konstanz innerhalb des Teams über die zurückliegenden Jahre hinweg eine wichtige Stärke und ein großer Vorteil war", sagt Toto Wolff. "Wir haben in den vergangenen Saisons gesehen, dass diese Fahrerpaarung sehr gut für uns funktioniert. Wir haben zwei unheimlich starke Fahrer, die zudem eine sehr professionelle Arbeitsbeziehung besitzen. Beide sind hungrig und gespannt darauf, dass es bald wieder Racing gibt. Wir freuen uns darauf, sie in ein paar Wochen endlich zum ersten Mal in unserem neuen Auto fahren zu sehen."
Der Teamchef
Toto Wolff hat seinen Anteil am Mercedes-Team gerade von 30 auf 33,3 Prozent aufgestockt. Der erfolgreichste Rennstall der Formel-1-Geschichte gehört zu je einem Drittel dem österreichischen Finanzinvestor, dem Daimler-Konzern und dem Chemiekonzern Ineos von Sir Jim Ratcliffe.
"Drei starke Teilhaber geben dem Team mehr Stabilität für die Zukunft", sagt Wolff. "Persönlich verschreibe ich mich sehr gerne langfristig dem Team und erhöhe meinen Anteil daran leicht. Ich habe schon immer gesagt, dass dieses Team für mich wie eine Familie ist und ich bin unheimlich stolz auf das, was wir gemeinsam erreicht haben."
Wolff hatte die Position des Mercedes-Sportdirektors im Januar 2013 von seinem Vorgänger Norbert Haug übernommen und kaufte sich gleichzeitig mit 30 Prozent ins Formel-1-Team ein. Zu seinen vielfältigen Investments gehört auch ein Aktienanteil am Sportwagenhersteller Aston Martin (unter ein Prozent), der 2021 sein eigenes Formel-1-Team an den Start schickt.
Der inzwischen 49-Jährige ließ 2020 lange offen, ob er seinen Vertrag als Teamchef überhaupt verlängern würde. Letztendlich wurde jedoch mit dem neuen Joint-Venture mit Daimler und Ineos eine Lösung präsentiert. Wolff macht aber keinen Hehl daraus, dass er sich über kurz oder lang aus dem Tagesgeschäft zurückziehen und einen neuen Teamchef installieren möchte.
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