Motorsport Formel 1
Perez schlägt Verstappen erstmals seit 33 Rennen im Quali: "Speed ist im Auto"
Aufatmen bei Red Bull, vor allem aber auch Aufatmen bei Sergio Perez: Erstmals seit Miami 2023, und damit seit 33 Rennen, kann der Mexikaner Teamkollege Max Verstappen wieder in einem Qualifying hinter sich lassen!
Dass ihm das ausgerechnet auf seiner Paradestrecke in Baku gelingt, keine Überraschung: Mit zwei Siegen und insgesamt fünf Podiumsplatzierungen ist Perez tatsächlich der erfolgreichste Pilot auf dem Kurs am Kaspischen Meer. Am Samstag reicht es im Qualifying immerhin zu Rang vier, während sich Verstappen mit Position sechs begnügen muss.
Im Vergleich zum Horror-Wochenende von Monza ortet Perez aber einen gewaltigen Aufwärtstrend: "Ich denke, es ist ein guter Turnaround, denn wir haben definitiv ein gutes Upgrade gebracht, das größte des Jahres", sagt der Mexikaner bei Sky UK. Die Probleme am Auto habe sein Team schon seit ein paar Rennen verstanden, jetzt aber gehe es endlich auch auf der Strecke wieder in die richtige Richtung mit der Balance.
Sieht auch Teamkollege Max Verstappen so - das Auto sei kein "Monster" mehr, wie der Niederländer in Monza noch beklagte: "Wir haben das Auto besser gemacht. Nur haben wir mit dem Set-up versucht noch ein paar Dinge besser zu machen, und das ist leider nach hinten losgegangen", berichtet der WM-Führende mit Blick auf sein Qualifying. "Sobald ich in Q1 rausgefahren bin, auf der ersten Runde, hatte ich das Gefühl, dass das Auto einen Schritt zurück gemacht hat."
Sein Red Bull sei dann wieder "unglaublich unvorhersehbar" und "schwierig" geworden, so Verstappen, der das jedoch an den vorgenommenen Änderungen, und nicht an der allgemeinen Baku-Form seines Teams festmacht: "Damit bin ich natürlich etwas enttäuscht, weil du immer versuchst es zu optimieren und die Dinge besser zu machen. Dabei haben wir es leider ein bisschen übertrieben. Schade, dass das fürs Qualifying passiert ist."
Mit dem Auto habe er sich deshalb im Qualifying "nicht wohlgefühlt", berichtet Verstappen, vor allem mit Blick auf seinen Fehler auf der ersten schnellen Runde in Q3. "Und wenn du dich nicht wohlfühlst, kannst du die Kurven nicht so attackieren, bleibst wahrscheinlich ein bisschen drunter (unter der möglichen Performance). Das ist im Prinzip, was passiert ist."
Marko blickt auf Norris: "Schaut nicht so schlecht aus"
Red Bulls Motorsportberater Helmut Marko erklärt bei ServusTV: "Ärgerlich: Max mit seiner ersten Runde, er hat in Kurve 16 sechs Zehntel verloren, das hätte für P2 gereicht. Aber wenn du so einen Fehler machst ... und in seiner zweiten Runde, da war eigentlich nirgendwo was Grobes falsch, aber er hat nicht mehr diesen Speed gehabt", so Marko. Der zweite Run seines Schützlings sei dann "zu verkrampft" gewesen.
Abgesehen davon überwiegt für den Grazer jedoch das Positive nach dem Qualifying in Baku: "Der Speed ist im Auto jetzt, Gott sei Dank. Hier ist eine Strecke, wo man überholen kann. Also es schaut nicht so schlecht aus, vor allem auch mit der Startposition von Lando Norris." Der größte WM-Rivale Verstappens schafft es am Samstag schließlich nur auf den 17. Startplatz: "Für die WM beruhigend", wie Marko findet.
Der Red-Bull-Berater glaubt mit Blick auf Sonntag: "Unser erster Gegner ist Lando, und den sollten wir schon im Griff haben." Doch auch in Bezug auf den Kampf um die Spitze zeigt sich Marko bei Sky zuversichtlich: "Der Longrun von Checo war im Reifenverschleiß sehr gut. Also es ist eine realistische Chance, dass wir deutlich nach vorne im Rennen kommen werden." Zumal Ferraris Longruns am Freitag aus Markos Sicht "relativ kurz" waren, und damit ein Fragezeichen fürs Rennen bleiben.
"Wir sind gut aufgestellt, wir haben zwei Satz neue Reifen, einen Satz Medium. Also normal wird es ein Einstopp sein, aber sollte ein Safety-Car kommen, dann ist es natürlich gut, wenn du noch einen Reifensatz für den Restart hast", sieht Marko seine Mannen in jedem Fall fürs Rennen gut gewappnet - und prognostiziert: "Ich glaube, dass wir da ein Podium sicher erreichen werden."
Perez optimistisch: "Dann ist hier alles möglich"
Eine Vorhersage, die zumindest Perez von der vierten Startposition aus so unterschreiben würde: "Ich bin optimistisch in Sachen Racepace, wir waren wettbewerbsfähiger, aber auch über eine schnelle Runde. Was wir heute von Ferrari gesehen haben, war sehr stark. Aber hoffentlich kommt es uns morgen über das lange Rennen mehr entgegen."
Perez ist überzeugt: "Wenn wir eine gute Rennpace haben, dann ist hier alles möglich. Wenn wir auch gut nach den Reifen schauen können, dann sind wir hier morgen in der Verlosung." Worte, die man sich aus dem Red-Bull-Lager noch vor zwei Wochen nach der Monza-Blamage kaum hätte vorstellen können. Auch Perez räumt ein: "Mit dem Auto, das ich bei den letzten Events hatte, würde ich wohl ohne Selbstvertrauen hierherkommen, mit den Balanceproblemen, die wir hatten."
Doch nach Meinung des Mexikaners ist seinem Team diesbezüglich nun endlich ein Durchbruch gelungen: "Ich habe diese Probleme seit zehn Rennen angesprochen, oder vielleicht sogar schon seit der Hälfte des letzten Jahres. Es geht um die Entwicklungsrichtung, die wir genommen haben", erklärt Perez.
"Mit dem Fahrstil ist mancher Fahrer da sensibler. Und Max hat es nicht so sehr gefühlt. Aber zuletzt ist es so extrem geworden, dass auch er vergleichbare Probleme bekommen hat", sagt Perez. "Das Team versteht jetzt aber, was los ist, was großartige Neuigkeiten für das Team sind. Jetzt geht es nur darum, wie schnell wir es beheben können."
Immerhin das macht am Ende eines für ihn persönlich "schlechten Tages" auch Verstappen Mut, denn auch der Niederländer hat - trotz aller Probleme im Qualifying - eine Verbesserung "der Unverbundenheit bei der Balance" festgestellt. Das war für ihn und Teamkollege Perez zuletzt stets Hemmschuh und Kritikpunkt Nummer eins. "Jetzt arbeiten wir weiter daran, es von hier an feinzutunen", sagt Verstappen - damit Red Bull bald wieder ganz zu alter Stärke zurückfindet.